Hüftfehlstellung

Als Hüftfehlstellung im allgemeinen werden verschiedene anatomische Störungen am Hüftgelenk beschrieben. Zu den gängigsten Krankheitsbildern zählen hier Rotationsfehlstellungen und die Hüftdysplasie. Das Hüftgelenk wird gebildet aus dem Oberschenkelknochen und der Hüftgelenkspfanne. Die Pfanne umschließt den Oberschenkelkopf wie eine Nuss in ihrer Schale, weshalb man von einem sogenannten Nussgelenk spricht. Durch diesen Aufbau wird dem Bein eine große Beweglichkeit in alle Freiheitsgrade im Hüftgelenk ermöglicht. Von einer Hüftdysplasie wird nun gesprochen, wenn die Hüftpfanne den Oberschenkelkopf nicht ausreichend umschließt und ist meist angeboren. Probleme verursacht sie oft erst im Erwachsenenalter und äußert sich durch die unphysiologische Abnutzung als Schmerzen bei Belastung und einer Veränderung des Gangbildes. Auch die Rotationsfelstellungen sind in der Regel angeboren oder entstanden nach einem Knochenbruch und fehlerhaftes Zusammenwachsen der Knochenenden.

 

Ursachen

Wie bereits erwähnt sind Hüftdysplasien angeborene Fehlstellungen. Während dem Wachstum der Knochen im Säuglingsalter kommt es zu Verknöcherungsstörungen der Hüftpfanne, sodass diese nicht ausreichend ausgeprägt ist, dem Gelenk seine Führung zu geben. Je nach Ausprägung der Wachstumsstörung verursacht sie früher oder später Probleme mit frühzeitigem Verschleiß des Gelenks. Rotationsfehlstellungen können durch das Fehlwachstum unter anderem Ursache einer Hüftdysplasie sein oder wie bereits erwähnt nach einem Knochenbruch durch falsches Zusammenwachsen bzw. nicht korrekter Reposition entstanden sein, durch das Einsetzen eines Kunstgelenks oder auch als Folge von ständig andauernder Überlastung.

Physiotherapeutisches Vorgehen

Hüftinnenrotation/Innenrotationsgang inkl. Übungen

Bei geringer Ausprägung der Fehlrotation in der Hüfte kann versucht werden, mittels konservativer Behandlung vorgegangen zu werden. Bei schwerwiegenden Fehlstellungen muss jedoch eine Operation in Betracht gezogen werden, um Folgeschäden zu vermeiden. Da es sich um eine knöchern strukturelle Fehlstellung handelt, können mit konventionellen Therapiemaßnahmen nur begrenzt Erfolge erzielt werden. Wichtig ist, dass der Patient aktiv Mitarbeitet und auch zuhause Übungen regelmäßig durchführt.

Bei Hüftfehlstellungen ist es nun wichtig, dass ein stabiles Muskelskelett rund um das Gelenk aufgebaut und aufrecht erhalten wird – Übungen müssen also kontinuierlich fortgeführt werden. Die fehlende knöcherne Führung wird im Grunde durch Muskelkraft ersetzt. Auch Dehnübungen müssen regelmäßig durchgeführt werden, um durch die Fehlstellung entstandene muskuläre Dysbalancen auszugleichen. In unserem Fall besteht nun eine Hüftinnenrotationsfehlstellung.

Dieses Gangbild hat im angeborenen Fall meist eine zu weit nach vorn gedrehte Hüftgelenkspfanne zur Ursache. Resultat sind nach innen gedrehte Beine. Folglich müssen in der aktiven Physiotherapie Übungen durchgeführt werden, welche die Außenrotatoren kräftigen. Was sich beispielsweise gut eignet, um dreidimensional zu kräftigen unter Einbezug der gesamten Muskelkette ist das PNF-Konzept (Propropzeptive Neuromuskuläre Fazilitation). Hier wird einfach ein Muster mit Auswärtsdrehung des Beines gewählt, auf welche intensiver eingegangen werden kann. Zunächst wird passiv bewegt, dann aktiv und schließlich mit manuellen Widerständen zur kontrollierten Kräftigung.

