Therapie einer Dornfortsatzfraktur

Wirbelfrakturen, also Brüche im Bereich der Wirbelsäule lassen sich in Frakturen des Wirbelkörpers, der Querfortsätze oder der Dornfortsätze gliedern. Bei einer Dornfortsatzfraktur handelt es sich um eine Wirbelsäulenfraktur, bei der der Dornfortsatz (Processus spinosus) des Wirbelkörpers an- oder vollständig abbricht. Der Dornfortsatz ist hinten am Wirbelbogen lokalisiert und bildet einen Ansatzpunkt für viele große Skelettmuskeln und die autochthone Rückenmuskulatur, die wichtig für die segmentale Stabilität ist. Die Dornfortsätze unserer Wirbelsäule sind diejenigen Vorsprünge, die wir durch die Haut als Vorwölbung entlang der Wirbelsäule sehen können. Durch ihre Lage sind sie besonders bei Stürzen gefährdet zu brechen. Auch durch den Zug der Muskulatur kann gegebenenfalls ein Dornfortsatz brechen.

Therapie und Behandlung

Für die Therapie ist neben der Lokalisation des Bruchs auch die Einteilung in stabile und instabile Brüche wichtig. Bei einer alleinigen Fraktur des Dornfortsatzes ist die Stabilität der Wirbelsäule meist nicht beeinträchtigt. Ist der Wirbelbogen mit betroffen handelt es sich in der Regel nicht um einen isolierten Dornfortsatzbruch. Es folgt dann eine andere Behandlung.
Ist durch z. B. einen Sturz ein Stück eines Dornfortsatzes abgebrochen, kann dies häufig konservativ behandelt werden. Das heißt, der Bruch wird zunächst nach Möglichkeit ruhig gestellt, um der Fraktur die Chance zu Heilen zu geben. Durch eine gezielte Schmerzmedikation mit meist nicht steroidalen Antirheumathika (NSAR) werden akute Schmerzen und Entzündungszeichen gelindert. Im Anschluss kann eine aufbauende Physiotherapie erfolgen.
Sind mehrere Dornfortsätze frakturiert, ist eine Operation nötig um der autochthonen Rückenmuskulatur, welche hier inseriert genug stabile Ansatzfläche zu bieten. Die Dornfortsätze werden dann operativ wieder befestigt und das Operationsergebnis einige Zeit ruhig gestellt, bis es sicher und fest verheilt ist. Begleitend findet meist ebenfalls eine medikamentöse Schmerztherapie mit NSAR statt. Eine intensive Physiotherapie ist wichtig, um die Muskulatur wieder zu trainieren und so für eine Stabilität in der Wirbelsäule zu sorgen, sobald die Fraktur ausreichend verheilt und übungsstabil ist. Eine Haltungsschulung ist wichtig, ebenso wie ein gezieltes Krafttraining der autochthonen und der großen Rückenmuskeln. Auch die Koordination sollte verbessert werden, um späteren Rückenschmerzen durch mangelnde Stabilität und falsche Belastung zu vermeiden. 
Der Einsatz von Tapeverbänden oder Korsetts sowie Elektrotherapie und Wärmebehandlungen können die Therapie ergänzen. Auch Weichteilbehandlungen wie Friktionen oder Massagen können nützlich sein, um die verspannte Muskulatur im Frakturgebiet zu detonisieren und Schmerzen zu lindern.
Besonders zu Beginn der Therapie ist es wichtig, rückengerechtes Verhalten im Alltag zu erlernen. Aufstehen und Hinsetzen, das Drehen auf die Seite oder ähnliche Alltagstransfers können so eingeübt werden, damit keine ungünstigen Scherkräfte auf die Fraktur wirken. Auf das Liegen in Rückenlage sollte bei einem Dornfortsatzbruch verzichtet werden.
Weitere rückenschonende Verhaltensweisen finden Sie auch unter Rückenschule.

