HWS Fraktur

Bei einer HWS Fraktur handelt es sich um einen Bruch in dem obersten Abschnitt der Wirbelsäule. Dabei können die einzelnen Anteile eines Wirbels bei Gewalteinwirkung brechen. Die Bruchform hängt dann von der einwirkenden Kraft ab. Auch Veränderungen der Knochensubstanz, wie Osteoporose oder Tumore können Frakturen der HWS hervorrufen. Kompilkationen bei einer HWS Fraktur treten auf, wenn das Rückenmark, das durch das Wirbelloch (Foramen vertebralis) verläuft, geschädigt wird. Es kann eine hohe Querschnittslähmung folgen. Die Verletzung kann auch tödlich sein, sollten Nerven für die grundlegenden Körperfunktionen ausfallen. Die Therapie kann konservativ oder operativ erfolgen, je nach Art der Fraktur. Bei neurologischen Verletzungen wird operativ vorgegangen. Es folgt eine physiotherapeutische Nachbehandlung.

Aufbau der Halswirbelsäule

Die Halswirbelsäule umfasst 7 Wirbel. Dabei weisen die ersten beiden, der Atlas und der Axis einige abweichende Besonderheiten in der Anatomie auf. Ein Wirbel setzt sich zusammen aus dem Wirbelkörper und dem Wirbelbogen, von dem mehrere Fortsätze abgehen. Der Dornfortsatz (Processus spinosus) geht hinten vom Wirbelbogen ab und ist in der Halswirbelsäule am Ende gegabelt. Rechts und links gehen die so genannten Querfortsätze (Processus transversus) ab, die ebenso wie der Dornfortsatz als Ansatz für Muskulatur und Bänder dienen. In der Halswirbelsäule ist in den Querfortsätzten noch ein Loch zu finden (Foramina transversaria). Durch diese Löcher verläuft die A. vertebralis, eine wichtige Arterie, die einige Abschnitte unseres Gehrins mit Blut versorgt.Weiterhin befinden sich am Wirbelbogen noch die so genannten Gelenkfortsätze, die zum darüber und darunter gelegenen Wirbelkörper eine gelenkige Verbindung herstellen.

Klassifikation

Die Einteilung einer HWS Fraktur erfolgt nach definierten Kriterien in A-, B- und C-Frakturen (nach Magerl). Für die Einteilung ist zunächst ist die Lokalisation des Bruchs wichtig.

Bei Frakturen von Altas oder Axis spricht man von einer oberen HWS Fraktur. Sind die anderen Wirbel (C3-C7) betroffen spricht man von einer unteren HWS Fraktur. Weiterhin ist wichtig, welcher Anteil des Wirbels verletzt ist. Der Wirbelkörper, der Wirbelbogen mit seinen Fortsätzen, oder ein Wirbelgelenk? Für den weiteren Behandlungsverlauf ist es nun wichtig zu klassifizieren, ob es sich bei dem Bruch um einen stabilen oder instabilen Bruch handelt. Stabile Brüche können häufig konservativ behandelt werden.

  • A Frakturen sind stabil. Es handelt sich häufig um Wirbelkörperfrakturen.
  • Bei B Frakturen besteht eine Distraktion, das heißt, die Frakturteile sind nicht stabil und weichen auseinander.
  • C Frakturen sind besonders instabil. Meist kommt eine rotatorische Kompomente hinzu, die Wirbelgelenke sind häufig betroffen.

 

Symptome

Bei einer Wirbelfraktur sind bestimmte Symptome zu erwarten. Hierzu gehört ein lokaler Druckschmerz im Frakturbereich, Schmerzen in Ruhe, besonders aber auch bei Bewegung oder Belastung. Die umliegende Muskulatur verspannt und sorgt für eine stark eingeschränkte Mobilität. Bei Bewegungen können Krepitationen hörbar sein (Knirschen). Besonders bei der HWS Fraktur kann eine veränderte Kopfhaltung auffällig sein. Dies kann durch die Instabilität des Bruchs, oder durch eine Schonhaltung bedingt sein. Bei neurologischen Verletzungen kann es zu sensiblen und motorischen Ausfällen in den Extremitäten oder auch am Rumpf kommen. Nervenschmerzen sind möglich. Der Reflexstatus kann verändert sein. Besonders bei hohen HWS-Frakturen können auch Gehirnabschnitte verletzt sein. Es kann zum Ausfall lebensnotwendiger Körperfunktionen kommen. Da für eine Wirbelsäulenfraktur eine hohe Krafteinwirkung nötig ist, ist häufig mit Begleitverletzungen zu rechnen, die ihrerseits für bestimmte Symptome verantwortlich sein können. Bei Verletzungen der HWS kann ein Schädel-Hirn-Trauma vorliegen. Der Patient ist möglicherweise bewusstlos, hat starke Kopfschmerzen oder ist desorientiert.

