Krankengymnastik nach einer Hüftoperation

Hüftoperationen werden in Deutschland recht häufig durchgeführt. Besonders ist hier an den endoprothetischen Gelenkersatz zu denken. Weitere OP-Techniken können Umstellungsosteotomien oder Impingement Operationen sein, die aber im Vergleich relativ selten sind. Auch nach Brüchen der Hüfte nach Stürzen oder einem Unfall kann eine Hüftoperation notwendig sein. Es erfolgt eine möglichst frühfunktionelle physiotherapeutische Nachbehandlung, die direkt im Krankenhaus beginnt. Täglich sollte ein Physiotherapeut Übungen mit dem Patienten durchführen und/oder Lymphdrainagen anbringen. Die Art des Trainings ist von der Operation und den Vorgaben des Arztes bezüglich der Nachbehandlung (Belastbarkeit, Bewegungsfreiheit) abhängig.

Wieso Krankengymnastik?

Im Vordergrund stehen in der Frühphase die Schmerzlinderung, die Verbesserung der Wundheilung und eine angemessene Steigerung der Beweglichkeit. Im weiteren Verlauf findet häufig eine ambulante oder stationäre Rehabilitation statt, in der die Krankengymnastik ebenfalls einen hohen Stellenwert einnimmt. Intensive Physiotherapie kann durch Gruppenübungen und andere Therapietechniken ergänzt werden.

Im Anschluss kann der behandelnde Arzt dem Patienten weiterhin Krankengymnastik verschreiben, damit die Therapie auch nach dem Krankenhausaufenthalt fortgeführt werden kann. Meist findet die Therapie in 6 Einheiten 1-2 mal pro Woche statt. Der Arzt kann allerdings auch andere Vorgaben machen. Es kann in der Regel ein weiteres Folgerezept ausgestellt werden. Eine Behandlung außerhalb des Regelfalls ist nur bei komplizierten Verläufen und bestehenden Beschwerden möglich.

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Inhalte der Krankengymnastik

Die Inhalte der Therapie sind von den Vorgaben des Arztes bezüglich der Belastbarkeit und der Beweglichkeit des Gelenks abhängig, orientieren sich jedoch stark an den Wundheilungsphasen, die das Gewebe nach einer Operation durchläuft.

Im Allgemeinen stehen folgende Therapieziele auf dem Programm:

  • Schmerzlinderung
  • Unterstützung der Wundheilung
  • Verbesserung von Beweglichkeit
  • Kraftsteigerung
  • Verbesserung von Koordination und Haltung
  • und eine verbesserte Alltagsbelastbarkeit 

Diese Therapieziele sind in den verschiedenen Wundheilungsstadien unterschiedlich stark im Vordergrund.

 

Die verschiedenen Wundheilungsphasen

Akutphase

In der Akutphase nach einer Hüftoperation (1-5. Tag post OP) ist das Gewebe noch entzündet und nicht belastbar. Schmerzlinderung und Unterstützung der Wundheilung liegen hier im Fokus der Krankengymnastik. Weichteilbehandlungen und die Kälte- und Wärmetherapie sind Teil der physiotherapeutischen Ansätze, ebenso wie die manuelle Lymphdrainage, welche die Wundheilung unterstützen kann. Bewegungen werden sanft und im angemessenen Umfang, immer weit unterhalb der Schmerzgrenze ausgeführt.

Nach einer Endoprothese kann es sein, dass die frühfunktionelle Belastung wichtig für die Wundheilung ist. Hier wird auch der Transfer in den Stand und leichte angemessene Gangübungen bereits in den ersten Tagen post OP durchgeführt. Ist ein Gelenk nicht belastbar, wird meist nur der sichere, gelenkschonende Transfer in den Sitz beübt, um den Kreislauf des Patienten wieder zu stärken.

Proliferationsphase

In der folgenden Phase, der Proliferationsphase (Tag 5-21), fängt nun der Körper an altes Gewebe abzubauen und neues aufzubauen und zu heilen. Es ist in dieser Phase wichtig, die richtigen Reize zu setzen. Da das neue Gewebe allerdings noch wenig belastbar ist, ist es von großer Bedeutung eine Überforderung und Bagatellisierung der Wunde zu vermeiden.

