Hammerzehen

Definition

Hammerzehen - in der Fachsprache auch Hallux malleus (wenn der große Zeh betroffen ist) oder Digitus malleus (wenn der 2. bis 5. Zeh betroffen ist) genannt - sind Deformitäten (Fehlstellungen) eines oder mehrerer Zehen. Sie betreffen eher selten den großen Zeh. Öfter sind der zweite bis vierte Zeh betroffen. Hammerzehen treten häufig zusammen mit anderen Fuß- beziehungsweise Vorfuß-Deformitäten, wie dem Hallux valgus oder dem Spreizfuß auf.
Beim Hammerzeh ist das sogenannte proximale (körpernahe) Interphalangealgelenk (PIP), das sich zwischen dem ersten und zweiten Zehenknochen befindet, stark gebeugt. Oft findet sich auf diesem auch eine rote Schwiele. Das distale (körperferne) Interphalangealgelenk (DIP), zwischen zweitem und dritte Zehenknochen ist stark überstreckt. Wenn es wie das PIP gebeugt ist, handelt es sich um einen Krallenzeh. Das Grundgelenk ist oft auch stark überstreckt.

Ursachen

Die Hammerzehe ist nur sehr selten angeboren. Häufig sind andere schon davor bestehende Fehlstellungen, wie der Spreiz-, Knick-, oder der Plattfuß sowie auch der Hallux valgus ursächlich. Des Weiteren sind ein zu enges Schuhwerk oder generell ungeeignetes Schuhwerk zu den Ursachen zu zählen. Ungeeignet sind zum Beispiel hohe Absätze oder sehr spitz zulaufende Schuhe.
Zudem können auch neuromuskuläre Erkrankungen wie zum Beispiel spastische (verkrampfte) Lähmungen oder rheumatische Erkrankungen durch ihre nachhaltigen Veränderung am Muskel oder Gelenk die Entstehung von Hammerzehen begünstigen. 
All diesen aufgezählten Ursachen liegt letztendlich zu Grunde, dass in irgendeiner Form eine Disbalance zwischen der intrinsischen (Muskeln, die am Fuß selber entspringen und ansetzen) und extrinsischen (Muskeln, die außerhalb des Fußes entspringen und am Fuß ansetzen) Fußmuskulatur entsteht. Oft sind beteiligte Muskeln verkümmert, wodurch ihr Gegenspieler zu stark wird.

Zu den anderen Fußfehlstellungen können Sie in folgenden Artikeln Genaueres erfahren:
-,,Hallux valgus"
-,,Hallux rigidus- Übungen", ,,Hallux rigidus -Bilder"
-,,Krallenzehen"
-,,Knick-Senk-Spreizfuß"
-,,Haglundferse"

Symptome

  • Lange schmerzlos und ohne Gangproblematik
  • Oft ästhetische Problematik
  • Druckstellen auf dem Rücken des betroffenen Zehs
    • Rot, verhornt
    • Schmerzhaft, bis dahin, dass normales Schuhwerk nicht mehr tragbar ist 
  • Fehlstellung kann andere Zehen beeinflussen
    • Entwickeln von weiteren Fehlstellungen
    • An Berührungspunkten: Schwielen, Rötungen
    • Im schlimmsten Fall können sie am Grundgelenk ausrenken
  • Stärke der Symptome ist nicht mit dem Grad der Fehlstellung gleich zu setzen
    • Sehr individuelle Ausprägung

Diagnose

In der Regel handelt es sich bei der Diagnosestellung der Hammerzehe um eine sogenannte Blickdiagnose. Dabei reicht das typische Erscheinungsbild der Hammerzehe bereits aus - klagt der Patient dann noch über die üblichen Beschwerden, wird die Diagnose eindeutig.
Die körperliche Untersuchung dient zur Feststellung des Schweregrads beziehungsweise der Ausprägung des Hammerzehs. Sie sollte sowohl im Sitzen als auch im Stehen unter Belastung erfolgen. Durch das Bewegen der einzelnen Zehengelenke kann der untersuchende Arzt ermitteln, inwieweit der Zeh noch flexibel oder schon kontraktiert (nicht mehr beweglich) ist. In der Regel wird der sogenannte Push-up-Test angewendet. Dabei drückt der Arzt von der Fußsohle aus gegen das Grundgelenk. Wenn er dadurch die Beugung ausgleichen kann, ist die Hammerzehe noch flexibel. Es folgt in der Regel eine Untersuchung des Gangbilds, um eventuelle Schon- und Fehlhaltungen zu erkennen.
Diese Unterscheidung zwischen noch flexibel und kontraktiert, sowie die Feststellung des individuellen Leidensdrucks und die Differenzierung eventueller weiterer Fehlstellungen und Ursachen sind für den darauf folgenden Verlauf der Therapie entscheidend.
Bei einer im Raum stehenden Operation oder auch zum Ausschluss fraglicher Differentialdiagnosen und Feststellung weiterer Fehlstellungen und Nebendiagnosen bietet es sich an, bildgebende Verfahren wie Röntgen, MRT oder Ultraschall hinzuzuziehen.

