Eine Sehne beschreibt den faserigen, bandartigen Ansatz eines Muskels an einem Knochen. Über die Sehne wird die Kraft auf das Gelenk übertragen. Um eine reibungslose Kontraktion des Muskels und der Sehne zu gewährleisten, sind Sehnen von einer flüssigkeitsgefüllten Hülle umgeben, welche Sehnenscheide genannt wird. Beide Anteile können sich entzünden. Man spricht von einer Tendinitis, wenn die Sehne entzündet ist, oder von einer Tendovaginitis, wenn die Sehnenscheide entzündet ist. Oft sind diese Entzündungen aber nur schwer zu unterscheiden, oder treten gemeinsam auf. Um Heben, Senken, Abspreizen und wieder zusammenführen der Großzehe zu gewährleisten, bedarf es vieler verschiedener Muskeln, deren Sehnen sich theoretisch alle entzünden können. Am häufigsten kommt eine Großzehen-Tendinitis aber am „langen Hebermuskel“ (Musculus extensor hallucis longus, oder „EHL“), so wie am „langen Beugemuskel“ (Musculus flexor hallucis longus, oder „FHL“) vor.
Beschwerden die im Rahmen einer Tendinitis vorkommen können sind
Schmerzen
Meistens sind die Schmerzen das am stärksten plagende Symptom einer Sehnenentzündung. Der Musculus extensor hallucis longus verläuft von der Vorderseite des Wadenbeins runter in Richtung Fuß, überkreuzt den Außenknöchel und zieht entlang des Fußrückens zur Großzehe. Schmerzen treten meist nicht direkt an der Zehe selber, sondern im Bereich des Fußrückens auf. Der Flexor hallucis longus entspringt vorne am Wadenbein und zieht hinter dem Außenknöchel in Richtung Fußunterseite und von hier aus zur Großzehe. Bei Entzündung sind die Schmerzen meist im Bereich des Außenknöchels lokalisiert, können aber auch im Bereich der Fußsohle lokalisiert sein. Ausgelöst werden die Schmerzen entweder durch Belastung, oder durch Druck von außen, oft durch zu enges, oder unpassendes Schuhwerk. Bei ausgeprägten Entzündungen können auch Schmerzen in Ruhe auftreten. Die Qualität der Schmerzen wird oft als stechend oder brennend beschrieben. Bei ausreichender Ruhe klingen sie in der Regel innerhalb weniger Stunden bis hin zu einigen Tagen wieder ab. Wird der Muskel nicht geschont und weiterhin belastet kann die Entzündung allerdings chronifizieren, wodurch die Schmerzen über Wochen und Monate anhalten können.
Bewegungseinschränkung
Aufgrund der Schmerzen kann es dazu kommen, dass Bewegungen, welche durch den der Sehne zugehörigen Muskel gesteuert werden, nicht mehr in gesundem Maße ausgeführt werden können. Je nach Lokalisation ist an der Großzehe vor Allem der Zehenspitzengang, bzw. das Zehen haben, oder das Beugen nur erschwert ausführbar. Bei länger bestehender Entzündung oder kompliziertem Verlauf kann es zudem dazu kommen, dass sich Kalk entlang der Sehne ansammelt und Bewegung blockiert. Ebenso kann ein Verkleben der Sehne auftreten. Selten kann es sogar dazu kommen, dass die entzündete Sehne reißt, wodurch keine Bewegung mehr möglich ist.
Schwellung
Im Rahmen einer Entzündungsreaktion werden Stoffe ausgeschüttet, die ein vermehrtes austreten von Flüssigkeit aus den Gefäßen heraus bewirken. Dadurch kommt es zu Ödemen. Diese Flüssigkeit wird über die Lymphbahnen wieder abgeleitet. Tritt die Sehnenentzündung auf dem Boden eines Traumas auf, ist es auch möglich, dass kleine Gefäße zerstört werden und sich Blut im betroffenen Bereich ansammelt, wodurch es ebenfalls zu einer Schwellung kommt. In der Regel ist dann ein klassischer blauer Fleck zu sehen. Darüber hinaus können die Lymphbahnen verletzt sein, wodurch der Abtransport gehindert sein kann. Durch die Schwellung kommt es zu einem Druckgefühl oder Spannungsgefühl und Schmerzen. Weitere Bewegungen so wie vermehrte Wärme in der betroffenen Region können den Blutfluss erhöhen und die Schwellung damit noch weiter begünstigen.
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Rötung/Überwärmung
Die Rötung und Überwärmung gehen mit der Schwellung einher und zählen zu den fünf klassischen Entzündungszeichen. In Folge der Entzündung werden Stoffen, welche als Mediatoren bezeichnet werden, ausgeschüttet, welche wiederum zu einem vermehrten Blutfluss durch Weitstellung der Gefäße im betroffenen Areal führen. Darüber hinaus werden die Schmerzrezeptoren sensibilisiert, wodurch sie schon ab einer geringeren Schwelle einen Reiz senden. Dieser Reiz wiederum kann selbst zu einer weiteren Ausschüttung von Mediatoren führen, welche den Blutfluss steigern. Ziel des Körpers ist es, durch die gute Durchblutung die Versorgung des betroffenen Areals mit Stoffen, welche für die Heilung notwendig sind, zu gewährleisten. Durch diesen Effekt wird allerdings auch der Leidensdruck erhöht. Einer überschießenden Reaktion des Körpers kann mittels Kühlung und Hochlagern entgegengewirkt werden.
