Rückbildungsgymnastik

Eine Schwangerschaft dauert im besten Falle 40 Wochen damit das Kind komplett entwickelt auf die Welt kommen kann. Ein Wunder der Natur, allerdings verändert sich einiges im Körper einer Frau. Neben den hormonellen Veränderungen und dementsprechenden Symptome in der Frühschwangerschaft wie Übelkeit, Erbrechen, starke Stimmungsschwankungen, Heißhungerattacken, extreme Müdigkeit und vermehrte Infektanfälligkeit, kommen im weiteren Verlauf der Schwangerschaft extreme körperliche Veränderung hinzu.

Einleitung

Das Kind hat bei der Geburt ein Gewicht von ca. 2800-3700g und eine Körpergröße von 48-56cm, dafür braucht es eine Menge Platz in der Gebärmutter. Die Gebärmutter dehnt sich dementsprechend aus, bildet sich aber mit Hilfe der Rückbildungsgymnastik wieder auf die normale Größe zurück. Jedoch ist es wichtig zu wissen, dass jede Schwangerschaft natürlich eine Auswirkung auf das Gewebe der Gebärmutter aber auch auf die Elastizität der Gebärmutterumfassenden-Bändern, die Blase und auf den Beckenboden hat. Der Beckenboden sorgt dafür, dass der Mensch in der Lage ist den Urin zu halten und selbst zu entscheiden, wann er abgegeben wird (Kontinenz). Ebenso werden die Organe im kleinen Becken dadurch an der richtigen Position fixiert um die physiologische Funktion zu gewährleisten.

Daher ist es wichtig auch bereits nach der ersten Schwangerschaft eine ordentliche Rückbildungsgymnastik durchzuführen und anschließend regelmäßige Beckenbodengymnastik zu machen. Neben der Veränderungen im Körper zeigen sich auch auf der Haut Spuren der Schwangerschaft. Im Bereich des Bauchs, Beine oder Brüste lassen sich häufig Streifen erkennen, die aufgrund der großen Volumenzunahme entstehen. Auch so genannte Striae, ein Streifen von der Symphyse entlang der Rektusdiastase entstehen bei einer Schwangerschaft. Alle Symptome sind normal und wichtig für die gute Entwicklung des Kindes. Je nach Krankenhaus wird einen Tag nach der Geburt mit der Rückbildungsgymnastik angefangen. Bei einem Kaiserschnitt verschiebt sich alles um einen Tag.

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Der Beckenboden

Generell ist es bei einer natürlichen Geburt wichtig zu wissen, ob ein Dammriss vorliegt, da dies die Therapie aufgrund der extremen Schmerzen negativ beeinflusst. Bevor mit der Rückbildungsgymnastik angefangen wird ist eine Aufklärung enorm wichtig. Viele Frauen wissen bis dahin gar nicht, wie der Beckenboden aufgebaut ist und vor allem wie wichtig dieser ist. Anschaulich lässt sich der Beckenboden als ein Dreischichtsystem erklären, welches, wie eine Filtertüte, im kleinen Becken sitzt und eine Schutz-und Haltefunktion hat. Diese 3 Schichten liegen übereinander und lassen sich durch unterschiedliche Übungen aktivieren. Die Anspannung erfolgt über das Zusammenziehen der Sitzbeinhöcker, ohne Spannung der Gesäßmuskulatur zu erreichen, das Vorstellen vom Aufpicken eines Kirschkerns und das auseinanderziehen einer Slipeinlage.

Der Mutter sollte deutlich gemacht werden, dass ein Vermeiden der Rückbildungsgymnastik langfristig gesehen schwerwiegende Probleme bereiten kann. Zudem wird der Patientin zu allgemeinen Verhaltensregeln geraten, dazu gehören: Hinlegen und aufsetzen über die Seite rollend, dabei ausatmen, beim Husten und Niesen den Kopf zu Seite drehen um den Druck auf den Beckenboden zu reduzieren. Beim Toilettengang nicht pressen, beim großen Geschäft den unteren Rücken eher rund halten, beim Urin lassen den Rücken eher aufrecht halten. Generell auf eine aufrechte Körperhaltung achten. Beim Bücken auf einen rückengerechten Vorgang achten und dabei ausatmen. Enge Kleidung vermeiden, um den Druck auf den Bauch zu reduzieren.

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Übungen im Wochenbett: ab wann/bis wann

Wichtig ist vor Beginn der Therapie noch zu wissen, dass aufgrund der Geburt, das Gefühl für den Beckenboden zu Beginn noch sehr schlecht ist, was aber Tag für Tag wieder besser wird.

1.Tag- 2.Tag nach der Geburt:

  • Am ersten Tag wird der Beckenboden wahrgenommen. Das kann eventuell etwas schwieriger sein, da aufgrund einer Narkose das Gefühl noch nicht komplett zurückgekehrt ist. Die Patientin liegt auf dem Rücken, stellt die Beine an und atmet bewusst in den Bauch ein. Dabei bewegt sich das Zwerchfell mit nach unten und bei der Ausatmung bewegt es sich wieder mit hoch. Das Zwerchfell steht bei der Atmung im direkten Kontakt mit dem Beckenboden, beide bewegen in die selbe Richtung.
     
