Das vordere und hintere Tarsaltunnelsyndrom zählt zu den Nervenkompressionssyndromen, bei denen eine spezielle Symptomatik durch Druck auf einen Nerven ausgelöst wird. Das vordere Tarsaltunnelsyndrom betrifft den Nervus fibularis profundus, der am Wadenbein verläuft. Dieser Nerv versorgt den Fußrücken und verläuft unterhalb eines Bandes, dem Retinaculum extensorum inferius, welches das Sprunggelenk von vorne überspannt, unter dem er aus verschieden Gründen eingeengt werden kann und so eine Symptomatik auslösen kann. Das hintere Tarsaltunnelsyndrom betrifft hingegen den Nervus tibialis posterior, dieser verläuft in der Wade und hinter dem Innenknöchel zum Fuß. Am Innenknöchel läuft er durch den Tarsaltunnel, der durch das Retinaculum musculorum flexorum pedis überspannt wird. Dort kann eine Einengung des Nervs die typischen Symptome hervorrufen. Bei beiden Syndromen stehen Missempfindungen am Fußrücken oder der Fußsohle sowie begleitende Schmerzen im Vordergrund. Auslöser können akute Verletzungen oder langsam fortschreitende degenerative Veränderungen sein.
Das vordere Tarsaltunnelsyndrom kann durch unterschiedliche Ursachen ausgelöst werden. Der Nervus fibularis profundus verläuft nicht allein unterhalb des Retinaculum extensorum inferius, mit ihm verlaufen dort Sehnen von Muskeln und auch Gefäße. Zum Beispiel kann die Sehne vom Musculus extensor hallucis longus, dies ist der sogenannte lange Großzehenheber, angeschwollen sein und den Nervus so einengen.
Eine mögliche Ursache für das Anschwellen der Sehne ist eine Sehnenscheidenentzündung, zum Beispiel nach ungewohnter Überbelastung bei sehr langen Wanderungen. Gefäße oder Fettpolster können ebenfalls Druck auf den Nerv ausüben. Häufig sind die Ursachen jedoch auch unbekannt, man spricht dann von einem idiopathischen Tarsaltunnelsyndrom. Enge Schuhe, Skistiefel oder auch Schuhe mit hohen Absätzen können die Symptomatik verstärken.
Das hintere Tarsaltunnelsyndrom ist sehr häufig Folge von Verletzungen des oberen Sprunggelenks. Dazu zählen Frakturen, aber auch einfaches Umknicken oder eine Bänderdehnung können es auslösen. Diese Verletzung geht oft mit Flüssigkeitseinlagerungen oder Fehlhaltungen/ -belastungen einher, sodass unüblicher Druck auf den Nerven entsteht. Dieser Druck kann im Tarsaltunnel nicht entweichen, sodass die typischen Beschwerden entstehen. Auch das hintere Tarsaltunnelsyndrom kann idiopathischer Natur sein. Weitere mögliche Auslöser sind ein Knick-Senk-Fuß, ungünstig verlaufende Krampfadern, Sehnenscheidenentzündungen und auch rheumatische Arthritis im Sprunggelenk.
Leiden Sie unter einem verstauchten Knöchel, lesen Sie sich folgenden Artikel durch ,,Knöchel verstaucht".
Mehr zum Knick-Senk-Fuß können Sie hier lesen.
Menschen, die vom vorderen Tarsaltunnelsyndrom betroffen sind, klagen häufig über stechende Schmerzen, die auf dem Fußrücken in Richtung des Zwischenraums zwischen dem großen und zweiten Zeh ausstrahlen. Zudem besteht eigentlich nie eine Schwäche, den großen Zeh anzuheben. Bei Druck auf die Vorderseite des oberen Sprunggelenks ist in der Regel ein sehr starker Schmerz auslösbar.
Das hintere Tarsaltunnelsyndrom ist oft mit Schmerzen am Innenrand vom Fuß verbunden, diese strahlen oft in die Fußsohle oder auf den Fußrücken aus und werden als stechend wahrgenommen. Ein Druckschmerz unterhalb des Innenknöchels kann in aller Regel ausgelöst werden.