Heilung

Die Frakturheilung ist von vielen Faktoren abhängig. Die allgemeine Verfassung des Patienten spielt eine große Rolle, ebenso wie mögliche Begleiterkrankungen, das Alter und die Konstitution. Um eine optimale Heilung zu gewährleisten, sollte die Fraktur so ruhig wie möglich gehalten werden, dass sich neuer Knochen bilden kann. Bei mangelnder Ruhigstellung kann die Heilung enorm eingeschränkt und verzögert stattfinden. Bei guten Heilungsbedingungen braucht Knochen ca. 6 Wochen, um seine Kontinuität wiederherzustellen. Das neu gebildete Gewebe ist dann allerdings noch nicht gut belastbar. Eine volle Stabilität und Belastbarkeit ist erst nach etwa 3 Monaten zu erwarten. Ein Arzt kann durch eine gezielte Untersuchung und bildgebende Verfahren individuelle Aussage über die Heilung des Bruches machen und gibt dementsprechend die Belastbarkeit des Wirbels vor. Erst wenn der Arzt sein OK gibt, sollte der Rücken wieder voll belastet werden.

Dornfortsatzfraktur der HWS

In der HWS sind die Dornfortsätze lang und gabeln sich an ihrem Ende auf. Besonders hervorstechend ist der Dornfortsatz des siebten Halswirbels. Man bezeichnet ihn auch als Prominenz (Vertebra prominens). Durch sein Hervorstechen ist besonders der siebte Dornfortsatz anfällig für Frakturen.
Bei einer Dornfortsatzfraktur am siebten Halswirbelkörper oder an der übrigen HWS kommt es häufig auch zu starken Nacken- oder Kopfschmerzen, da die Nackenmuskulatur dort ansetzt. Viele Nerven, die die Kopfhaut versorgen, verlaufen im Nackenbereich und können durch die Folgen einer Fraktur irritiert werden. Bei heftigen Verletzungen (nicht bei isolierten Dornfortsatzfrakturen) mit Beteiligung des Rückenmarks besteht die Gefahr eines hohen Querschnitts.
Die Ruhigstellung zur Heilung einer Dornfortsatzfraktur in der HWS erfolgt durch eine Halskrause. Die anschließende Physiotherapie zielt vor allem auf eine Detonisierung der Nackenmuskulatur und Kopf-Rumpf oder auch Auge-Kopf-Koordination ab.
Erfahren Sie mehr zum Thema unter HWS-Fraktur und Übungen aus der Krankengymnastik für die HWS.

Dornfortsatzfraktur der BWS

Besonders anfällig für Frakturen der Dornfortsätze der BWS sind die oberen Segmente. Die Brustwirbelsäule besteht aus 12 Wirbeln und langen nach unten zeigenden Dornfortsätzen. Mitzunehmender Länge der BWS werden die Dornfortsätze immer steiler (dachziegelartig). Bei einem Sturz sind sie nicht so sehr exponiert wie beispielsweise die Vertebra prominenz (Dornfortsatz des siebten Halswirbels) oder die Dornfortsätze der oberen Brustwirbel. Auch die Anlage des Brustkorbs mit den Rippen schützt die Dornfortsätze der BWS vor Frakturen. Kommt es dennoch zu einem Bruch eines Dornfortsatzes in der BWS, kann die Fraktur durch ein Korsett stabilisiert werden.
Bei der anschließenden physiotherapeutischen Nachbehandlung wird der Akzent auf die Haltungskorrektur und die Aufrichtung der Wirbelsäule gelegt. Auch die Gleitfähigkeit des Schulterblatts über den Brustkorb kann durch gezielte Übungen verbessert werden und verhindert damit eine Einschränkung der Schulterbeweglichkeit. Koordinationsübungen für die autochthone Rückenmuskulatur im Bereich der BWS sind ebenfalls Teil der Therapie bei Dornfortsatzfrakturen in diesem Wirbelsäulenabschnitt. Gegebenenfalls kann auch eine Atemtherapie nötig sein, wenn schmerzbedingt die Atemfunktion über einen längerfristigen Zeitraum eingeschränkt ist.
Weitere Informationen finden Sie unter Krankengymnastik - Koordinations- und Gleichgewichtstraining und Haltungsschule.