  • Um den Beckenboden besser wahrzunehmen kippt die Patienten bei der Ausatmung das Becken nach hinten, d.h. den Rücken richtig platt auf den Boden drücken. Bei der nächsten Einatmung dann die Spannung wieder lösen. Durch die lange Schwangerschaft und wahrscheinlich wenig Bewegung in dieser Zeit ist die Kombination der Bewegung zu Beginn eine koordinative Herausforderung, wird aber schnell einfacher.
     
  • Um die Beckenbodenspannung zu verstärken soll die Patientin sich vorstellen, sie ziehe eine Blüte nach innen.Wenn die Patientin alle Schritte gut umsetzen kann, ist das Ziel, alle Übungen zu Kombinieren um eine bestmögliche Beckenbodenspannung zu erreichen und somit die Rückbildung anzuregen.

2.-3.Tag:

  • Am 2. Tag der Behandlung werden die Übungen nochmal wiederholt und kontrolliert, ob die Patientin die Spannung gut aufbauen kann. Als Steigerung für die Übungen vom Vortag verschränkt die Patientin die Arme und lässt diese im 90° Winkel eingestellt, als ob man diese imaginär auf einem Tisch ablegen würde. Bei der Ausatmung wird nun zusätzlich zu der Beckenkippung und der Beckenbodenanspannung Druck der Arme aufgebaut, als würde man auf die imaginäre Wand drücken. Dieser Druckaufbau unterstützt die Bauchmuskelaktivität vermehrt.

3.-4. Tag:

  • Nachdem wieder beide Übungen der Vortage wiederholt wurden, wird jetzt eine Übung in der Seitenlage begonnen. Die Knie werden leicht angewinkelt. Die Patientin atmet tief in den Bauch ein und bei der Ausatmung wird das Becken gekippt und der Beckenboden angespannt.

4.-5. Tag:

  • Als Steigerung vom Vortag wird die Faust des obenliegenden Arms vor dem Körper aufgestellt. Die Atmung erfolgt, wie oben und bei der Ausatmung wird zudem Druck über die Faust in die Unterlage aufgebaut. Das verstärkt die Bauchmuskelaktivität.

Verhaltensregeln/Dauer

Diese ersten Übungen dienen vor allem der Aktivierung der Uterusrückbildung, der Aktivierung des Wochenflusses und der Durchblutungsanregung im Beckenbodenbereich. Die Übungen sollten am Besten nach dem Stillen durchgeführt werden. Beim Stillen wird das Hormon Oxytocin ausgeschüttet, was für die Rückbildung der Gebärmutter verantwortlich ist. Diesen Vorgang der Rückbildung kann man mit den entsprechenden Übungen zusätzlich verstärken. Von Tag zu Tag bemerkt man eine Senkung der Gebärmutter zur normalen Größe zurück, was anhand einer Tastuntersuchung am Bauch nachvollzogen werden kann. Falls der Vorgang verzögert abläuft, bietet sich eine therapeutische Bauchlage an, in der sich die Patientin stehender weise mit dem Bauch auf das Bett ablegt, sodass der Bauch etwas mehr Druck bekommt. Bei einem größerem Abstand von mehr als 2 Querfinger der Rektusdiastase (der Bereich zwischen den geraden Bauchmuskeln) kann unterstützend eine Bauchbandage verwendet werden, die bei der Rückbildung der Gebärmutter aber auch beim Rückgang des Bauchumfangs hilft.

Das Wochenbett dauert 6 Wochen und ist mit einhergehenden Wochenfluss und der starken Rückbildung der Gebärmutter gekennzeichnet. Der Wochenfluss ist hochinfektiös und teilt sich in mehrere Phasen auf. In dieser Zeit sollte die Mutter besonders auf die eigene Hygiene achten, damit es nicht, ausgelöst durch den Wochenfluss, zu Brustwarzenentzündungen oder andere Entzündungen kommen kann. Im Zeitraum dieser 6 Wochen sollte sich nur an den oben gezeigten Plan gehalten werden und stärke Bauchmuskelübungen vermieden werden. Auch Joggen, Schwimmen und andere gewohnten Sportarten sollten erst nach Abschluss des Wochenbetts wieder aufgenommen werden und vor allem mit dem behandelnden Gynäkologen abgeklärt werden.

Nach dem Wochenbett sollte im besten Falle ein Rückbildungskurs durchgeführt werden, der wird häufig von Hebammen angeboten und dauert 1-2 Monate. Die Mutter lernt dabei erweiterte Bauch und Beckenbodenübungen, die sie zu Hause durchführen sollte.

