Die Physiotherapie bei einer kindlichen Fehlhaltung/ Rückenbeschwerden hat das Ziel so in die Entwicklung einzugreifen, dass die Probleme nur temporär sind und nicht ins Erwachsenenalter mitgenommen werden. Durch verschiedene Therapieansätze wird in der Physiotherapie versucht die Ursache, die zur Entstehung der Fehlhaltung oder der Rückenprobleme geführt hat, zu beseitigen. In Abhängigkeit vom Alter wird dann ein individuell abgestimmter Therapieplan erstellt.
Wird ein Kind vorstellig, ist es wichtig zunächst genau die Problematik zu analysieren. Dabei werden vor Allem auch das Alter und der Entwicklungszustand des Kindes, sowie eventuelle Begleiterkrankungen berücksichtigt. Die Eltern werden meist eng in die Therapie mit eingebunden, da sie zuhause dafür verantwortlich sind die Inhalte der Physiotherapie weiterhin umzusetzen. Primäres Ziel der Physiotherapie ist die Ursache zu beseitigen oder so zu kompensieren, dass das Kind keine bleibenden Einschränkungen behält. Der behandelnde Physiotherapeut erstellt für das Kind einen individuellen Therapieplan mit festgelegten Zielen, der in der Regel auch Hausaufgaben für zuhause beinhaltet. Neben Massagen, Wärmeanwendung, krankengymnastischen Übungen und manueller Therapie haben sich bei Kindern vor Allem die folgenden Therapiekonzepte bewährt:
Physiotherapie nach Bobath: Hierbei handelt es sich um eine Therapie auf neurophysiologischer Grundlage, welche die Eigenregulation des Körpers in Gang bringt und individuell an die Bedürfnisse des Patienten angepasst werden kann. Hier gelangen Sie zum vollständigen Artikel Physiotherapie nach Bobath
Physiotherapie nach Schroth: Dabei handelt es sich um ein Therapiekonzept zur aktiven Haltungskorrektur und Verbesserung des Haltungsgefühls der Wirbelsäule, insbesondere bei vorhandenen Krümmungen. Außerdem umfasst die Therapie gezielte Atemtechniken. Hier gelangen Sie zum vollständigen Artikel Physiotherapie nach Schroth
Physiotherapie nach Vojta: Das Ziel dieses Therapiekonzeptes ist es die Muskulatur zu aktivieren, um dadurch Einfluss auf Bewegungs- und Haltungsmuster zu nehmen. Durch die sogenannte Reflexlokomotion, bei der ein Therapeut gezielte Reize an verschiedenen Körperregionen setzt, werden reflexartige Bewegungen ausgelöst, die dazu beitragen Haltung und Bewegungsfreiraum des Kindes zu verbessern. Hier gelangen Sie zum vollständigen Artikel Physiotherapie nach Vojta
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Um kindliche Fehlhaltungen und Rückenbeschwerden zu lindern gibt es eine Reihe von Übungen, die darauf abzielen Muskelgruppen spezifisch zu dehnen und zu kräftigen, um so die Probleme in den Griff zu bekommen und die Haltung zu verbessern.
1) Dehnung der Brustmuskulatur
Das Kind wird hier dazu aufgefordert, die Hände hinter dem Rücken zu verschränken und dann die Arme so weit anzuheben, dass eine Dehnung in der Brust spürbar ist. Diese für 15-20 Sekunden halten. 3 Wiederholungen.
2) Übung zur Aufrichtung der Wirbelsäule
Das Kind wird aufgefordert sich auf einen Stuhl zu setzen, sodass das Gesicht zur Lehne zeigt. Nun soll die Lehne mit den Händen umfasst werden und das Kind soll versuchen seine Brust der Lehne anzunähern ohne aber näher an diese heranzurücken. Die Endposition kurz halten und einen zweiten Durchgang danach beginnen.
3) Kräftigung der Muskulatur des unteren Rückens
Bei dieser Übung legt sich das Kind mit angestellten Beinen auf den Rücken und drückt nun das Gesäß in Richtung Decke, sodass es eine Brücke bildet. Die Position 20 Sekunden halten. 3 Durchgänge.
4) Dehnübung zur Aufrichtung der Wirbelsäule
Bei dieser Übung soll das Kind versuchen den rechten Arm über die Schulter hinter den Rücken zu führen und mit der linken Hand diagonal von unten die rechte hand zu greifen. Die Position kurz halten und danach Seiten wechseln
Weitere Übungen finden Sie in den Artikeln:
Als einen Wachstumsschub bezeichnet man einen Sprung in der kindlichen Entwicklung. Wachstumsschübe können in ihrer Dauer variieren. Obwohl die meisten Wachstumsschübe innerhalb von 3 Tagen abgeschlossen sind, kann sich ein Wachstumsschub auch 3-4 Wochen hinziehen. Gerade für kleine Kinder aber auch Ältere, kann ein Wachstumsschub sehr anstrengend sein. Allgemein ist die Häufigkeit von Wachstumsschüben vom Alter der Kinder abhängig und wird in 3 Phasen unterteilt.
Im Rahmen der Wachstumsschübe kann es zu einer Vielzahl an Problemen kommen. So kann es sein, dass Kinder im Rahmen eines Wachstumsschubes eine Seh- oder Hörschwäche entwickeln, Lernschwierigkeiten oder ein verzögertes Sprachenlernen haben, an schmerzenden Gelenken leiden oder Wirbelsäulenprobleme entwickeln. Aus diesen Gründen ist es wichtig, das Wachstum der Kinder zu beobachten und im Rahmen von regelmäßigen Arztbesuchen kontrollieren zu lassen, damit mögliche Krankheiten oder Probleme frühzeitig erkannt und entsprechend behandelt werden können.