Bilder: was sieht man im Röntgenbild?

Das Röntgen dient beim Hammerzeh nicht zur Diagnosenstellung, sondern zum Ausschluss oder Detektieren weiterer Erkrankungen des Fußes oder zur Operationsplanung.
Es werden zwei Aufnahmen vom Fuß unter Belastung gemacht. Die Eine nimmt den Fuß in der Draufsicht vom Fußrücken aus auf, die Andere in der Seitenansicht vom großen Zeh aus.
Der Radiologe wird die rheumatoiden Veränderungen am Fuß - insbesondere an den Gelenken - beurteilen. Zu diesen zählen verschmälerte Gelenkspalte und auch sogenannte Osteophyten (Knochenwucherungen am Gelenk). Außerdem werden die Grundgelenke auf eventuelle Fehlstellungen, Ausrenkungen oder Erweiterungen des Gelenkspalts untersucht. Es wird jeweils die Beugung der einzelnen Zehen betrachtet.

Bilder: was sieht man im MRT?

Das MRT dient beim Hammerzeh ebenfalls nicht zur Diagnosenstellung, sondern zum Ausschluss oder Detektieren weiterer Erkrankungen des Fußes oder zur Operationsplanung. Es ist dabei am besten geeignet, das die Knochen umgebende Weichteilgewebe darzustellen, also Muskeln, Sehnen und Fettgewebe. Durch das MRT lassen sich die Gebiete erkennen, die am ehesten zu Komplikationen neigen. In Kombination mit einem Hallux valgus kann zum Beispiel eine Morton Neuralgie entstehen. Diese kann man bei entsprechender Ausprägung im MRT sehen.
Ansonsten sind wie im Röntgen die einzelnen Zehenknochen und deren Fehlstellung zueinander zu sehen.

Bilder: was sieht man im Ultraschall?

Der Ultraschall eignet sich vor allem zur Darstellung der Weichteile im Fuß. Dabei können Sehnen und Muskel auch dynamisch, also in Bewegung untersucht werden. Diese Art der Untersuchung ist im MRT nicht möglich. Im Ultraschall lassen sich neben Gelenkergüssen auch Veränderungen an den Sehnen und Bändern nachweisen. Zudem lassen sich entzündliche Prozesse durch kleine neugebildete Gefäße im entsprechenden Areal im Doppler-Modus erkennen. Der Ultraschall eignet sich nicht zum Darstellen der Knochen, es sind weder Arthrosen noch Fehlstellungen sichtbar.

Therapie

Die Behandlung des Hammerzehs ist von seiner Beweglichkeit abhängig. Solange der Zeh noch flexibel ist, kann konservativ therapiert werden. Wenn eine Kontraktur des Zehs vorliegt, ist in der Regel eine Operation notwendig.
Die konservative Therapie beinhaltet unter anderem das Anpassen des Schuhwerks. Die Schuhe dürfen weder zu eng noch zu schmal im Bereich des Vorfußes sein. Die Schuhe können bei den entsprechenden Fachleuten auch dem Fuß und der speziellen Fragestellung angepasst werden. Zusätzlich können entlastende Orthesen, wie Filzringe oder Vorfuß-Polster angewendet werden. Noch individueller sind verordnete angepasste orthopädische Einlagen, die ähnlich den Filzringen oder den Polstern den Druck auf dem Fuß reduzieren sollen.
Zudem sollte die extrinsische und intrinsiche Fußmuskulatur durch gezielte Übungen trainiert werden und die Haut der Füße durch medizinische Fußpflege gepflegt werden.
Wenn der Leidensdruck und die Beschwerden durch die konservative Therapie nicht behoben werden können und alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, gibt es noch die Möglichkeit zu operieren. Das Grundprinzip der Operation ist die Fehlstellung zu beheben und den betroffenen Zeh zu entlasten.