Erfahren Sie mehr zu: Propropzeptive Neuromuskuläre Fazilitation (PNF-Konzept)

Hüftaußenrotation/Außenrotationsgang inkl. Übungen

Gleiches Vorgehen gilt für die Außenrotationsfehlstellung oder den Außenrotationsgang. Hier müssen nun im Gegensatz die Einwärtsdreher gekräftigt werden und die Auswärtsdreher gedehnt und gelockert. Hierzu wählt der Therapeut ein anderes PNF-Muster, welches vermehrt auf die Eindrehung eingeht. So können die betroffenen Strukturen gleichzeitig mobil gehalten und gekräftigt werden.

Für die Eigen- und Heimübung lassen sich Therabänder zur Kräftigung hinzuziehen. Generell für ein grades Beinachsentraining lassen sich gängige Kräftigungsübungen mithilfe eines Spiegels durchführen, wie die Beinpresse, Kniebeugen, usw., wobei sie lediglich vermehrt darauf achten, dass sich Sprunggelenk, Knie und Hüftgelenk in genau einer Linie befinden und auch die Zehen grade nach vorn/oben (je nach Übung) ausgerichtet sind.

Lesen Sie mehr zum Thema: Krankengymnastik bei Hüftdysplasie

Weitere Übungen zur Kräftigung der Hüftmuskulatur finden Sie hier:  Physiotherapie bei Hüftschmerzen

Physiotherapie

Physiotherapie allein ist bei Hüftfehlstellungen nur bis zu einem gewissen Punkt erfolgreich. Handelt es sich um ein knöchernes Fehlwachstum kann massiert, trainiert und gedehnt werden, Knochen lassen sich nicht verbiegen. Jedoch können Symptome gelindert werden, wie die Lockerung verspannter Muskeln und Eindämmung der Fehlhaltung und ihrer Folgen durch den Aufbau einer stabilen Körperhaltung und Gangschulen. Auch das Gelenk an sich kann mit Manuellen Techniken entlastet werden, wie die Traktion (sanfter Zug) oder passive Bewegung welche ebenfalls spannungssenkend wirken können.

Im Endeffekt muss jede therapeutische Maßnahme individuell auf den Patienten abgestimmt werden und gemeinsam herausgefiltert werden, was sinnvoll und hilfreich ist. Bei einer zu starken Fehlstellungen sollte jedoch nicht zu spät eine Operation in Betracht gezogen werden, da nicht vermieden werden kann, dass das Gelenk vorzeitig abgenutzt wird, was zu Arthrose mit sehr schmerzhaften Bewegungseinschränkungen führt. Auch die Operation wird mit Physiotherapie vorbereitet und die Regeneration durch ähnliche Maßnahmen wie während der konservativen Therapie unterstützt.

Alternativ können Sie hier mehr erfahren:

Hüftdysplasie

Bei einer Hüftdysplasie besteht durch die mangelnde Ausprägung der Hüftpfanne bei Bewegung die Gefahr einer Luxation (Ausrenkung). Der Oberschenkelkopf gleitet aus der Pfanne und verhakt in einer schmerzhaft unbeweglichen Position. Um dies zu vermeiden ist hier das Zauberwort, Kraft aufzubauen. Ein stabiles Muskelkorsett hält die Strukturen an Ort und Stelle und sichert sie Bewegung. In der Physiotherapie muss individuell getestet werden, welche Muskeln verkürzt und welche zu schwach sind, um diese Dysbalancen auszugleichen. Empfohlen wird jedoch, alle Muskelgruppen mitzutrainieren und auch diese Stabilität über die Zeit aufrecht zu erhalten. Denn im Körper gilt: was nicht gebraucht wird, wird abgebaut - was trainiert wird, wird aufgebaut.

Eingegangen wird hier auf die kräftigen Gesäßmuskulatur, welche ausschlaggebend für eine stabile Beckenhaltung ist. Sie lässt sich zum Beispiel stärken durch Ausfallschritte oder den rechtwinkligen Wandsitz. Eine weitere Übung, welche generell gut für die Körperstabilisation ist, ist das Bridging unter Erschwerung eines Pezziballs. Bridging wird zunächst auf dem Boden in Rückenlage durchgeführt. Die Fersen werden hüftbreit aufgestellt, der untere Rücken auf den Boden gepresst, die Gesäßmuskulatur angespannt und das Becken langsam vom Boden abgehoben. Bei sicherer Durchführung kann dies nun mit einem Pezziball (großer Gymnastikball) durchgeführt werden, was es noch erschwert, die Balance zu halten und somit noch mehr umliegende Muskeln ins Training einbezieht.