Die Krankengymnastik nach einer Hüftoperation in dieser Phase findet immer noch im schmerzfreien Bereich statt. Die schmerzfreie Verbesserung der Beweglichkeit rückt mehr und mehr in den Vordergrund, auch leichte Kräftigungsübungen können in die Behandlung eingeschlossen werden. Der Patient arbeitet mehr und mehr aktiv in der Therapie mit. In der Gangschule wird nun die Gehstrecke länger, es wird vermehrt Wert auf ein physiologisches Gangbild und den richtigen Einsatz von Hilfsmitteln wie Unterarmgehstützen gelegt. Weichteiltechniken und andere Therapeutentechniken finden ergänzend Anwendung.

 

Konsolidierungsphase

In der Konsolidierungsphase (21.-60. Tag) ist nun der Schwerpunkt deutlich auf der aktiven Therapie. Der Patient wird Tag für Tag belastbarer und das sich stabilisierende Gewebe kann nun mehr gefordert werden. Aktive Übungen zur Verbesserung der Beweglichkeit sowie funktionelle Übungen zur Kräftigung sind Teil der Therapie. Auch Hilfsmittel können jetzt zum Einsatz kommen. Hier eignen sich vor allem Therabänder oder aber das Training an Geräten, wie beispielsweise die Beinpresse. Es kann bis an die Schmerzgrenze trainiert werden.

Passive Therapeutentechniken sind kaum noch Teil der Therapie - nur bei hartnäckigen Verklebungen oder Schmerzpunkten werden eventuell noch Weichteiltechniken angewandt.

Organisationsphase

In der Organisationsphase (ab 60. Tag) wird das Gewebe nun weiter so umgebaut, wie der Körper es später brauchen wird. Dies kann man durch das Setzen gezielter Reize unterstützen.

Aktive Übungen werden schwieriger, Koordinationstraining und alltagsgerechte, auf den Patienten abgestimmte Übungen, werden Teil der Therapie. So wird das Gewebe gezielt auf die kommenden Beanspruchungen vorbereitet. Das Hüftgelenk kann mit seiner umliegenden Muskulatur nun wieder stark und überschwellig mit Trainingsreizen belastet werden.

Wann darf was gemacht werden?

Nach einer Hüftoperation gibt der Arzt vor, wie belastbar und beweglich das Gelenk ist und ab wann eventuelle Einschränkungen nicht mehr gelten. Grundsätzlich ist es heutzutage häufig so, dass nach einem endoprothetischem Gelenkersatz das Hüftgelenk sofort voll belastbar ist. Das heißt es darf sich mit dem vollen Körpergewicht auf das Bein gestellt werden. Das ist Voraussetzung für das Gehen ohne Hilfsmittel. Ist die Belastbarkeit eingeschränkt, z.B. darf nur mit dem halben Körpergewicht oder sogar nur mit 20 kg belastet werden, sollte diese Einschränkung mittels einer Waage und Hilfsmitteln, wie einem Gehwagen oder Unterarmgehstützen beübt werden. Eine Teilbelastung gilt meist für eine Zeit von ca. 6 Wochen. Der Arzt macht hier die genaue Angabe.

Die Beweglichkeit kann nach einer Hüftoperation ebenfalls eingeschränkt sein. Das kann auch bei voller Belastbarkeit der Fall sein. So darf das Bein nach dem Einsatz einer Hüft-TEP beispielsweise nicht abgespreizt werden, also über die Mittellinie des Körpers hinweg zum anderen Bein geführt werden (Adduktion). Der Patient darf folglich seine Beine nicht überschlagen und beim Liegen auf der Seite sollte er das operierte Bein, falls dieses oben liegt, in jedem Fall unterlagern, sodass es nicht über die Mittellinie hinweg absinkt.

Auch Rotationsbewegungen dürfen nicht ausgeführt werden. Das ist wichtig, z.B. beim Schuhe anziehen oder wenn man sich nach etwas umdreht. In der Therapie werden solche Bewegungseinschränkungen bedacht und Kompensationsstrategien mit dem Physiotherapeuten erarbeitet.