Hinzu können bei beiden Missempfindungen kommen, die wie das Krabbeln von Ameisen sind, in den Bereichen, in denen die Schmerzen sind. Generell nehmen die Schmerzen im Verlauf eines Tages zu und nehmen über Nacht/ in Ruhe ab. Die Beschwerden sind oft auch nicht immer gleich stark, sondern eher wechselnder Natur. Besonders stark können die Schmerzen werden, wenn nach langen Ruhephasen eine sportliche Aktivität wieder aufgenommen wird.
Mehr zur Differentialdiagnose des einseitig geschwollenen Fußes können Sie in unserem Artikel ,,geschwollener Knöchel einseitig" nachlesen.
Die Diagnosestellung erfolgt in aller Regel nach einer ausführlichen Anamnese, körperlichen Untersuchung und eventuellen weiteren apparativen Untersuchungsmethoden.
Oft liefert die Anamnese schon sehr starke Hinweise auf das Vorliegen eines Nervenkompressionssyndroms aufGrund der häufigen stechenden Qualität, der Lokalisation und wegen den begleitenden Missempfindungen.
In der körperlichen Untersuchung kann der Untersucher dann in der Regel einen Druckschmerz am entsprechenden Retinaculum auslösen. Sollte ein Orthopäde untersuchen, kann dieser seine Ergebnisse noch durch einen Neurologen ergänzen lassen.
Zu den apparativen Methoden zählen das EMG und das MRT. Beim EMG handelt es sich um eine Elektromyographie. Hierbei wird über auf der Haut klebende Elektroden die Muskelkraft und Nervenleitung gemessen, diese können durch die Einengung vermindert sein. Im MRT kann man eventuell eine Reizung des Nerven an der betreffenden Stelle erkennen.
Bei einem vorderen und auch hinteren Tarsaltunnelsyndrom wird der betroffene Fuß in der Regel zunächst ruhiggestellt, zudem sollte er viel hochgelagert werden, um ein Abschwellen zu erleichtern. Die Schmerzsymptomatik kann in diesem Fall oft durch warme Wickel gelindert werden. Wenn innerhalb der ersten zwei bis drei Tage keine Besserung erreicht werden konnte, sollte ein Arzt aufgesucht werden, um eine eventuelle operative Therapie einzuleiten, um Komplikationen zu verhindern.
Bei starken Entzündungen und begleitender Schwellung des Nervs, was im MRT sichtbar sein kann, kann eine abschwellende Kortison-Spritze injiziert werden. Entzündungen in Folge von Verletzungen oder Überlastungen können sogenannte nichtsteroidal Antirheumatika wie Ibuprofen zur Schmerz- und Entzündungslinderung und zum Abschwellen verschrieben werden. Sportarten und Belastungen, die schmerzauslösend sind, sollten zunächst niedergelegt werden. Nach einigen Tagen kann dann langsam in Begleitung eines Physiotherapeuten die Belastung durch schonende Übungen wieder aufgenommen werden.
Die beschriebenen Übungen sollen die oben beschriebene Therapie unterstützen und sollten nicht durchgeführt werden, wenn Schmerzen oder Kribbeln vorliegen oder abgebrochen werden, wenn sie während der Übungen auftreten. Alle Übungen können mehrmals täglich wiederholt werden.
1. Dehnen der Wadenmuskulatur
Diese Übung ist sinnvoll, da beim hinteren Tarsaltunnelsyndrom der Schienbeinnerv eingeengt ist, durch die Dehnübungen kann er entlastet werden und Raum geschaffen werden. Um die Wadenmuskulatur zu dehnen, einfach in Schrittstellung frontal ca. einen Meter vor eine Wand stellen. Nun nach vorne lehnen, mit beiden Händen abstützen und das hintere durchgestreckte Bein durch langsames in Richtung Wand dehnen. Diese Position für circa 30 bis 45 Sekunden halten und das hintere Bein wechseln.
2. Dehnen der Schienbeinmuskulatur
Diese Übung ist vor allem beim vorderen Tarsaltunnelsyndrom sinnvoll, da der Wadenbeinnerv, der am Schienbein verläuft und mit Muskeln des Schienbeins unter das Retinaculum zieht, entlastet werden kann. Dazu einfach im hüftbreiten Stand positionieren und eine Möglichkeit zum Festhalten in der Nähe haben. Nun einen Fuß anheben, die Zehen einrollen und den Fuß in dieser Haltung so weit wie möglich nach hinten stellen. In dieser Position Gewicht auf den Fuß bringen, sodass Schienbein und Fußrücken eine Linie bilden und 30 bis 45 Sekunden halten, danach das andere Schienbein dehnen.
