Die Wadenzerrung ist die leichteste Form einer Überlastungsverletzung der Wadenmuskulatur. Diese entsteht wegen einer Dehnung über das übliche Bewegungsausmaß des Muskels, wie beispielsweise bei einem intensiven Lauftraining oder einer plötzlichen Bewegung mit Richtungsänderung oft der Fall ist. Dabei wird aber im Vergleich zum Muskelfaser- oder -bündelriss der Muskel in seiner Struktur nicht verletzt- es handelt sich also um eine funktionelle Verletzung. Auf die Überdehnung reagiert der Muskel indem er sich zusammenzieht, was in einer Spannung (Tonuserhöhung) der Muskulatur resultiert. Dies äußert sich beim Patienten in einer schmerzhaften Verhärtung der Muskulatur.
Dieser Artikel fokussiert sich auf die Symptome und Differentialdiagnosen der Wadenzerrung. Falls Sie mehr über die Therapie der Wadenzerrung erfahren wollen, lesen Sie unseren Artikel ,,Wadenzerrung Therapie/Behandlung".
Wadenschmerzen können durch mehrere Ursachen bedingt sein: muskulär, durchblutungsbedingt oder auch durch Nervenschädigungen.
Überbelastungen des Muskels können zu funktionellen Verletzungen führen wie Muskelverhärtungen, Muskelkater, -zerrung oder zu strukturellen Verletzungen wie partielle Muskelrisse (Muskelfaserriss, Muskelbündelriss) oder komplette Muskelrisse (totaler Muskelriss oder Sehnenausriss).
Außer den muskulären Ursachen können auch Durchblutungsstörungen diese Schmerzen verursachen. Ist der venöse Abfluss durch einen Thrombus- geronnenes Blut- verhindert, kann dies zu einer sogenannten Beinvenenthrombose führen. Ist hingegen der arterielle Blutfluss verhindert, wie bei einer arteriellen Verschlusskrankheit der Fall ist, wird der Muskel mit Nährstoffen unterversorgt.
Eine Wadenzerrung kann man erstmal an den Verletzungsmechanismus und Symptomverlauf erkennen: entsteht der Schmerz akut nach einer plötzlichen Bewegung mit Richtungsänderung, Drehung, Beschleunigung oder plötzlichem Stoppen, oder nach einem langen ungewohnten Lauftraining, spricht dies eher für eine Zerrung. Der Muskel kann verspannt oder verhärtet sein. Im Vergleich zu einem Muskelfaserriss ist der Muskel weiterhin belastbar. Man sieht keine Delle im Sinne einer Zusammenziehung der Muskulatur, keine Blutergüsse oder Schwellungen.
Falls Sie mehr zur Behandlung der Muskelzerrung im Allgemeinen lesen wollen, können Sie dies in unserem Artikel über die Muskelzerrung machen.
Über die Behandlung der Wadenzerrung können Sie in unserem Artikel ,,Therapie der Wadenzerrung" lesen.
Bei einer Verhärtung ist der Muskeltonus dauerhaft erhöht. Oft ist dabei ein druckschmerzhafter, permanent angespannter Knoten in der Muskulatur zu tasten. Im Alltag geschieht dies oft wegen einer gleichbleibender Haltung ohne Ausgleich. Was viele von uns kennen sind Verhärtungen im Schulter oder Nacken durch das lange Sitzen am Büro. Läufer können Wadenverhärtungen entwickeln, wenn sie zu einseitig ihre Wadenmuskulatur beanspruchen, und die anderen Muskelgruppen vernachlässigen.
Die Beinvenenthrombose - Verstopfung der Beinvenen durch ein Blutgerinnsel - ist eine wichtige Differentialdiagnose zu den muskulären Ursachen des Wadenschmerzens. Dies geschieht nicht akut während oder nach dem Training, sondern entwickelt sich progredient. Das venöse System führt Blut von den Extremitäten zum Herzen. Von dort dann zur Lunge, wo das Blut mit Sauerstoff geladen wird, dann zurück zum Herzen und von dort im ganzen Körper. Gerinnt das Blut und verstopft so die Beinvenen, sammelt sich dann das Blut vor dieser Engstelle in den Beinen. Dies führt zu einer druckschmerzhaften Unterschenkelschwellung mit Spannungsgefühl im betroffenen Bein, das oft bei Fußbeugung schlimmer ist. Die Haut am Unterschenkel ist eher wärmer, bläulich verfärbt und meistens kann man vergrößerte, geschlängelte Venen erkennen.