Es wird dieselbe Ausgangsstellung eingenommen, jedoch werden die Füße nun nicht auf dem Boden aufgestellt sondern auf dem Pezziball. Mit Konzentration, Kraft und Balance bringen Sie nun wieder das Becken in die Höhe, ohne den Ball wegrollen zu lassen oder zur Seite zu kippen. Der Oberkörper und die Oberschenkel sollen eine Diagonale bilden. Wer es noch intensiver haben möchte, kann nun zusätzlich versuchen, ein Bein abzuheben und nach vorn auszustrecken.

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Hüftdysplasie bei Kindern

Der zuerst genannte Innenrotationsgang ist bei Kindern in der Entwicklung noch nicht problematisch, da Knochen noch wachsen und Strukturen sich erst mit der Zeit verfestigen, wie auch die korrekten Winkelstellungen in unseren Gelenken. Bis dies geschehen ist, kann es schon mal auftreten, dass ein Kind mit einwärts gedrehten Beinen umherläuft. Ist dies allerdings später noch weiterhin der Fall, liegt wahrscheinlich eine Hüftfehlstellung durch knöchernes Fehlwachstum vor. Um bereits früh eingreifen zu können und Spätfolgen vorzubeugen, lassen Sie die Hüfte schon frühzeitig mittels Ultraschalluntersuchungen testen. Bei Kindern ist es wichtig Übungen spielerisch durchzuführen. Im Grunde werden dieselben Muskeln gekräftigt und Bewegungen im physiologischen Sinne trainiert, jedoch sollen sie Spaß an der Bewegung haben, um die Übungen auch in Zukunft selbst durchzuführen und nicht nach wenigen Wiederholungen das Interesse zu verlieren.

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Angeborene Hüftdysplasie

Bei angeborenen und erkannten Hüftfehlstellungen können verschiedenen Maßnahmen ergriffen werden, die Säuglingshüfte frühzeitig zu behandeln. Eine gängige Methode ist die Gipsanlage in einer bestimmten Stellung, welche für einige Wochen beibehalten wird, um die Knochen zu forcieren, in dieser Stellung zu verknöchern. Liegt bereits beim Baby eine Ausrenkung des Hüftkopfes aus dem Gelenk vor, kann es hier schon im jungen Alter zur Operation kommen. Ansonsten werden speziell auf Babys angepasste Therapie-Konzepte angewandt, wie Vojta und Bobath, um die beiden bekanntesten zu nennen.

Lesen Sie hier mehr zu den Therapie-Konzepten: Krankengymnastik nach Vojta oder Krankengymnastik nach Bobath

Weitere Maßnahmen

Neben den aktiven Übungen in der Physiotherapie stehen verschiedene passive Maßnahmen zur Verfügung, um Strukturen zu entlasten und Beschwerden zu lindern. Hierzu zählen Wärmeanwendungen zur Muskelentspannungen, Massagen und Faszientechniken für die tiefe Gewebslockerung, Elektrotherapie und Tapeanlagen, um nur einige Möglichkeiten aufzuzählen.

Zusammenfassung

Hüftfehlstellungen sind verschiedene Wachstumsstörungen am Hüftgelenk, entweder angeboren oder erworben, mit Auswirkung auf Beweglichkeit und das Gangbild mit je nach Ausprägung schwerwiegenden Folgen im Laufe des Lebens, da sich das Gelenk, bzw. der Gelenkknorpel uneben und zu schnell abnutzt. Bis zu einem gewissen Punkt kann konventionell mit physiotherapeutischen Übungen behandelt werden, um ein stabiles Muskelskelett aufzubauen und durch die Fehlhaltung verspannte Muskeln zu lösen. Da es sich jedoch um eine knöcherne strukturell manifestierte Fehlstellung handelt, muss ab einem bestimmten Grad eine Operation in Betracht gezogen werden. Wichtig ist, bereits Kinder im frühen Alter mit verdacht auf eine Hüftfehlstellung untersuchen zu lassen und frühzeitig eingreifen zu können und so die Auswirkungen in Schach zu halten.