Dehnübungen

Die Meinungen über den Nutzen von Dehnübungen gehen weit auseinander, doch wenn einige Regeln beachtet werden, können Sie ihrem Körper mit einigen Dehnübungen viel gutes tun. Durch regelmäßiges Dehnen können Sie muskuläre Ungleichgewichte ausgleichen und Fehlbelastungen vorbeugen. Wenn Sie bereits spezifische Beschwerden haben suchen Sie bitte einen Physiotherapeuten auf, der gemeinsam mit ihnen ein Dehnübungsprogramm erstellt, das für Sie persönlich angemessen und zielführend ist.

Intention von Dehnübungen

Wenn Muskeln nicht regelmäßig auf Länge gebracht werden, heißt das gleichzeitig auch, dass die Gelenke nicht mehr im vollen Bewegungsausmaß genutzt werden. Hier gilt das Sprichwort „Wer rastet, der rostet“, denn auch Gelenke sind in ihrer Funktion von ausreichender Bewegung abhängig. Bekommen sie zu wenig davon, drohen verfrühte Verschleißerscheinungen wie die Arthrose. Wird ein Muskel durch Dehnübungen lang gezogen, soll der Muskel nicht tatsächlich länger gemacht werden, sondern seine Spannungstoleranz erhöht und die Durchblutung verbessern werden. Muskelfasern sind von Nervenfasern innerviert und enthalten kleine „Spannungsmesser“, die Muskelspindeln. Von diesen Muskelspindeln werden ständig Signale über die aktuelle Spannung der jeweiligen Muskelfaser an das Gehirn gesendet. Unser Körper versucht immer nur so viel Energie zu verbrauchen wie nötig und baut deshalb Muskelmasse ab, wenn diese nicht benötigt wird. Genauso ist es mit der Längentoleranz des Muskels. Wird der Muskel über längere Zeit nicht durch regelmäßige Dehnübungen auf Länge gebracht, verringert sich seine Spannungstoleranz auf die für den Alltag ausreichende Spannungstoleranz. Kurz gesagt, ein „verkürzter“ Muskel ist schlecht durchblutet, schränkt den Bewegungsspielraum der Gelenke ein und ist anfälliger für Verletzungen.

Exzentrisches Training

Das Exzentrische Training bringt wie beim Dehnen den Muskel auch auf Länge und sorgt für eine physiologische Beweglichkeit der Gelenke. Diese Arbeitsweise ist gekennzeichnet durch eine Erhöhte Spannung auf den Muskel bei gleichzeitiger Längenzunahme. Sowohl im Alltag als auch im Sport, benötigen wir diese Arbeitsweise der Muskulatur. Zum Beispiel beim Joggen, Squash etc..., immer wenn wir eine Bewegung abbremsen müssen arbeitet der Quadtriceps exzentrisch und leitet die Umkehrbewegung ein. Übungen finden sie in dem Artikel Exzentrisches Training.

Häufig betroffene Muskeln

Durch die sitzende Haltung sind vor allem die Kniebeuger, Hüftbeuger, Bauchmuskulatur, Brustmuskulatur und die Nackenmuskulatur betroffen. Wenn Sie die Sitzposition betrachten, erklärt sich dieses Phänomen von selbst: Die Knie sind meist gebeugt, ebenso ist es die Hüfte, der Brustkorb nähert sich dem Schambein an, die Schultern hängen vorne und der Kopf wird vermehrt in den Nacken gelegt. Wer aufgrund des Arbeitsplatzes die Angewohnheit hat sich zu einer Seite zu neigen, bei dem sind häufig auch die seitlichen Rumpfbeuger mit betroffen. Besonders auf die oben genannten Muskelgruppen sollten bei Dehnübungen eingegangen werden.

Methode-Dehnübungen

Wenn Sie einen Muskel dehnen, sollten Sie seinen Gegenspieler immer aktiv anspannen. Um die Dehnübungen zu intensivieren, können Sie nach 10-20 Sekunden gehaltener Dehnung für 5-10 Sekunden eine Gegenspannung aufbauen, jedoch ohne die Position zu verlassen und anschließend versuchen etwas weiter in die Dehnposition hineinzuarbeiten. Die Dehnung sollte sich wie ein leichtes Ziehen anfühlen. Manche Muskelgruppen werden sich für Sie unangenehmer anfühlen und manche wiederum weniger. Das ist allerdings völlig normal bei Dehnübungen. Führen sie alle Dehnübungen 2-3 mal nacheinander durch.

