Von einem Trauma der Halswirbelsäule wird gesprochen, wenn durch einen Unfall starke Kräfte auf die Halswirbelsäule eingewirkt haben. Die Folgen des Traumas sind unterschiedlich. Leichte Traumata äußern sich in leichten bis mittleren Schmerzen- und Verspannungen des Schulter-Nackenbereichs, sowie in vorübergehenden schmerzhaften Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule. In schwereren Fällen treten dazu neurologischen Symptome wie Übelkeit und Schwindel auf. Bei stärksten Traumata können zusätzlich Desorientiertheit und Ausfallerscheinungen im Gesicht und Armen auftreten. Kommt es beim starken Trauma zum Knochenbruch, kann es zu Verletzungen des Rückenmarks kommen und damit zum Tod (durch „Genickbruch“) führen.
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Leichte Traumata ohne strukturelle Verletzungen heilen in der Regel von selbst innerhalb weniger Tage bis Wochen ab. Um die Muskulatur zu entspannen kann der Betroffene sich selbst mit Wärme behandeln und Übungen durchführen, die die Beweglichkeit wieder verbessern sollen. Zusätzlich können bei Bedarf Schmerzmittel (NSAR wie Ibuprofen, Diclofenac,…) eingenommen werden. Wenn sich durch das Trauma ein muskulärer Hartspann gebildet hat, den der Betroffene alleine nicht unter Kontrolle bekommt sollte der Arzt ein Rezept für Physiotherapie ausstellen. Inhalt der physiotherapeutischen Behandlung wird zunächst die Wiederherstellung der normalen Muskelspannung sein (Erreichen eines Normtonus). Dafür wird der Physiotherapeut zunächst manuelle Techniken, Massagetechniken und Dehnungen anwenden um die Muskelspannung zu normalisieren und die eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule zu verbessern. Um den Verbesserten Zustand dauerhaft zu erhalten wird der Patient ein krankengymnastisches Übungsprogramm durchführen müssen. Nach einem Schleudertrauma kommt es meist zu einer Schonhaltung, die auch umliegende Muskulatur beeinflusst, die ursprünglich vom Trauma nicht betroffen war. Spezifisches Training hat das Ziel eine korrekte Haltung zu erlangen und die Halswirbelsäule zu stabilisieren.
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Übungen sollten dann ausgeführt werden, wenn von ärztlicher Seite ausgeschlossen ist, dass Verletzungen von Strukturen der Halswirbelsäule vorliegen. Sind keine Verletzungen vorhanden, können folgende Übungen helfen, die Beweglichkeit zu verbessern und Schmerzen zu lindern:
WICHTIG für alle folgenden Übungen: Tasten Sie sich langsam an Ihren Schmerz heran und bewegen Sie nicht zu stark in den Schmerz hinein. Nach allen Übungen bewegen Sie den Kopf locker im schmerzfreien Bereich (über die Schultern schauen, Kopf zur Seite neigen).
Rotation rechts/ links: Drehen Sie den Kopf zur Seite um über Ihre Schulter zu schauen. Am Ende der Bewegung legen Sie die gleichseitige Hand an Ihre Schläfe und bauen Druck gegeneinander aus. Halten Sie 5 Sekunden, lösen den Druck durch die Hand und versuchen den Kopf ein Stück weiter zu drehen. Wiederholen Sie die Übung 3 mal.
Dehnung Seitneigung: Neigen Sie den Kopf zur Seite- dabei nähert sich das Ohr der Schulter an. Die gegenüberliegende Schulter bleibt tief. Wenn Sie ein Ziehen der seitlichen Nackenmuskulatur spüren halten Sie die Dehnung für 20 Sekunden. Wiederholen Sie die Übung 3 mal.
Dehnung kurze Nackenmuskeln: Aufrechte Haltung. Lassen Sie ihr Kinn in Richtung Brustbein sinken. Wenn Sie ein Ziehen im hinteren Nacken spüren halten Sie die Dehnung für 20 Sekunden. Wiederholen Sie die Übung 3 mal.
Sollte bei einer Übung Schwindel/ Übelkeit, Seh- oder Sprachstörungen auftreten, beenden Sie die Übung sofort und suchen Sie bei weiterbestehender Problematik Ihren Arzt auf!