Übungen in der Rückbildungsgymnastik

Lockerungsübungen für die LWS, ISG und Hüfte (vor allem nach der Schwangerschaft besonders entspannend)

  • Rückenlage: Beine angestellt und nach rechts und links kippen
  • Rückenlage: Becken abheben und Wirbel für Wirbel wieder ablegen
  • Rückenlage: Knie zueinander drehen und wieder auseinander rollen

Vierfüßlerstand:

  • Beckenboden bei der Ausatmung anspannen (s.o.)
  • Mit Hand und gegenüberliegenden Knie in den Boden drücken und Beckenbodenspannung aufbauen
  • Brustwirbelsäule zu Decke schieben und danach durchhängen lassen

Bridging:
Rückenlage, Arme neben den Körper abgelegt, Schulterblätter zusammenziehen, LWS fest auf der Unterlage ablegen, Becken anheben (Brücke bauen), Beckenboden anspannen

Gerade und schräge Crunches:
Hände über die Oberschenkel Richtung Knie schieben, seitlich an den Beinen vorbeischieben

Kniebeugen und Ausfallschritte

Alle Übungen sollten moderat durchgeführt werden und sind komplett individuell zu gestalten und abzuwandeln. Bevor die Rückbildungsgymnastik durchgeführt wird, sollte mit dem Arzt Rücksprache gehalten werden.

Durchführung der Übungen mit dem Baby

Generell ist es wichtig eine Tagesroutine mit dem Baby zu bekommen. Natürlich ist zu Beginn alles neu und ungewohnt, jedoch darf die Mutter sich selbst nicht vergessen. Die Funktion des Beckenbodens ist enorm wichtig für die Zukunft. Für den Fall einer weiteren Kinderplanung, was wiederum extreme Belastung für den Beckenboden bedeutet, ist es daher besonders wichtig eine gute, ausführliche Rückbildungsgymnastik durchzuführen. Bei einer schlechten Beckenbodenanspannung kann es schon lange vor den Wechseljahren zu Inkontinenzproblemen kommen und weiterlaufend im etwas späteren Alter zu einer Vorwölbung von Gebärmutter oder Blase führen. Eine Ausrede, die Rückbildungsgymnastik sei aufgrund des Kindes nicht möglich zählt dabei nicht, da sich alle Übungen mit Kind ausführen lassen. Im frühen Wochenbett wird das Kind viel schlafen, sodass die Zeit von der Mutter genutzt werden kann. Falls der Vater des Kindes mit eingebunden werden kann, kann dieser in der Zeit der Übungen das Kind übernehmen.

  • Nach dem Wochenbett lässt sich das Kind sogar direkt mit einbinden. Wenn die Mutter auf dem Rücken liegt und das Kind in die Luft streckt, lassen sich dabei Bauchmuskelübungen über die Beine (z.B. Fahrrad fahren) ausführen.
  • Liegt das Kind auf dem Boden, kann die Mutter über einen Unterarmstütz oder Liegestütz mit dem Kind knuddeln.
  • Liegt die Mutter auf dem Rücken, kann sie das Kind auf das Becken absetzen und die „Bridging“ Übung durchführen.
  • Beim spazieren gehen lassen sich Übungen wie Ausfallschritte oder Kniebeugen immer wieder mit einbinden.

Die Möglichkeiten sind riesig, die Motivation muss dafür jedoch da sind, vielleicht kreativ an die Rückbildung ranzugehen. Die letzten Übungen eignen sich eher in der späteren Phase der Rückbildung und unter Absprache mit dem Arzt.

Dauer der Rückbildungsgymnastik

Wie lange eine Rückbildungsgymnastik durchgeführt werden sollte ist individuell zu jeder Frau. Generell kann man aber sagen, dass Beckenbodenübungen so lange und häufig wie möglich durchgeführt werden sollten, damit der Beckenboden nach der Belastung einer Schwangerschaft stabiler wird. Auch nach den Wechseljahren ist Beckenbodentraining weiterhin wichtig um eine Inkontinenz zu vermeiden.

Krankenkassenleistung

Je nach Krankenkasse werden die Kosten für einen Rückbildungsgymnastikkurs übernommen. Eventuell gibt es sogar Bonuspunkte für einen entsprechenden Kurs, am besten sich mit der eigenen Krankenkasse in Verbindung setzen.

Zusammenfassung

Das Wochenbett dauert 6 Wochen und ist entscheidend für die Rückbildung der Gebärmutter nach einer Schwangerschaft. In dieser Zeit ist es besonders wichtig sanftes Beckenbodentraining durchzuführen, um den Wochenfluss anzuregen, die Rückbildung des Uterus zu fördern und eine Durchblutung des Beckenbodens zu erzielen. Weiterlaufend dienen diese Übungen als Stärkung der Muskulatur, die aufgrund der Strapazen der Schwangerschaft und Geburt extrem beansprucht wurden. Auch nach Abschluss des Wochenbetts sollte die Rückbildungsgymnastik weiter durchgeführt werden um eine Inkontinenz oder eine Vorwölbung von Gebärmutter oder Blase zu vermeiden. Übungen lassen sich auch einfach in den Alltag mit einem Baby einfügen, es muss nur eine Struktur und etwas Kreativität gefunden werden.