Weitere Informationen finden SIe hier: Schmerzen an der HWS

OP bei HWS Fraktur

Frakturen die in die Einteilung B oder C fallen werden in der Regel operiert, um die Fraktur zu stabilisieren und eine Schädigung des Rückenmarks zu verhindern. Ist es bereits zu einer Schädigung der Nervenbahnen gekommen, ist die Operationsindikation stets gegeben. Dann geht es um Zeit, die verletzten Strukturen möglichst schnell zu entlasten. Im Bereich der HWS werden je nach Operationstechnik verschiedene Platten meist von vorne an dem Wirbelkörper angebracht um die HWS in ihrer anatomischen Stellung zu stabilisieren. Bei so genannten Kompressionsfrakturen, also wenn der Wirbel eingedrückt wurde, kann durch eine Plastik mit Knochenmaterial aus dem Beckenkamm des Patienten, der Wirbel wieder aufgerichtet werden. Ist das Rückenmark eingeengt, kann bei der Operation der Wirbelbogen eröffnet, oder entfernt werden um die Nervenbahnen zu entlasten (Laminerkomie). Im Nachhinein wird das Operationsergebnis durch eine Halskrawatte fixiert und ruhig gestellt um eine sichere Heilung zu gewährleisten. Je nach Verletzungsausmaß erfolgt eine intensive physiotherapeutische Nachbehandlung. Frakturen der oberen Halswirbelsäule werden aufgrund ihrer abweichenden Anatomie individuell behandelt.

Lesen Sie mehr zum Thema: HWS OP

Therapie

Die Therapie bei HWS Frakturen dient hauptsächlich der Wiederherstellung und der Sicherung der Haltung und Stabilität der Wirbelsäule .Diese wird neben den passiven Strukturen (Knochen, Bändern, Gelenke) durch die autochtone Rückenmuskulatur gewährleistet. Das ist die Muskulatur, die eng neben der Wirbelsäule verläuft und einzelne Wirbel oder kleinere Wirbelgruppen verbindet und stabilisiert. Sie kann nicht gut durch Übungen angesprochen werden, die zur Kräftigung der großen Muskeln verwendet werden, sondern wird eher durch weniger Kraft fordernde aber koordinativ anspruchsvollere Übungen trainiert. Man spricht von so genannter Core Stabilität.

Bei der Therapie von HWS Frakturen müssen, wie bei allen Knochenbrüchen die Wundheilungsphasen und Belastungsvorgaben des Arztes beachtet werden. In der Akutphase finden Entspannungstechniken für die verspannte Nackenmuskulatur, Lagerung, Wärmeanwendung und Atemtherapie Anwendung. Besonders in der Frühphase nach einer Fraktur oder einer OP sind Bewegungen in betroffenen Abschnitt, aber auch in den umliegenden Wirbelsäulenabschnitten oder mit dem Kopf untersagt, um eine Frakturheilung zu gewährleisten. In dieser Zeit können Kreislauftraining durch einfache leichte Bewegungen mit Armen und Beinen nützlich sein um eine bessere Regeneration zu ermöglichen, auch Kompensationsmechanismen für ein sicheres, stabilisierendes Verhalten im Alltag können erlernt werden. Eventuell sind auch isometrische Anspannungen erlaubt, bei denen der Patient seine Muskulatur aktiviert, ohne dabei Bewegung zu zu lassen. Durch einen leichten Reiz an der Wange kann der Patient beispielsweise einen Druck gegen den Reiz aufbauen und so seine seitliche Halsmuskulatur aktivieren. Solche Reize können in alle Bewegungsrichtungen gegeben werden. Die Spannung wird einige Sekunden gehalten und dann wieder gelöst.

Mit steigender Stabilität der Fraktur können schwierigere Übungen durchgeführt werden. Isometrische Übungen bleiben aber weiterhin wichtiger Teil der Therapie. Wenn die Sicherung durch eine Halskrawatte nicht mehr nötig ist, kann das Halten des Kopfes wieder trainiert werden. Aus der Rückenlage wird ein leichtes Doppelkinn gemacht, und dann der Kopf nur so weit angehoben, dass er gerade den Kontakt zur Unterlage verliert. Die Muskulatur muss das Gewicht des Kopfes nun halten. Die Übung wird zu Beginn sehr schwer fallen, der Kopf kann eventuell nur wenige Sekunden gehalten werden. Wichtig ist, dass die Übung sauber ausgeführt wird. Die Dauer kann mit der Zeit gesteigert werden.

Nachdem die Stabilität gesichert ist, wird auch die Mobilität der HWS und des Kopfes sowie auch der oberen Extremität trainiert.

Es gibt eine Vielzahl an Übungen, die an den Patienten, den Wundheilungsstatus und die Vorgaben des Arztes angepasst werden.

Bei neurologischen Symptomen wird auch darauf intensiv  in der Therapie eingegangen.