Übungen

Wie eigentlich bei allen Fehlstellungen im Bereich des Fußes ist auch im Fall des Hammerzehs das beste Training barfuß zu laufen. Es hat vielfältige Vorteile, die nicht nur im ganzheitlichen Training der Fuß- und Wadenmuskulatur bestehen. Es übt darüberhinaus auch die oberflächliche und tiefe Wahrnehmung der Fußsohle. Das Laufen auf verschiedenen Untergründen, wie Gras, gepflastertem Boden und Holzdielen ist eine Möglichkeit dazu. Zudem lässt es sich umkompliziert umsetzen, indem man einfach zu Hause ohne Schuhe und Socken läuft.
Das Training für die Muskulatur kann man durch kleine Übungen noch weiter ausbauen. Zum Beispiel kann man sich vor allem am Anfang einen Griff oder Ähnliches suchen, aus dem sicheren Stand dann in den Zehenstand gehen und wieder langsam absenken. Nach zehn Wiederholungen sollte man eine Pause einlegen.
Eine schöne Übung zum trainieren der Koordination ist das Zehengreifen- auch diese ist barfuß durchzuführen. Dazu sollte man sich einfach auf den Boden oder einen Stuhl setzen und vor sich ein Geschirrhandtuch flach auslagen. Dieses dann zunächst mit einem Fuß zehnmal greifen, anschließend mit dem anderen Fuß die Übung wiederholen.
Sowohl nach dem simplen Barfußlaufen als auch nach den kleinen Kräftigungsübungen werden die Füße und Wade erschöpft sein. Aus diesem Grund sollte langsam begonnen werden und auf erste Erfolge aufgebaut werden. Zur Entspannung kann ein wärmendes oder kühlendes Fußbad dienen.

Es gibt weitere Übungen, die sowohl beim Hammerzeh aber auch im Rahmen von anderen Zehenfehlstellungen hilfreich sein können. Mehr dazu können Sie in folgenden Artikeln nachlesen: ,,Hallux valgus-Übungen/Tapen", ,,Hallux rigidus- Übungen".

Schiene

Hammerzehen treten häufig in Kombination mit einem Hallux valgus auf. Aus diesem Grund sind die meisten Hallux-Schienen schon so ausgelegt, dass sie nicht nur den Hallux wieder in die richtige Position schienen, sondern auch eventuelle Krallenzehen durch so genannte Krallenzehen-Schlaufen/ Schlingen entlasten. Es gibt sowohl alltagstaugliche Schienen, die in den Schuhen getragen werden können, als auch spezielle Nachtschienen. Die Nachtschienen können tagsüber durch weitere Möglichkeiten wie Einlagen oder Polster ergänzt werden. 
Neben Schienen gibt es auch Zügelverbände und Bandagen. Sie sollen den betroffenen Zeh ebenfalls wieder in seine ursprüngliche Position ziehen. Die Zügelverbände werden auch gerne nach operativen Korrekturen an Hammerzehen eingesetzt, um das Ergebnis zu schützen und zu stabilisieren. Er besteht aus Pflasterstreifen, die durch die Art wie sie angelegt werden, mehrere Zehen stabilisieren können.
Generell sollten Einlagen jeweils durch gezieltes Training zur Kräftigung der Fußmuskulatur begleitet werden. Zudem dürfen Schienen keine Druckstellen verursachen, deswegen sollten diese gut angepasst werden und nicht einschneiden. Außerdem muss das Schuhwerk, mit dem sie getragen werden, weit genug sein, am geeignetsten wäre dafür ein offenes Schuhwerk.

Schuhe

Zum Schuhwerk gibt es ein paar generelle Richtlinien, die man im Falle von Hammerzehen beachten sollte. Die Schuhe sollten sehr gut passen und dürfen insbesondere im Bereich des Vorfußes nicht zu eng sein. Noch besser sind offene Schuhe, in denen die Zehen einfach frei liegen können. Bei starken Beschwerden und Schmerzen beim Gehen kann speziell gefertigtes orthopädisches Schuhwerk den Fuß unterstützen. Prinzipiell sollten keine Absätze und zu enge oder spitze Schuhe mehr getragen werden, da diese unter anderem die entsprechende Deformität mitverursachen.
Nach der operativen Therapie sollten in den ersten Wochen postoperativ spezielle Schuhe getragen werden, die im Bereich des Vorfußes besonders viel Platz bieten und weich gepolstert sind. Bei einigen Operationstechniken werden sogenannte Vorfußentlastungsschuhe verordnet, die den Vorfuß von der Gewichtsbelastung befreien, aber trotzdem das Gehen ermöglichen.