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Um Fehlhaltungen und Rückenbeschwerden bei Kindern zu lindern sind im Rahmen der Therapie auch Sportarten wie Trampolinspringen oder Gymnastik geeignet. Sollten diese in Frage kommen, gibt es jedoch einiges zu beachten.
Trampolinspringen: Trampolinspringen ist eine Sportart die Spaß macht und gleichzeitig über 400 verschiedene Muskelgruppen anspricht. Gerade Koordination, Balance, Gleichgewichtssinn und Rückenmuskulatur werden gefördert. Durch die Sprungbewegung wird zudem eine gesunde Körperhaltung unterstützt. Insbesondere bei Kindern mit den oben genannten Problemen klingt das alles sehr positiv, jedoch haben gerade kleine Kinder unter 6 Jahren noch kein sicheres Körpergefühl, sodass es auch schnell zu ungewollten Verletzungen kommen kann. Daher gilt das Trampolinspringen als Therapie nur unter Aufsicht eines erfahrenen Therapeuten durchzuführen. Dies sollte im individuellen Hinblick auf die Fähigkeiten und den Entwicklungsstand des Kindes erfolgen.
Gymnastik: Gymnastik ist unter fachgerechter Anleitung eine sehr gute Möglichkeit, Muskeln, Gelenke und Gewebe zu dehnen, zu kräftigen und geschmeidig zu halten. Gerade bei Kindern mit Fehlhaltungen und Rückenproblemen können die richtigen Gymnastikübungen zu einer deutlichen Besserung der Symptome führen. Wichtig ist, dass auf die Bedürfnisse und Einschränkungen der Kinder eingegangen wird, damit keine negativen Nebeneffekte durch die Gymnastik erzielt werden.
Bei dem Morbus Scheuermann handelt es sich um eine wachstumsbedingte Fehlentwicklung der Wirbelsäule, wodurch es zu einem ungleichmäßigen Längenwachstum der einzelnen Wirbelkörper kommt. Diese nehmen dann schließlich eine Keilform anstelle der typischen Zylinderform an. Durch diese Fehlentwicklung kommt es in den meisten Fällen zur Ausbildung eines Rundrückens, da sich die Brustwirbelsäule zu stark nach vorne krümmt. Der Morbus Scheuermann kann aber auch die Lendenwirbel betreffen, wobei die Wirbelsäule abflacht was namensgebend für den sogenannten Flachrücken ist. Der Morbus Scheuermann ist also eine Erkrankung, die sich im jugendlichen Alter entwickelt und im Erwachsenenalter mit der Beendigung des Wachstums zum Stillstand kommt. Die Diagnose stellt der Arzt meist durch Befragung des Patienten nach dem typischen Beschwerdebild und einem Röntgenbild, welches die keilförmigen Veränderungen der Wirbelkörper sichtbar macht. Obwohl der Morbus Scheuermann oft unbemerkt bleibt und bei leichteren Verläufen nicht unbedingt Probleme verursacht, haben doch viele Jugendliche damit zu kämpfen. Die Wahl der Therapie in der Behandlung ist dabei die Physiotherapie. Sie trägt durch krankengymnastische Übungen dazu bei, die Wirbelsäule aufzurichten und die Muskulatur zu stärken. Gegen starke Schmerzen können Medikamente verordnet werden. Wie genau die Therapie inhaltlich aussieht wird für jeden Patienten individuell festgelegt und an das Beschwerdebild angepasst.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema in dem Artikel Krankengymnastik Morbus Scheuermann
Bei der Skoliose handelt es sich um eine Krümmung der Wirbelsäule, die sich meist im Kindes- und Jugendlichenalters während der Wachstumsschübe entwickelt. Einzelnen Wirbelkörper wachsen dabei deutlich stärker und unregelmäßig, sodass es zu einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Skoliose kommt. Es ist daher für Eltern sehr wichtig den Rücken ihrer Kinder regelmäßig auf Ungleichmäßigkeiten zu kontrollieren. Das geht schon ganz einfach indem sich das Kind nach vorne beugt und der Rücken optisch untersucht wird. Wenn etwas auffällig erscheint, wie zum Beispiel ein krummer Wirbelsäulenverlauf oder ein vorstehender Rippenbogen, sollte ein Arzt konsultiert werden. Eine schnellstmögliche Behandlung ist wichtig, da der Skoliose im Frühstadium gut entgegengewirkt werden kann und so schlimmere Verwachsungen verhindert werden können. Durch die frühzeitige Behandlung der Skoliose kann die Lebensqualität der Kinder deutlich verbessert und auch langfristig gewahrt werden. Bei der Auswahl der Behandlung geht der Arzt nach dem sogenannten Cobb-Winkel, der den Grad der Verkrümmung angibt.
Lesen mehr zu diesem Thema in dem Artikel Physiotherapie bei einer Skoliose
Insgesamt ist die Physiotherapie der Grundbaustein einer erfolgreichen Therapie bei kindlichen Fehlhaltungen und Rückenbeschwerden. Durch die zahlreichen Behandlungsmöglichkeiten kann die Therapie individuell auf jedes Kind angepasst und flexibel gestaltet werden, sodass langfristige Probleme meist verhindert werden können und die Lebensqualität der Kinder deutlich steigt.