Eine gefürchtete Komplikation der Beinvenenthrombose ist die Lungenembolie: wandert der Pfropf von den Beinen, durch das Herz und dann in die Lunge, können die kleinen Lungengefäße verstopft werden. Dies äußert sich in Atembeschwerden und Brustschmerz. Die Lungenembolie ist ein lebensbedrohender Notfall und muss dringend therapiert werden. Deswegen sollten Ursachen wie eine Beinvenenthrombose frühzeitig erkannt und therapiert werden und Risikofaktoren, wenn möglich, beseitigt werden. Zu diesen zählen: Herzschwäche, Übergewicht, Antibabypille, Bettlägerigkeit, Blutgerinnungsstörungen.
Eine andere Durchblutungsstörung, die Wadenschmerzen verursachen kann, ist die pAVK (periphere arterielle Verschlusskrankheit). Hier handelt es sich wiederum nicht um ein akut auftretendes Ereignis, sondern entwickelt sich mit der Zeit. Das Problem liegt in diesem Fall in den Arterien: diese transportieren nährstoffreiches, sauerstoffgeladenens Blut vom Herzen in die Extremitäten. Sind diese wegen Ablagerungen verkalkt, werden die Beine unterversorgt. Zunächst sind keine Schmerzen zu verspüren. Im fortgeschrittenen Stadien entstehen Schmerzen beim Gehen, die beim Stehen aber verschwinden- dafür reicht die arterielle Versorgung der Muskel noch aus. Der Bein ist im Vergleich zur Beinvenenthrombose nicht geschwollen, kann verfärbt wirken und ist aufgrund der mangelnden Blutversorgung kälter. Zu den Risikofaktoren zählen Rauchen, Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, die die Bildung der Kalkplaques in den Arterien begünstigen.
Im Vergleich zu einer Zerrung ist bei einem Muskelfaserriss der Muskel in seiner Struktur und Kontinuität geschädigt. Es handelt sich also um einen höheren Verletzungsausmaß. Dabei ist der Verletzungsmechanismus ähnlich: plötzliche Bewegungen, langes Training ohne vorheriges Aufwärmen begünstigen die Entstehung eines Faserrisses. Wird nach einer Wadenzerrung der Muskel nicht lange genug geschont, so kann er nicht ausheilen, sodass er anfälliger für Risse wird. Da zwischen den einzelnen Fasern Blutgefäße verlaufen, können bei solchen Faserrissen Blutergüsse auftreten. Der Schmerz ist wie bei der Zerrung, eine vollständige Muskelbelastung ist aber kaum noch möglich. Werden Bündel- Ansammlung von Fasern- oder sogar der komplette Muskel durchtrennt, ist der Muskel in seiner Funktion teilweise beziehungsweise komplett beeinträchtigt. Oft ist in dem Fall auch eine Beule zu tasten, da sich der Muskel zusammenzieht. Im Fall eines Risses ist die Heilungsdauer deutlich länger: muss man bei einer Zerrung den Muskel 6-7 Tage lang schonen, so kann es bei einem Faserriss mehrere Wochen bis Monate dauern.
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Beim Joggen ist die Wadenmuskulatur eine Muskelgruppe, die besonders stark beansprucht wird. Besonders risikoreicher ist es, wenn man das Aufwärmen überspringt, man auf einmal ungewohnt lange läuft und das Trainieren der anderen Muskelgruppen vernachlässigt. Im Fall einer Zerrung beim Joggen sollte man die Aktivität abbrechen und den Muskel schonen. Kalte Kompressen lindern den Schmerz. Man kann den Vorfuß leicht dehnen, um die Durchblutung zu verbessern. Elastische Verbände schenken Stabilität. Nach mehreren Ruhetagen sollte man die Belastung schmerzadaptiert, Schritt für Schritt erhöhen: von leichten Spaziergängen zur graduierten Erhöhung der Laufstrecke und Intensität. Nützlich kann auch sein, die Bewegungsmuster zu ändern -beispielsweise durch die Integration von Sprüngen im Lauf- und das Schuhwerk zu optimieren.
Die Prognose einer Zerrung ist sehr gut: meistens nach 2-3 Tagen - selten bis zu zwei Wochen - Trainingspause und schonen sollte der Schmerz abklingen und der Muskel geheilt sein. Wichtig ist dabei diese Rehabilitationsphase zu respektieren: belastet man nämlich den Muskel, bevor er geheilt ist, steigt das Risiko für einen Muskelfaserriss. Dieser heilt deutlich langsamer und ist ein Risikofaktor für größere Muskelrisse. Der Belastungsausmaß sollte nach der Schonungsperiode schmerzadaptiert erfolgen. Wichtig ist auch mögliche Ursachen für die Zerrung zu erkennen und zu beheben wie ein nicht genügendes Schuhwerk, kein Aufwärmen vor dem Training, eine zu einseitige Belastung der Wadenmuskulatur.