Knirschen
Ein weiteres Symptom, das sowohl vom Patienten als auch vom Untersucher gefühlt werden kann, ist ein „Knirschen“ entlang der Sehne. Im medizinischen Fachjargon spricht man auch von „Krepitation“. Bei starker Ausprägung ist dieses Symptom eventuell sogar hörbar. Das Gefühl entsteht dann, wenn aufgeraute Strukturen im Körper aneinander reiben. Im Falle einer Großzehen-Tendinitis kann es zum Reiben der entzündeten Sehne gegen umliegende Knochen kommen. Im Falle einer FHL-Tendinitis kann das Symptom provoziert werden, indem der Fuß der Zehe zunächst maximal gebeugt wird und anschließend maximal gestreckt wird. Begleitend kann ein „schnappen“ des Zehs auftreten: eine plötzliche Bewegung nach einer vorherigen Blockierung. Durch einen Druck auf die Sehne von außen kann die Krepitation noch weiter provoziert werden. Durch häufiges Reiben der Sehne gegen die umliegenden Gewebe kann es zur strukturellen Schädigung der Sehne sowie einem Fortsetzen der Entzündungsreaktion kommen. Darüber hinaus können während der Untersuchung Schmerzen auftreten.
Fehlstellung
Zum einen kann es schmerzbedingt zu einer Schonhaltung des Fußes kommen, welche durch ihre unphysiologischen Belastung der Muskeln selbst zu Beschwerden und Erkrankungen wie Arthrose führen kann. Arthrosen selbst können sowohl Folge, als auch Ursache einer Fehlstellung sein. Im Rahmen einer chronischen Entzündung kann es aber auch zu einer Bewegungseinschränkung der betroffenen Sehne selbst kommen. Ursächlich ein Zusammenspiel verschiedener Effekte, welche im Rahmen einer Tendinitis auftreten. Durch ein Reiben der Sehne gegen das umliegende Gewebe kann es zum Aufrauen der Sehnenoberfläche kommen. Auch die Entzündung selbst führt zu einer Schädigung der betroffenen Strukturen durch Stoffe welche von den Immunzellen ausgeschüttet werden. In Folge dessen kann es zu einem „Verkleben“ der aufgerauten Sehne so wie zu Kalkablagerung kommen. Beides kann dazu führen, dass die Beweglichkeit abnimmt oder im Extremfalle gar keine Bewegung mehr möglich ist. Diese Maximalform wird auch als Pseudo Hallux Rigidus bezeichnet. Eine weitere Ursache für eine Fehlstellung wäre die Ruptur der betroffenen Sehne, welche dazu führt, dass der Zug der anderen Muskeln nicht mehr ausgeglichen wird. Ist die FHL-Sehne gerissen, verharrt die Zehe in Streckstellung, ist die EHL-Sehne gerissen, in Beugestellung.
Der häufigste Auslöser einer Tendinitis ist die übermäßige Belastung der Sehnen. Vor allem dann, wenn diese wiederkehrende Überbelastung plötzlich auftritt und der Muskel in dieser Bewegung nicht trainiert ist. Wird eine Sportart neu aufgenommen, sollte also zunächst nicht übermäßig trainiert werden. Eine Entzündung der FHL-Sehne tritt beispielsweise vermehrt bei Tänzern auf, welche viel auf den Zehenspitzen tanzen. Aber auch Fußballer sind gehäuft betroffen. Eine Entzündung der EHL-Sehne tritt vor allem bei Läufern auf, welche lange Strecken auf unebenem Terrain absolvieren. Zudem gibt es Krankheiten der Fußanatomie, welche eine EHL-Tendinitis begünstigen; am häufigsten tritt sie bei sogenannten Plattfüßen auf. Weitere Risikofaktoren sind Systemerkrankungen wie Übergewicht, Rauchen oder Diabetes. Auch unpassendes Schuhwerk, etwa zu kleine oder zu eng geschnürte Schuhe können das Auftreten fördern. Entzündungen der Großzehen-Sehnen in Folge eines Traumas oder einer rheumatischen Erkrankung sind selten. Bakterielle Infektionen sind vor allem nach Punktion denkbar, aber ebenfalls selten.