Weitere Übungen erhalten Sie in dem Artikel HWS Distorsion
Ursachen für ein Trauma der Halswirbelsäule sind meist sogenannte Hochrasanztraumata. Zumeist handelt es sich dabei um Unfälle, bei denen der Körper aus einer hohen Geschwindigkeit heraus abrupt abgebremst wird. Am häufigsten kommt das „Schleudertrauma“ vor, welches im Straßenverkehr durch Auffahrunfälle zustande kommt. Das physikalische Trägheitsgesetz sorgt dafür, dass der Kopf des Autofahrers zuerst in Fahrtrichtung beschleunigt wird, dann abrupt abgebremst wird und entgegen der Fahrtrichtung nach hinten „geschleudert“ wird (Beschleunigungs-Bremsmechanismus). Fehlt hierbei die Kopfstütze um die Bewegung zu stoppen ist die Gefahr dabei große Schäden zu erleiden enorm. Außer beim Autofahren sind Sportarten wie Radfahren, Ski- und Snowboardfahren, Reiten, Kampfsport und Motorradfahren mit entsprechenden Risiken für das erleiden eines HWS Traumas verbunden.
Weitere Informationen dazu finden Sie in dem Artikel Physiotherapie bei einem Schleudertrauma
Die Symptome können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. In jedem Fall kommt es durch das Trauma zu einer reflektorischen Verspannung der Muskulatur. Im Moment des Unfalls baut die Muskulatur sofort eine Schutzspannung auf, die sich in schmerzhaften Verspannungen äußert. Die Muskulatur im Schulter-Nackenbereich fühlt sich dadurch fest und empfindlich an. Dadurch kann es zusätzlich zu Bewegungseinschränkungen kommen- der Kopf kann nicht mehr gut gedreht- und seitlich geneigt werden. In schwerwiegenden Fällen kann es zu Durchblutungsstörungen oder Störungen des Nervensystems kommen. In diesen Fällen können neben Schmerzen folgende Symptome auftreten: Übelkeit, Schwindel, Hör- und Sehstörungen, Desorientiertheit und Störungen des Gleichgewichts.
Nach einem Trauma der Halswirbelsäule muss zunächst ausgeschlossen werden, dass Verletzungen von Bändern, Nerven, Blutgefäßen, Bandscheiben oder Facettengelenken der Wirbelsäule vorliegen. Ist der Verunfallte ansprechbar wird der Arzt einige Fragen stellen um festzustellen, ob der Betroffene orientiert ist. Er wird nach Ausschluss von knöchernen Verletzungen die Beweglichkeit testen und fragen welche Beschwerden angegeben werden. Bei Verdacht auf Verletzungen werden bildgebende Verfahren angewendet. Die knöchernen Strukturen können durch Röntgenaufnahmen von vorne und von der Seite gut dargestellt werden. Gegebenenfalls kommt auch die Untersuchung mittels Magnetresonanztomografie (MRT) zum Einsatz, um Weichteile (Muskeln, Bänder, Blutgefäße, Nervengewebe) beurteilen zu können.
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Nach einem schweren akuten Trauma ist meist der Rettungsdienst vor Ort und wird den betroffenen mit einer Halskrause versehen um die Halswirbelsäule für einen Transport ins Krankenhaus zu stabilisieren. Dort werden alle nötigen Untersuchungen durchgeführt. Gegebenenfalls wird der Betroffene zur Beobachtung im Krankenhaus behalten. Sind keine neurologischen Symptome vorhanden und alle weiteren Untersuchungen unauffällig steht einer Entlassung nichts im Wege. Manchmal treten Symptome erst nach einigen Tagen oder sogar Wochen auf. Sollten Sie ein Trauma erlitten haben und Symptome treten erst nach wenigen Tagen oder Wochen auf, werden Sie beim Arzt vorstellig um alle nötigen Untersuchungen vornehmen zu lassen.
Die Dauer der Heilung ist sehr unterschiedlich und hängt zum einen davon ab, wie stark das Trauma war und zum anderen davon, in welcher psychosozialen Situation sich der Betroffene befindet. Ein leichtes Trauma, bei dem sich der Betroffene für einige Tage auskurieren kann und ein Eigenübungsprogramm durchführt wird nach etwa zwei Wochen keine weiteren Beschwerden verursachen. War das Trauma stärker oder hat der Betroffene keine Möglichkeit sich entsprechend auszukurieren (direkt wieder zur Arbeit, Kinderbetreuung o.ä.) können die Beschwerden über weitere Wochen bleiben. Studien haben gezeigt, dass soziale und psychische Belastungen die Heilung immens verzögern können und sogar zur Chronifizierung der Schmerzen führen. Von Chronifizierung wird gesprochen, wenn Beschwerden über sechs Monaten nach dem Trauma noch immer bestehen.
Ein leichtes Trauma der Halswirbelsäule heilt in der Regel ohne aufwändige Behandlung folgenlos ab. Bei schwerwiegenden Traumata kann es zu dauerhaften Beschwerden wie Schmerzchronifizierung, Instabilitäten oder sogar schmerzbedingter Arbeitsunfähigkeit kommen.