Abgesehen von diesen Vorgaben orientiert sich die Krankengymnastik nach einer Hüft-OP nach den oben genannten Wundheilungsphasen.

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Wie viel Krankengymnastik?

In den ersten Tagen nach der Operation wird die Krankengymnastik täglich durchgeführt. Kurze aber häufige Therapieeinheiten sind hier sinnvoller um dem verletzten Gewebe viel Zeit zur Regeneration zu geben. In den ersten Wochen findet im Krankenhaus ebenfalls täglich die Therapie statt. Meist bekommt der Patient ein Hausaufgabenprogramm, welches er zusätzlich zur Therapie ein oder zwei mal täglich absolvieren soll. Eine Überbelastung sollte vermieden werden.

Während der Rehabilitation kann es sein, dass Einzeltherapie gegebenenfalls nur noch 2-3 mal pro Woche stattfindet. Der Patient übernimmt mehr und mehr Verantwortung die Übungen selbstständig durchzuführen. Findet nach der Anschlussheilbehandlung ambulante Physiotherapie statt, so ist dies meist 1-2 mal pro Woche. Der Patient muss nun selbstständig Zuhause trainieren.

Um eine erfolgreiche Wiederherstellung der Funktion des Hüftgelenks nach einer Operation zu erreichen, sollte über ca. 3 Monate regelmäßig (täglich) trainiert werden. In der darauf folgenden Zeit kann die Zahl der Therapieeinheiten gesenkt werden.

Übungen in der Akutphase

Übungen, die in der Akutphase ausgeführt werden, sind leichte Mobilisationsübungen:

  • Aus der Rückenlage kann beispielsweise das Bein abgespreizt werden. Um hier ein Ausweichen über die Wirbelsäule zu vermeiden wird das betroffene Bein vorher lang nach unten ausgestreckt, sodass man eine Spannung in der betroffenen Seite spürt. Die Ferse zeigt etwas weiter zum Bettende als die andere Ferse. Aus dieser Position wird das Bein nun nach außen abgespreizt. Die Ferse (die Zehen sind angezogen) wird über die Unterlage nach außen geführt. Sie geht dabei voran, das heißt die Ferse zeigt immer weiter nach außen als die Zehenspitzen. Das Knie wird nicht gebeugt und bleibt lang und locker auf der Unterlage. Die Bewegung wird nur so weit ausgeführt, bis die Verbindungslinie der beiden Beckenknochen aus der Waagerechten abweichen will. Dann wird das Bein locker zurückgeführt.
  • Auch die Beugung der Hüfte kann beübt werden. Hierzu wird wieder die Ferse auf der Unterlage aufgestellt, die Zehen werden zum Körper gezogen, nun wird die Ferse in Richtung Gesäß gezogen. Über die Beugung dies Kniegelenks beugt sich ebenso das Hüftgelenk. Es ist wichtig, dass die Bewegung auf einer geraden Linie abläuft und das Knie nicht nach innen oder außen abweicht.

Solche Mobilisationsübungen können in der ersten Zeit nach einer Hüft-OP ca. 10-20 mal hintereinander ausgeführt werden. Nach einer Pause von ca. 30-60 sec. wird die Übung noch 3 mal wiederholt. Sie kann mehrmals täglich ausgeführt werden, sollte dabei keine Schmerzen verursachen und nicht zu anstrengend sein (dann weniger Wiederholungen).