3. Entspannung in der Fußsohle
Die Fußsohle zu entspannen kann vor allem beim hinteren Tarsaltunnelsyndrom für Schmerzlinderung und Entspannung sorgen. Hierfür einfach barfuß einen Fuß so an einer Wand positionieren, dass die Zehen nach oben schauen. Mit dem restlichen Fuß, der fest auf dem Boden steht, Druck ausüben und sozusagen das Fußgewölbe auf den Boden drücken. Diese Position 30 bis 45 Sekunden halten und die Füße wechseln.
4. weitere Dehnübung für das Schienbein
Genau wie die zweite Übung ist auch diese Übung vor allem beim vorderen Tarsaltunnelsyndrom sinnvoll, da der Wadenbeinnerv, der am Schienbein verläuft und mit Muskeln des Schienbeins unter das Retinaculum zieht, entlastet werden kann. Jetzt einfach aus dem sicheren Stand in den Einbeinstand gehen und den angehobenen Fuß greifen und zum Gesäß ziehen. Dabei den Fuß an den Zehen greifen, nun sollte die Dehnung im Schienbein zu spüren sein. Diese Position 30 bis 45 Sekunden halten, danach das Bein wechseln.
Tape soll für den Zeitraum, in dem es getragen wird, die Durchblutung und den Lymphabfluss fördern und zudem schmerzstillend wirken. Vor allem beim Vorliegen von Hämatomen, Wassereinlagerungen und nach Verletzungen soll es die Heilung unterstützen. Das Tape wird dabei so angebracht, dass es die betroffenen Gelenke stabilisiert und das umgebende Weichteilgewebe bei der Heilung unterstützt. Im Rahmen eines Tarsaltunnelsyndroms kann es das Retinaculum oder Sehnen, die unter ihm durchziehen, entlasten. So kann es in der akuten Phase und bei der Wiederaufnahme des Trainings helfen, den Tarsaltunnel zu entlasten.
Es sollte durch einen erfahrenen und fortgebildeten Physiotherapeuten angebracht werden.
Das Ruhigstellen im Rahmen einer vorderen oder auch hinteren Tarsaltunnel-Problematik dient vor allem zur ersten Beruhigung der Situation. Dadurch, dass beide Retinacula und Nerven am oberen Sprunggelenk lokalisiert sind, kann die Schwerkraft die Symptome und Beschwerden verstärken. Durch das Hochlegen und Ruhigstellen kann das Blut besser zirkulieren und eventuelle Schwellungen durch Flüssigkeitseinlagerungen leichter abklingen. Das Ruhigstellen ist also in Hinblick auf das Tarsaltunnelsyndrom eine Maßnahme, die bei akuten Beschwerden helfen kann. Je nach Präferenz und auch persönlicher Erfahrung kann zusätzliche Wärme oder Kälte helfen.
Die Prognose ist wie sehr oft in der Medizin und insbesondere in der Orthopädie vom Zeitpunkt der Diagnosestellung und dem Zeitpunkt des Therapiebeginns abhängig. Je früher desto besser wird die Prognose bei einer sicheren Diagnosestellung. Generell kann man von circa 70% der behandelten Patienten mit einem gesicherten Tarsaltunnelsyndrom von einer Schmerzlinderung ausgehen. Die Prognose verschlechtert sich im Rahmen von Traumen, dann wenn der Nervus fibularis profundus oder der Nervus tibialis posterior selbst durch Quetschungen oder andere Formen der Verletzung betroffen sind.
Sollte das Ruhigstellen sowie die Schmerztherapie und eventuelle Kortison-Injektionen in Kombination mit Physiotherapie nicht anschlagen, gibt es in der Therapie der Nervenkompressionssyndrome noch die Möglichkeit, operativ aktiv zu werden. Vor allem das weitere Bestehen der neurologischen Schmerzen und eine erhebliche Einschränkung im Alltag sind Indikationen zu operieren. Der vordere und hintere Tarsaltunnel werden jeweils am Sprunggelenk durch ein derbes bindegewebiges Retinaculum überspannt, in der Operation wird dieses je nach Lokalisation und Ursache (teilweise) gespalten, sodass der Druck auf den Nerven abnimmt. Der Nerv kann sich nach der Operation erholen.