Dornfortsatzfraktur der LWS

Bei Dornfortsatzfrakturen in der LWS wird zur Ruhigstellung ebenfalls ein Korsett angelegt. Auch beim Sitzen sollte hier darauf geachtet werden, wie eng die Bewegung von Becken und LWS voneinander abhängen. Abhängig von Lokalisation und Ausmaß der Fraktur muss der Patient für die Ruhigstellung der Fraktur eventuell eine Zeit lang auf das Sitzen verzichten. Bei Dornfortsatzfrakturen in der LWS strahlen Schmerzen häufig in die gesamte Lumbalgegend wie auch eventuell in die Hüfte oder Leiste aus. Auch die Gesäßmuskulatur kann schmerzhaft sein.
Besonders im so genannten thorakolumbalen Übergang (Übergang von Brustwirbelsäule in Lendenwirbelsäule) können nach einer Fraktur Instabilitäten auftreten, die später für Rückenbeschwerden verantwortlich sein können. Ein gezieltes Stabilisationstraining für die autochthone Rückenmuskulatur ist wichtig um dem vorzubeugen.
Gute Übungen finden Sie unter LWS-Syndrom Übungen.

Symptome

Die Fraktur äußert sich durch eine Schwellung, eine Rötung oder auch einen blauen Fleck im Frakturbereich. Weiterhin ist der Wirbel stark druckempfindlich. Gegebenenfalls ist der Fortsatz beweglich und es kann zu Krepitationen (Knirschen bei Aneinanderreiben der Frakturteile) kommen. Die umliegende Muskulatur ist stark verspannt und bedingt eine eingeschränkte Beweglichkeit. Kommt es zum Abbruch des Dornfortsatzes, kann eine Dislokation spürbar sein. Gefährlich ist es, wenn der Dornfortsatz in den Wirbelbogen hinein gedrückt wird und den Wirbelkanal beschädigt. Durch den Wirbelkanal verläuft unser Rückenmark, welches die Nervenbahnen für die gesamten, unterhalb des Wirbels befindlichen Organe und Strukturen beinhaltet. Durch Kompression auf das Rückenmark können die Nervenbahnen geschädigt werden. Man spricht dann von einem Querschnittsyndrom.

Zusammenfassung

Dornfortsatzfrakturen treten in der Regel durch einen Sturz oder einen Schlag auf den entsprechenden Wirbelfortsatz auf. Sie können in allen Abschnitten auftreten, besonders häufig sind sie allerdings an vorstehenden Dornfortsätzen (z. B. die Prominenz). Es handelt sich bei isolierten Dornfortsatzfrakturen häufig um stabile Wirbelsäulenfrakturen, bei denen eine konservative Therapie ausreicht. Nach einer Ruhigstellung mit begleitender Schmerztherapie kann die Stabilität durch Kräftigung der autochtonen Rückenmuskulatur und auch der großen Rückenmuskeln wieder verbessert werden. Bei Serienfrakturen mehrerer Dornfortsätze ist die operative Stabilisierung notwendig, um der dort ansetzenden Muskulatur einen festen Ansatz zu gewährleisten.
Anhand von bildgebenden Verfahren kann Aussage über die Heilung eines Wirbelbruchs gemacht werden. Wenn die Knochenneubildung erfolgt ist, kann mit sanften Übungen begonnen werden. Dies ist meist nach ca. sechs Wochen der Fall. Bis zur vollen Belastbarkeit ist allerdings noch mehr Zeit (ca. drei Monate) anzusetzen. Ein Arzt kann den individuellen Heilungsfortschritt beurteilen und die Belastbarkeit des Patienten bestimmen.
Bei Brüchen mit Beteiligung des Wirbelbogens müssen immer Verletzungen des Rückenmarks und eine Instabilität der Fraktur ausgeschlossen werden.