Dehnübungen-untere Extremitäten

Um Schmerzen im unteren Rücken vorzubeugen ist es wichtig folgende Muskelgruppen zu dehnen. Manche Übung scheint nicht direkt mit dem Rücken in Verbindung gebracht werden zu können, doch die Muskulatur ist durch Faszien (Bindegewebe) miteinander verbunden. Deshalb muss immer die gesamte sogenannte Muskelkette bei Dehnübungen berücksichtigt werden. Der Einfachheit halber werden die folgenden Dehnübungen alle für die rechte Seite erklärt, natürlich sollen beide Seiten gedehnt werden.

Dehnübung Kniebeuger

Die Kniebeuger verlaufen vom Sitzbeinhöcker bis an den Unterschenkel. Um sie zu dehnen, muss das Knie gestreckt und die Hüfte gebeugt werden. Dafür versetzen Sie im Stand das rechte Bein mit gestrecktem Knie einige Zentimeter vor den Körperschwerpunkt, strecken Sie Ihr rechtes Knie dabei aktiv. Das linke Bein muss dafür angewinkelt werden. Nun beugen Sie Ihre Hüfte als würden Sie sich auf einen Stuhl setzen wollen bis Sie ein Dehngefühl in der hinteren Oberschenkelmuskulatur fühlen. Achten Sie darauf, dass der Rücken dabei gerade bleibt und nicht rund gemacht wird. Beide Knie befinden sich auf gleicher Höhe. Am besten führen Sie die Dehnübung zunächst vor dem Spiegel durch und kontrollieren, ob beide Knie nach vorne zeigen. Lassen Sie das Standbein nicht nach Innen kippen (X-Bein). Halten Sie die Übung für 10-20 Sekunden und wechseln Sie dann die Seite. Alternativ zu der Dehnübung im Stand können Sie die Kniebeuger auch auf dem Boden im Langsitz dehnen. Dafür winkeln Sie das linke Bein an und legen Ihre Fußsohle leicht unterhalb des rechten Knies an. Das rechte Knie wird aktiv gestreckt und das Becken zeigt nach vorne. Ist Ihr Becken korrekt nach vorne ausgerichtet und der Rücken gerade reicht dies oft schon als Dehnreiz. Spüren Sie kein Dehngefühl beugen Sie sich langsam aus der Hüfte mit dem Oberkörper nach vorn, ohne den Rücken rund zu machen.

Dehnübung Gesäßmuskel

Der Gesäß-oder auch umgangssprachlich Pomuskel genannt ist ein Hüftstrecker und der größte Muskel in unserem Körper (Gluteus maximus). Hat der Gluteusmuskel eine zu hohe Ruhespannung äußert sich das häufig in Beschwerden mit dem Ischiasnerv, da dieser komprimiert werden kann. Für die Dehnung der rechten Seite setzen sie sich auf einen Stuhl und legen den rechten Unterschenkel oberhalb Ihres linken Knies ab. Die Schienbeinkante sollte nun parallel mit der Stuhlkante sein. Drücken Sie Ihr rechtes Knie nun mit der rechten Hand sanft in Richtung Boden und lehnen Sie Ihren Oberkörper mit geradem Rücken nach vorne bis Sie ein Dehnungsgefühl in der rechten Pobacke spüren. Diese Übung kann auch sehr gut im Büro durchgeführt werden. Alternativ können Sie diese Dehnübung auch in Rückenlage auf dem Boden durchführen, indem Sie Ihr linkes Bein 90° in Hüfte und Knie beugen und ebenso das rechte Bein auf Ihrem linken ablegen. In dieser Position können Sie ihr linkes Bein gut umgreifen und näher an den Oberkörper heranziehen, um die Dehnung zu verstärken.

Dehnübung Hüftbeuger

Der Hüftbeuger (Iliopsoas) wird als Ursache für Rückenschmerzen häufig unterschätzt. Wie bereits oben erklärt verbringen wir einen Großteil unserer Lebenszeit mit gebeugter Hüfte. Ein Anteil des Hüftbeugemuskels hat seinen Ursprung an der Vorderseite der Querfortsätze unserer Lendenwirbel. Bei nicht gebeugter Hüfte vermag er uns demnach ins Hohlkreuz zu ziehen. Um den rechten Hüftbeuger bei dieser Dehnübung zu dehnen legen Sie Ihren rechten Unterschenkel auf dem Boden ab und stellen Ihr linkes Bein deutlich weiter vorne auf dem Boden ab. Das Becken zeigt bei dieser Übung gerade nach vorne. Legen Sie Ihre Hände rechts und links auf die Beckenkämme und schieben sie das Becken nach vorne bis Sie ein Dehnungsgefühl spüren. Bleiben Sie dabei unbedingt aufrecht! Sobald Sie rund werden und die Hüfte gebeugt wird, kann keine Dehnung bei dieser Dehnübung erwartet werden.

