Krankengymnastik nach Schroth

Die Wirbelsäule ist ein Grundgerüst und ermöglicht unseren Körper eine physiologisch korrekte Haltung und Bewegung. Damit wir uns ungestört und frei bewegen können, muss sie nicht nur stabil, sondern auch beweglich sein. Die Wirbelsäule ist im Falle der Skoliose, in ihrer physiologischen Form nicht mehr vorzufinden. Wenn man sich die Wirbelsäule von hinten betrachtet, sollte eine gerade Linie zu erkennen sein. Von der Seite gesehen, weist sie eine doppelte S-Form auf. Gerade diese Form gewährleistet, dass sie das komplette Skelettsystem stabilisieren kann. Sie muss Druck-, Zug- und Scherkräften standhalten und diese auf die benachbarten Knochen weiterleiten. Wenn eine Skoliose vorhanden ist, sind die Wirbelkörper zueinender verdreht und damit zur Seite verschoben. Eine solche Verformung ist in allen Abschnitten der Wirbelsäule möglich. Die Wirbelsäule weist von hinten betrachtet somit keine gerade Linie mehr auf, sondern zeigt sich in einer konkaven oder konvexen Krümmung, der Skoliose. Da die Rippen mit den Brustwirbelkörpern verbunden sind, ist der Brustkorb betroffen und aus seiner Form gerissen. Bei der Skoliose herrscht ein statisches Ungleichgewicht welches die angrenzenden Strukturen (Knorpel, Bänder, Muskeln u.s.w.) versuchen zu kompensieren. So ist nicht nur die Wirbelsäule als Ausgangspunkt betroffen, sondern auch der gesamte Körper von Fuß bis Kopf.

Physiotherapeutische Intervention

Das Konzept nach Schroth wurde als Erstes von Katharina Schroth entwickelt. Ausgangspunkt war eine eigene Leidesgeschichte durch ihre Skoliose. Bis heute wird die Krankengymnastik nach Schroth als effektive Therapie, gegen die Skoliose verwendet. Durch die Verformung der Rippen, kann sich die Lunge nicht entfalten und die Einatmung ist eingeschränkt.

So wird durch Atemgymnastik die Einatmung, in eine bestimmte Region der Lunge gefördert. Das Ziel der Krankengymnastik nach Schroth ist es, die Wirbelsäule aus ihrer Fehlstatik wieder zu strecken. Dabei nutze Schroth die gezielte Atmung in die jeweiligen Höhlungen/Einbuchtungen der vorhandenen Fehlstatik des Öberkörpers.

Je nachdem welches Gebiet betroffen ist, wird dieses gezielt angesteuert. Dies kann durch eine vertiefte Atmung in Kombination mit Kontakt der Hände auf den gewünschten Bereich erreicht werden. Aufgrund des Kontaktes hat der Patient ein Ziel, wo er hinatmen soll. Mittels bestimmter Dehnlagerungen wird ein gezielte Hinatmen in die aufgedehnte Stelle gefördert. Durch Massage und Dehnungen der Brustkorb- und Rückenmuskulatur, wird eine verbesserte Beweglichkeit der Rippen hervorgerufen. Um dem Brustkorb noch mehr Platz zu verschaffen, verwendet der Physiotherapeut Packegriffe und hebt eine Hautfalte ab. Diese wird für eine gewisse Zeit gehalten und der Patient atmet wieder gezielt in diese Region. Auch wird die Ausatmung nicht vernachlässigt und jedenfalls alleine oder in Kombination mit der Einatmung gefördert.

Um die Ventilation zu vertiefen, atmet der Patient durch die Nase ein und durch den Mund aus. Damit die Beweglichkeit des Brustkorbes verbessert wird und verformte Körperabschnitte wieder in die Korrektur geführt werden, sind Mobilisationen bei der Krankengymnastik nach Schroth wichtig. So kann der Physiotherapeut mobilisierende Griffe verwenden und diese Abschnitte in die richtige Position rücken. Hierbei wird nicht nur auf die Wirbelsäule geschaut, sondern auch auf den restlichen Körper. Beobachtet wird die Haltung und Stellung des Kopfes, Schultergürtels, Beckens, Beine und der Füße.

Geschaut wird in welche Ebenen sie verschoben sind und wie sie sich gegenseitig beeinflussen. Im Konzept nach Schroth ist jeder Körperabschnitt wie ein Block, der perfekt auf dem nächsten aufliegen soll. Ist dies nicht vorhanden und mehrere Blöcke sind voneinander verschoben, müssen alle Abweichungen gleichzeitig korrigiert werden, damit die Blöcke wieder aufeinander liegen. Zuerst bleibt der Patient passiv und nimmt war, wohin er bewegt wird. Unbewegliche Strukturen werden wieder mobilisiert und in die richtige Richtung gehalten.