Einlagen

Einlagen haben vor allem das Ziel, den Fuß zu stützen und zu stabilisieren. In der Regel wird insbesondere das Gewölbe am Mittelfuß unterstützt. Zusätzlich sollten die Einlagen den anderen Fehlstellungen angepasst werden. So können bei einem zusätzlich vorliegendem Spreizfuß speziell für diesen Zweck gefertigte Spreizfuß-Sohlen verwendet werden.
Genau wie beim Tragen einer Schiene ist auch beim Tragen von Einlagen sehr wichtig, die intrinsiche und extrinsische Fußmuskulatur zu trainieren. Durch den stützenden Effekt der Einlagen verliert die Muskulatur den Anreiz zum Aufbau, was das gezielte Training unabdingbar macht.

Hammerzehenpolster

Hammerzehenpolster dienen in erster Linie der Schmerzreduktion. Sie bestehen aus unterschiedlichen Materialien, wie Leder, Naturkautschuk oder Stoff. Sie polstern von der Unterseite der Zehem aus, sodass diese in eine gestreckten Position liegen. Zudem dienen sie weniger dazu, Fehlstellungen zu korrigieren, wobei es auch Polster gibt, die zusätzlich den betroffenen Zeh schienen. Durch die Polster wird eher eine Druckentlastung erreicht, die die Schmerzen beim Gehen verringern und dies erleichtern.
Die Polster sollten nur in Schuhen mit ausreichendem Platz im Bereich des Vorfußes getragen werden. So vermeidet man Druckstellen und eine zu enge Passform des Schuhwerks. Polster können nachts durch das Tragen korrigierender Schienen und sollten tagsüber durch Training ergänzt werden.

Prognose

Die Prognose für den Behandlungsverlauf bei einer Hammerzeh-Fehlstellung ist von dem Zeitpunkt abhängig, ab dem die Therapie gestartet wurde. Hier ist insbesondere die noch vorhandene Flexibilität des betroffenen Zehs entscheidend. Von ihr ist die Rückgängigkeit der Fehlstellung abhängig. Je früher die Therapie begonnen wird, desto besser die Prognose. Grundsätzlich kann man bei Hammerzehen von einer guten Prognose ausgehen. 
Im Rahmen der konservativen Therapie ist deren Erfolg von dem Ansprechen auf die Zehen-Gymnastik und der weiteren Hilfsmittel, wie Einlagen, Polster oder Ähnliches abhängig. Zudem sollten Risikofaktoren, wie zu enge oder hohe Schuhe generell in Zukunft vermieden werden. Gleiches gilt für die Nachbehandlung nach der operativen Therapie, die oft im Fall von kontraktierten Hammerzehen oder nach einer erfolglosen konservativen Therapie eingeleitet wird.
Zur Zeit geht man von einer Rückfall-Quote von circa zehn Prozent nach erfolgreichem Beenden der Therapie aus. Aus diesem Grund bietet es sich an, bestimmte Übungen weiterhin fortzuführen.

OP

Im Rahmen der operativen Therapie gibt es zwei geläufige Möglichkeiten. Die Operation zur Sehnenverlagerung ist jedoch nur bei flexiblen Hammerzehen anwendbar. Da die starke Beugung im PIP (körpernahes Interphalangealgelenk) in der Regel durch eine verkürzte Strecksehne am Fußrücken entsteht, wird die betreffende Sehen durch den Operateur versetzt. Dadurch lässt sich der Zug auf das PIP und die Knochen verringern. Im Zuge dessen wird häufig auch noch eine Beugesehen an der Fußunterseite leicht verlängert. 
Im Falle des kontraktierten Hammerzehs bietet sich die Operation nach Hohmann an. Es handelt sich um eine Gelenkrekonstruktion an, dabei wird ein kleines Stück Knochen des ersten Zehenknochens am PIP entfernt. So wird der Zeh begradigt und druckentlastet. Im gestreckten Zustand kann der Zeh durch einen Draht stabilisiert werden.

Wie lange krank nach einer OP?

Die Dauer nach der Operation, in der nicht belastet werden darf, ist individuell unterschiedlich. Sie hängt von der Größe des Eingriffs und dessen Art ab. Direkt nach der Operation sollte der Fuß generell viel hochgelegt werden und gekühlt werden. Nach der Operation nach Hohmann (Gelenkrekonstruktion-OP) darf in der Regel nach zwei Wochen wieder mit leichter Belastung begonnen werden. Sie sollte mit professioneller Physiotherapie kombiniert werden.
Insgesamt ist die postoperative Krankheitsphase sehr individuell und hängt insbesondere von der Zeit, in der die Belastung wieder aufgenommen wird, ab.