Weitere Informationen finden Sie hier: HWS Trauma - Therapie/Behandlung

Spätfolgen

Spätfolgen nach einer HWS Fraktur können eine bestehende Instabilität mit folgenden Rücken- und Nackenschmerzen sein. Durch die operative Fixation von Abschnitten der HWS kann eine Instabilität in anderen Abschnitten der Wirbelsäule folgen. Es kann beispielsweise zu kompensatorischen Schmerzen in der Brustwirbelsäule kommen. Eine arthrotische Veränderung der Wirbelsäulengelenke kann durch eine vorangegangene Fraktur gefördert werden.

Die Beweglichkeit der Wirbelsäule und des Kopfes können eingeschränkt bleiben. Es kann zu Schwindel oder Kopfschmerzen bedingt durch einen erhöhten Muskeltonus oder Nervenschädigungen kommen.

Bei starken Verletzungen können neurologische Ausfälle mit Muskelschwäche oder Empfindungsstörungen persistieren.

Ist das Rückenmark stark beschädigt kann eine Querschnittsymptomatik bestehen bleiben. Der Patient ist in diesem Falle abwärts von der Fraktur gelähmt.

Ist ein operativer Eingriff erfolgt, kann es durch die Bildung von Narbengewebe auch später zu neurologischen Ausfällen kommen, sollte das Narbengewebe in die Nähe der Spinalnerven oder des Rückenmarks wuchern.

HWS Fraktur beim Kind

Bei einer HWS Fraktur bei Kindern sollte sofort eine gute Diagnostik erfolgen, um die Fraktur sicher darzustellen und eine sofortige Therapie einzuleiten. Bei neurologischer Beteiligung ist eine schnelle Therapie nötig. Die Heilung von Nervengewebe bei Kindern ist in der Regel noch besser als bei Erwachsenen, eine Prognosestellung ist dennoch schwer.

In der Regel sind bei Kindern heftige Traumata nötig, da die Wirbelsäule noch weicher und flexibler ist, sodass es seltener zu einer Fraktur kommt. Mechanismen die zu einer HWS Fraktur führen können sind beispielsweise Kopfsprünge in flache Gewässer, Auffahrunfälle oder direkte Stürze.

Bei komplizierten Geburten kann es gegebenenfalls zu Verletzungen der HWS des Neugeborenen kommen, allerdings schützt hier ebenfalls die weiche Knochenstruktur. Nervenverletzungen oder der Bruch des Schlüsselbeins sind häufiger.

Fraktur des Dornfortsatzes

In der HWS sind die Dornfortsätze recht prominent. Besonders am 7. Halswirbel (7. Prominenz) ragt der Dornfortsatz weit nach hinten. Bei Stürzen auf den Rücken, kann es zum Bruch des Dornfortsatzes kommen. Wenn nur ein Fragment des Dornfortsatzes abbricht, ist das meist zwar schmerzhaft aber kann konservativ behandelt werden. Die HWS wird dann mit einer Halskrause ruhiggestellt und der Wirbel kann heilen.

Am Dornfortsatz setzen autochtone Muskeln wie auch große Skelettmuskeln an. Wenn mehrere Dornfortsätze brechen, kann es zu einem erheblichen Stabilitätsverlust kommen. In diesem Fall werden die Dornfortsätze operativ fixiert. Anschließend folgt eine Ruhigstellung und eine aufbauende Physiotherapie.
Weitere Informationen finden Sie unter Therapie einer Dornfortsatzfraktur.

Zusammenfassung

HWS Frakturen sind durch ein heftiges Trauma verursacht und können in verschiedene Klassen eingeteilt werden. Wichtig ist die Einteilung in stabile und instabile Brüche. Bei Verletzungen des Rückenmarks besteht immer eine Operationsindikation. Es handelt sich um einen akuten Notfall. Es kann zu einer Querschnittslähmung oder zum Tode kommen.

In der Therapie wird dem Heilungsverlauf entsrpechend vorgegangen. Zu Beginn ist Schmerzlinderung, Ruhigstellung und Förderung der Heilung durch Stoffwechselanregung nötig. Auch Kreislauftraining und Atemtherapie können nötig sein, wenn längerfristige Ruhigstellung besteht. Begleitverletzungen wie ein Schädel Hirntrauma sind häufig und müssen in der Therapie berücksichtigt werden. Im späteren Verlauf wird die Haltung und vor allem die Stabilität der Wirbelsäule durch die autochtone Muskulatur durch kraftextensive aber koordinativ anspruchsvolle Übungen trainiert. Eine HWS Fraktur kann verschiedene Spätfolgen mit sich bringen. Orthopädisch ist hier die HWS Arthrose zu nennen oder auch kompensatorische Instabilitäten mit folgenden Rückenschmerzen in anderen Wirbelsäulenabschnitten. Neurologische Spätfolgen können über Lähmungen oder Sensibilitätsstörungen bis hin zur vollen Querschnittslähmung hin reichen. Bei Kindern ist eine genaue Diagnostik wichtig. In der Regel ist die Wirbelsäule aber noch recht flexibel und bricht seltener. Es ist ein schweres Trauma nötig. Durch die Prominenz der Dornfortsätze ist die HWS prädestiniert für Dornfortsatzfrakturen, die allerdings meist konservativ behandelt werden können.