Meistens kann eine Sehnenentzündung der Großzehe klinisch diagnostiziert werden. Nach einer Anamnese mit Fokus auf auslösende Faktoren und Bewegungen wird das Gelenk untersucht. Dabei sind klassische Entzündungszeichen wie Schmerzen, Rötung und Schwellung von besonderem Interesse. Durch aktive und passive Testung der verschiedenen Muskeln und das Auftreten von Druckschmerz über spezifischen Regionen kann die betroffene Sehne in der Regel gut identifiziert werden. Unterstützend kann ein Ultraschall verwendet werden um beispielsweise eine Flüssigkeitsansammlung nachzuweisen. Ein Röntgenbild ist dann notwendig, wenn sich der Verdacht auf einen Knochenbruch ergibt, vor allem nach einem Trauma. Des Weiteren können im Röntgen Kalkablagerungen dargestellt werden. Bei unklaren Befunden oder kompliziertem Verlauf kann ein MRT indiziert sein. Eine MRT-Untersuchung ermöglicht eine sehr gute Darstellung der Sehne und bietet zudem die Möglichkeit, weitere Differentialdiagnosen auszuschließen. Auch ein Sehnenriss kann im MRT in der Regel gut diagnostiziert werden.
In aller Regel ist eine Großzehen-Tendinitis konservativ gut zu versorgen. Dabei ist es wichtig, dass die betroffene Sehne geschont wird. Ansonsten wird die Sehne weiter gereizt und kann im schlimmsten Falle reißen. Zur Ruhigstellung kann ein Tapeverband sinnvoll sein. Bei ausgeprägten Befunden ist eventuell sogar eine Schienung oder ein speziell angepasster Schuh, welcher die betroffenen Muskeln schont, notwendig. Begleitend kann die betroffene Region hochgelagert und gekühlt werden, dadurch wird nicht zur dem Schmerz, sondern auch der Schwellung entgegengewirkt. Sollten die Beschwerden dadurch nicht ausreichend kontrollierbar sein können entzündungshemmende Schmerzmedikamente, etwa Ibuprofen oder Diclofenac helfen. Auch Krankengymnastik kann mithilfe von speziellen Übungen zur Dehnung und Stärkung der Muskulatur zur Heilung beitragen.
Sollte es zu einer strukturellen Schädigung der Sehne gekommen sein, oder wenn die Entzündung nicht konservativ zu kontrollieren ist, kann eine chirurgische Therapie notwendig sein. Dies ist eine Einzelfallentscheidung die unter Rücksprache mit einem Facharzt und unter Berücksichtigung individueller Faktoren getroffen werden sollte.
Auch bestimmte Übungen können im Rahmen der Heilung oder zur Vorbeugung einer Sehnenscheidenentzündung eingesetzt werden. Mehr dazu können Sie in unseren Artikeln: ,,Sehnenentzündung am Fuß - Übungen", ,,Übungen bei einer Sehnenscheidenentzündung" nachlesen.
Es gibt auch Hausmittel, die im eingesetzt werden können. Lesen Sie dafür unseren Artikel: ,,Entzündung am Zeh - Hausmittel".
In der Tape-Behandlung der Großzehen-Tendinitis muss zwischen einem Tapeverband und dem sogenannten Kinesiotape unterschieden werden. Der Tapeverband zielt auf eine Ruhigstellung im Gelenk ab und verhindert eine (Über-)Beanspruchung des betroffenen Muskels. Dadurch können die Heilung unterstützt und Schmerzen durch Belastung entgegengewirkt werden. Kinesiotape beschreibt eine spezielle Art von stark klebendem Tape auf Baumwollbasis, welches sich durch besondere Elastizität auszeichnet. Es wird postuliert, dass durch das Aufbringen von gespanntem Kinesiotape, welches sich auf der Haut wieder zusammenzieht, sowohl Durchblutung als auch Lymphabfluss verbessert werden können. Durch den vermehrten Lymphabfluss soll die Therapie eine abschwellende und damit schmerzlindernde Wirkung haben. Je nach betroffener Sehne wird das Kinesiotape unterschiedlich angebracht. Es gibt kontroverse Diskussionen über die tatsächliche Wirkung der Behandlung. In mehreren systematischen Übersichtsarbeiten, welche die bestehenden Studien zusammenfassen, konnte keine signifikante Wirkung -über den Placebo-Effekt hinaus- nachgewiesen werden.
Die Prognose einer Großzehen-Tendinitis ist gut. In den meisten Fällen ist sie konservativ therapierbar und klingt bei ausreichender Ruhigstellung innerhalb weniger Tage ab. Die Schmerzen lassen sich durch Kühlung und Schmerzmittel in der Regel gut kontrollieren. Um ein erneutes Auftreten zu verhindern ist es wichtig eventuelle Faktoren, die eine Tendinitis begünstigen, zu beseitigen.
Bei strukturellen Schädigungen, unzureichender Ruhigstellung beziehungsweise regelmäßiger (Über-)Belastung der Sehne kann es allerdings zu einer Chronifizierung kommen. Die Folgen können Kalkablagerungen oder sogar die Ruptur der Sehne sein, wodurch sich die Prognose deutlich verschlechtert. Nach chirurgischer Versorgung ist meistens eine anschließende Ruhephase von mehreren Monaten notwendig, um ein vollständiges Verheilen zu erreichen und weitere Schädigung der betroffenen Region zu verhindern.