Übungen während den fortgeschrittenen Wundheilungsphasen

In fortgeschritteneren Wundheilungsphasen nehmen funktionelle Übungen zusehends an Priorität zu. Hierzu bieten sich verschiedene Übungen an:

  • Kniebeuge:
    Die Füße stehen hüftbreit auseinander und die Zehenspitzen zeigen nach vorne. Das Körpergewicht ist eher auf der Ferse als auf dem Vorfuß. Aus dem aufrechten Stand senkt der Patient das Gesäß weit nach hinten unten (anfangs am besten über dem Bett, sodass er sich fallen lassen kann, falls die Muskulatur noch nicht stark genug ist). Der Rücken bleibt gerade. Wichtig ist, dass die Knie nicht nach vorne fallen, und niemals über die Zehenspitzen zeigen. Die Übung sollte man in der gesamten Oberschenkelmuskulatur spüren. Zu Beginn kann die Kniebeuge-Übung gut zum Üben des Aufstehens und Hinsetzens nach einer Hüft-OP genutzt werden. Auch das Abstützen der Arme auf den Oberschenkeln ist anfangs noch erlaubt. Später sollte die Übung, wenn möglich frei durchgeführt werden. Die Übung kann 10-15 mal mit ca. 60 sec. Pause in 3 Sätzen ausgeführt werden.

Eine weitere Übung, die sich zum Training nach einer Hüft OP anbietet ist das Bridging. Wir befinden uns im Alltag häufig in einer sitzenden Position. Das bedeutet, dass unsere Hüfte ständig gebeugt ist. Unsere Hüftstrecker-Muskeln werden schwächer. Für eine physiologische gesunde und gelenkschonende Haltung ist es wichtig auch die Hüftstreckung zu trainieren. Dies geschieht u.a. mittels Bridging:

  • Bridging:
    Der Patient liegt hierbei auf einer Unterlage in Rückenlage, die Arme liegen neben dem Körper, die Handflächen zeigen nach oben. Die Fersen sind aufgestellt, die Knie 90° gebeugt. Nun hebt der Patient das Gesäß so weit an, bis es mit den Oberschenkeln und dem Rumpf eine gerade Linie bildet. Die Leiste wird nach oben gestreckt. Die Spannung sollte im Gesäß und im hinteren Oberschenkel zu spüren sein. Die Position wird kurz gehalten, dann wieder gelöst, wobei das Gesäß, wenn möglich nicht vollständig wieder abgesetzt wird, sondern direkt wieder nach oben gestreckt wird. Die Übung kann mit 10-15 Wiederholungen und 60 sec. Pause in 3-4 Sätzen durchgeführt werden.

Ein individuelles Trainingsprogramm sollte vom Therapeuten für den Patienten zusammengestellt und mit ihm erarbeitet werden um eine falsche oder ungenaue Durchführung zu vermeiden. Je fortgeschrittener der Heilungsprozess, desto anspruchsvoller und individueller können die Übungen variiert werden. Auch Gerätegestützte Übungen können in das Training nach einer Hüft-OP integriert werden.

Weitere Übungen finden Sie unter: Übungen aus der Krankengymnastik für die Hüfte, Übungen bei einem Hüftimpingement, Hüft-TEP Übungen

 

Zusammenfassung

Die physiotherapeutische Behandlung nach einer Hüft-OP ist von der Art der Operation, von ärztlichen Vorgaben und von den  Wundheilungsphasen abhängig. Ziele der frühfunktionellen Therapie sind es, Schmerzen zu lindern, die Heilung zu unterstützen, die Beweglichkeit des Gelenks wieder herzustellen, die umliegende Muskulatur zu kräftigen und die Koordination zu verbessern.

Das Gelenk soll alltäglichen und physiologischen Belastungen standhalten. Hierzu wird meist direkt post OP mit einer frühfunktionellen Krankengymnastik begonnen, die gegebenenfalls in einer Reha fortgesetzt wird und anschließend durch ambulante Krankengymnastik begleitet wird. Der Patient ist mit fortschreitender Heilung zunehmend selbst verantwortlich für die regelmäßige Durchführung der Übungen, die für die Wiederherstellung der Gelenkfunktion essentiell sind.

Es gibt eine Vielzahl an Übungen, die in den einzelnen Stadien der Wundheilungsphasen durchgeführt werden können. Ein Übungsprogramm sollte mit dem Therapeuten abgestimmt werden und dann auch in Eigenregie vom Patienten durchgeführt werden. In der Frühphase spielen auch passive Therapeutentechniken noch eine große Rolle. Der Stellenwert dieser Techniken nimmt mit fortgeschrittener Heilung ab.