Zur Schulung der Körperwahrnehmung ist dies förderlich, damit der Patient eine Vorstellung von einer physiologischen Haltung hat. Dadurch versucht er sich dann ohne Physiotherapeut in die korrekte Haltung zu begeben und diese zu halten. Bei der aktiven Ausübung, wird die Kraft und Stabilität verbessert und der Physiotherapeut kann zusätzlich noch Widerstände setzten. Gerade die Kraft ist ein wichtiger Faktor, um eine Position zu halten. Schwache Muskeln werden wieder angesteuert und ein Gleichgewicht hergestellt. Mit der Steigerung der Wiederholungen und Zunahme der Widerstände, wird die Ausdauer des Patienten bei der Krankengymnastik nach Schroth verbessert.

Neben dem Wirbelsäulenabschnitt ist es bei der Krankengymnastik nach Schroth wichtig, immer den Beckenblock mit zu korrigieren. Oft kann dieser mit beteiligt sein und sich mit der Wirbelsäule verschieben. Ist das Becken zur Seite verschoben und die Lendenwirbelsäule verformt, so wird beides gleichzeitig ausgeglichen. Wenn die Körperabschnitte wieder in die richtige Bahn gelenkt werden, sind neben mobilisierenden Griffen auch Dehnungen hilfreich. Bei einer Verkrümmung/Skoliose ist eine Seite immer gedehnt und die Muskeln der anderen Seite verkürzt.

Um dieser Verkürzung entgegenzuwirken, werden sie unter Zug gebracht. Hat der Patient eine verstärkte Brustwirbelsäulenverkrümmung nach vorne, so wird die vordere Muskulatur (Brust und Bauch) gedehnt. So kann der Oberkörper sich leichter aufrichten. Passive Maßnahmen sind auch bestimmte Lagerungen, die der Patient einnehmen kann. Das Prinzip dahinter ist, dass verformte Körperabschnitte mit Kissen unterlagert und durch die Schwerkraft, die restlichen Abschnitte in eine Richtung gelenkt werden.

Wenn der Patient wie schon erwähnt, eine vermehrte Brustwirbelverkrümmung nach hinten aufweist, wird der Brustwirbelsäulenabschnitt unterlagert und so die Schultern nach hinten gelenkt. Es kommt dadurch zu einer gezielten Aufrichtung des Oberkörpers. Andere Unterlagerungsmaterialien in der Krankengymnastik nach Schroth sind Pezzibälle, auf die sich die Patienten in einer bestimmten Position legen können. Bei der Krankengymnastik nach Schroth wird immer die schwache Seite trainiert. Denn bei einer Verformung wird immer eine Seite vermehrt genutzt und beansprucht.

Um gegen die skoliotische Haltung zu wirken, wird die weniger verwendete Seite trainiert und so in diese Richtung gesteuert. Nehmen wir wieder das Beispiel, mit der vermehrten Brustwirbelsäulenverkrümmung nach hinten. So wird die Rückenmuskulatur trainiert, damit diese den Rumpf in die Aufrichtung ziehen kann. Ist der Wirbelsäulenabschnitt nach links verformt, so wird die Muskulatur der rechten Seite trainiert, um diese zu kräftigen und die Wirbelkörper dahinzulenken.

Weitere Informationen und Maßnahmen zur Behandlung einer Skoliose finden Sie in den Artikeln Übungen gegen Skoliose und Krankengymnastik bei einer Skoliose.

Weitere physiotherapeutische Maßnahmen

Zusätzlich zur Krankengymnastik nach Schroth sollten immer Mobilisationsübungen, Wärme- oder Kälteapplikationen verwendet werden. Durch den thermischen Reiz, wird die Atmung vertieft, verspannte Muskeln gelockert und die Körperwahrnehmung geschult. Bei Schmerzen oder Überlastung, kann das Bewegungsbad die Bewegungen erleichtern. Eine weitere Maßnahme ist das Kinesiotaping, welches an den Patienten angebracht werden kann. Das Tape soll den Körperabschnitt stabilisieren und diesen in eine Richtung ziehen. Aufgrund des Zuges des Tapes, wird der Patient immer an die gewünschte Haltung erinnert und nimmt sie bewusster ein. So ist dies eine geeignete Maßnahme, auch außerhalb der Behandlungszeit.

Weitere Maßnahmen bei einer Skoliose finden Sie in den Artikeln:

Zusammenfassung

Zusammengefasst sind die Ziele der Krankengymnastik nach Schroth, die Körperhaltung zu verbessern und die Verformung der Wirbelsäule in die Aufrichtung zu lenken. So wird die schwache Muskulatur wieder gekräftigt und die Wirbelsäule gestützt. Durch passive und aktive Maßnahmen, sollen die verschobenen Körperabschnitte wieder in eine physiologische Haltung gebracht werden. Die Wahrnehmung des Körpers wird geschult und Patienten sollen dadurch lernen, die gezielte Korrektur selbst einzunehmen. Eine vertiefte und physiologische Atmung soll erreicht werden, um den Austausch des Sauerstoffes in der Lunge zu fördern.