Dehnübung Kniestrecker

Der Kniestrecker (Quadriceps) besteht aus vier Muskeln, von denen einer auch zugleich ein Hüftbeuger ist (Rectus femoris). Bei dieser Dehnübung stellen Sie sich auf das linke Bein und führen Ihren rechten Fuß zum Po, indem Sie Ihren rechten Fuß mit der rechten Hand fassen. Spannen Sie dabei aktiv Ihre Pomuskulatur an und achten Sie darauf, dass das Becken gerade bleibt. Durch Anspannen der Bauchmuskulatur können Sie vermeiden, dass das Becken nach vorn kippt und Sie im Hohlkreuz stehen. Am besten betrachten Sie sich während der Dehnübung zunächst seitlich im Spiegel, um eine Fehlhaltung zu vermeiden. Sie sollten im Spiegel vom Brustkorb bis zum Knie eine gerade Linie bilden. Wichtiger, als dass Ihr Fuß zum Po gezogen wird, ist bei dieser Dehnübung, dass die Hüfte nach vorn geschoben wird und beide Knie sich auf einer Höhe befinden. Sind Sie bereits gut gedehnt, kann das rechte Knie auch weiter hinten sein, als das linke, sofern sich dabei die Beckenstellung nicht verändert.

Dehnübungen - Rumpf

Dehnübung Bauchmuskulatur

Die gerade Bauchmuskulatur (Rectus abdominis) nähert sich den Rippen und dem Schambein an, wie es im Sitz häufig der Fall ist. Um sie bei dieser Dehnübung zu dehnen legen Sie sich auf den Bauch und positionieren Sie Ihre Hände unter den Schultern. Mit aktiv angespannter Gesäßmuskulatur drücken Sie sich nun nach oben. Das Becken bleibt auf dem Boden liegen und der Oberkörper wird aufgerichtet, ähnlich der „Cobra-Übung“ aus dem Yoga. Führen Sie diese Dehnübung nur durch, wenn Sie dabei keine Schmerzen im unteren Rücken spüren!

Dehnübung Rückenstrecker

Die Rückenstrecker (Erector spinae) sind häufig sehr verspannt und können mit Hilfe einer leichten Dehnübung entspannt werden. Dafür setzen Sie sich auf den Boden und legen Ihre Fußsohlen aneinander. Der Winkel der Kniegelenke sollte dabei größer als 90° sein, andernfalls wird die Bewegung möglicherweise durch andere Muskulatur gehemmt. Umfassen Sie Ihre aneinandergelegten Füße mit beiden Händen und spannen Sie die Bauchmuskulatur an, während Sie Ihren Rücken rund machen, bis Sie ein Dehnungsgefühl spüren. Der Kopf darf dabei locker zwischen den Schultern hängen.

Dehnübung seitlicher Rumpfbeuger

Der seitliche Rumpfbeuger (Quadratus lumborum) ist ein kurzer Muskel, der zwischen den unteren Rippen und dem Beckenkamm verläuft. Um diesen Muskel zu dehnen stellen Sie sich zunächst bei dieser Dehnübung mit dem Rücken an eine freie Wand, die Ihnen als Hilfe dienen soll. Stellen Sie sich nicht weiter als hüftbreit mit Kontakt zur Wand auf. Der rechte Arm wird in Verlängerung des Körpers nach oben hin ausgestreckt und der linke Arm wandert dicht an der Hosennaht entlang in Richtung Boden bis Sie ein Dehnungsgefühl spüren. Ihr gesamter Körper formt nun einen Halbmond. Wichtig dabei ist, dass beide Füße Kontakt zum Boden halten. Drücken Sie die rechte Ferse dazu fest in den Boden und schieben Sie Ihr Becken zur rechten Seite, während Ihr rechter Arm nach links oben strebt. Kollabieren Sie bei der Dehnübung nicht auf Ihre linke Seite. Schützen Sie Ihre Lendenwirbelsäule, indem Sie Ihre Bauchspannung aufrechterhalten.

Dehnübungen - Brust

Dehnübung Brustmuskulatur

Die Brustmuskulatur (Pectoralis minor et major) wird bei jeder sitzenden Tätigkeit verkürzt. Sie zieht die Schulter nach vorne und kann Schulterproblematiken begünstigen. Um sie zu dehnen stellen Sie sich bei dieser Dehnübung schräg vor eine Wand, strecken den rechten Oberarm auf Schulterhöhe aus und winkeln den Ellenbogen 90° an, nun legen Sie den Unterarm an die Wand und drehen sich langsam mit dem gesamten Körper nach links weg, bis Sie ein Dehnungsgefühl spüren. Achten Sie dabei darauf, dass Sie die Schulter nicht zum Ohr ziehen, um Nackenverspannungen zu vermeiden.

Dehnübungen - Hüfte

Dehnübung Adduktoren

Die Adduktoren sind dafür zuständig den Oberschenkel im Hüftgelenk nach innen, zum Körper hin, zu bewegen. Um die Adduktoren zu dehnen stellen Sie sich bei dieser Dehnübung deutlich weiter als hüftbreit auf und stellen Sie sicher, dass Sie auf dem Boden nicht unbeabsichtigt rutschen. Beide Füße sollten nach vorne zeigen. Winkeln Sie nun das linke Knie an und verlagern Ihr Körpergewicht nach links, um ein Dehnungsgefühl an der rechten Beininnenseite zu erzielen.

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Dehnübung - Nacken

Dehnübung Nackenmuskulatur

Wer kennt keine Verspannung der Nackenmuskulatur (Trapezius& Levator scapulae)? Häufig ziehen wir in Stresssituationen unbewusst die Schultern hoch und bekommen dadurch Nackenverspannung. Die Sitzposition im Auto oder am Arbeitsplatz können außerdem ursächlich sein. Sie können die Nackenmuskulatur entweder im Sitzen oder im Stehen dehnen. Bei dieser Dehnübung bleiben Sie aufrecht sitzen/ stehen und führen Ihr linkes Ohr in Richtung der linken Schulter, um ihren rechten Nacken zu dehnen. Beide Schultern bleiben dabei auf gleicher Höhe. Um die Dehnung zu verstärken, können Sie mit ihrer linken Hand an die rechte Schläfe fassen und sanft den Zug verstärken, während Sie Ihre rechte Schulter aktiv in Richtung Boden ziehen. Aus dieser Position können Sie ausprobieren, ob Sie ein stärkeres Dehnungsgefühl spüren, wenn Sie Ihren Blick um ca 45° nach unten links, beziehungsweise ca. 45° nach oben rechts richten. Abhängig davon, welche Muskulatur stärker verspannt ist wird sich eine Position intensiver für Sie anfühlen. Diese sollten sie bevorzugt dehnen.

Weitere Dehnübungen finden Sie in dem Artikel: Wie dehne ich die HWS am besten?

Dehnübung Tennisarm

Wer unter einem „Tennisarm“, heute auch vermehrt „Maushand“ genannt, leidet hat ein Problem der am äußeren Ellenbogen entspringenden Handstrecker (Extensoren). Um diese zu dehnen strecken Sie bei dieser Dehnübung Ihren rechten Arm auf Schulterhöhe vor dem Körper aus und fassen Sie mit der linken Hand auf Ihren rechten Handrücken. Ziehen Sie nun sanft Ihre Handinnenfläche in Richtung Körper bis Sie ein Dehngefühl spüren und halten Sie Ihren Ellenbogen währenddessen gestreckt. Probieren Sie für sich aus, ob sich das Dehnungsgefühl, oder dessen Lokalisation verändert, wenn Sie zusätzlich versuchen die Finger zur Faust zu ballen. Damit können Sie unterschiedliche Muskeln der Gruppe ansprechen. Der Arm kann auch, anstatt auf Schulterhöhe nach vorne, eng am Körper Richtung Boden gestreckt werden.

Dehnübung Golferellenbogen

Ein Karpaltunnelsyndrom kann durch eine zu Hohe Spannung der Handbeuger (Flexoren) hervorgerufen werden. Auch ein „Golferellenbogen“ ist auf eine Problematik der Unterarmflexoren zurückzuführen. Um die Unterarmflexoren zu dehnen strecken Sie Ihren rechten Arm auf Schulterhöhe vor sich aus und fassen Sie mit Ihrer linken Hand in Ihre vom Körper weg zeigende Handfläche. Ziehen Sie nun sanft Ihren Handrücken in Richtung Körper bis Sie ein Dehnungsgefühl spüren und halten Sie denn Ellenbogen währenddessen gestreckt. Auch bei dieser Dehnübung kann der Arm, anstatt auf Schulterhöhe nach vorne, eng am Körper Richtung Boden gestreckt werden.