Physiotherapie bei einem Iliotibialem Bandsyndrom

Das Iliotibiale Bandsyndrom (ITBS), im Volksmund auch unter dem Namen Läuferknie bekannt, ist eine schmerzhafte Verletzung an der Außenseite des Knies, die durch eine Überbelastung des Tractus Iliotibialis ensteht.
Der Tractus Iliotibialis ist ein Faserzug, der von der Hüfte bis ans Kniegelenk reicht.  Bei einer physiotherapeutischen Behandlung des ITBS steht vor allem die Schmerzbehandlung und die Ursachenbekämpfung im Vordergrund.
Dazu gehören neben einer obligatorischen Pause, die unabdingbar für das volle Ausheilen der Verletzung ist, insbesondere Übungen zur Kräftigung der Rumpf- und Oberschenkelmuskulatur und auch das sogenannte Beinachsentraining. Zu Beginn jeder physiotherapeutischen Behandlung wird ein patientenindividueller Trainingsplan erstellt, der genau auf die Bedürfnisse abgestimmt wird. 

Umfassende Informationen hierzu finden Sie in dem Artikel: Iliotibialband-Syndrom

Physiotherapie

Wenn ein Patient mit der Diagnose des Iliotibialen Bandsyndromes in eine Physiotherapie Einrichtung überwiesen wird, geht es zunächst darum eine Anamnese, in einem persönlichen Gespräch, zu erheben.
Dies umfasst die Analyse der Krankengeschichte, die ärztliche Diagnose, Vorerkrankung, Alter und Gesundheitszustand des Patienten sowie eine körperliche Untersuchung. Wenn sich der Physiotherapeut ein Bild von der Ausgangssituation gemacht hat, kann mit der eigentlichen Therapie und der Erstellung eines Therapieplanes begonnen werden.

Im Akutstadium der Verletzung sollte man nur im Notfall mit Kälte arbeiten, da so die Durchblutung, der ohnehin schon schlecht durchbluteten Sehne, weiter abnimmt. Wärme ist in diesem Fall das Mittel der Wahl. Zudem kann die Anlage eines Kinesiotapes unterstützend wirken, um den beanspruchten Faserzug zu entlasten.
Primäres Ziel der Physiotherapie ist es dann, die Ursache, die zur Entstehung des ITBS geführt hat, zu bekämpfen. In vielen Fällen ist dies auf eine Überbelastung aufgrund eines falschen Bewegungsablaufes, unzureichendes Aufwärmen und Dehnen vor dem Training oder einer Fehlstellung zurückzuführen.
Der behandelnde Therapeut wird aus diesem Grund gezielte Kräftigungs-, Dehn- und Stabilisierungsübungen durchführen um den Tractus Iliotibialis entlasten. Auch nach einem erfolgreichem Abschluss der Physiotherapie ist es wichtig, dass die Patienten weiterhin die Übungen durchführen und vor dem Sport achten sich ausreichend aufzuwärmen und zu dehnen. Auch das Tragen eines guten Schuhwerkes ist wichtig, damit weitere Verletzungen oder das Wiederauftreten des ITBS vermieden werden.

Mehr Informationen zum Thema Iliotibiales Bandsyndrom hier nachlesen. 

Manuelle Therapie

Die manuelle Therapie kann bei einem Iliotibialband-Syndrom sehr effektiv sein, wenn die Ursache in einer Beinlängendifferenz, Beinachsenfehlstellung oder einer Fußfehlstellung begründet liegt.

  • Bei einer Beinlängendifferenz wird das kürzere Bein durch Hebelwirkung und bestimmte Übungen behandelt, indem der Hüftgelenkkopf ein Stück aus der Pfanne gezogen wird. Anschließend folgt eine Übung zur muskulären Stabilisation. Bei geringer Differenz können so etwa 0,5 cm Länge ausgeglichen werden. Dies hält allerdings nur wenige Tage an. Dauerhaft kann die Beinlänge nur operativ korrigiert werden.
  • Beinachsentraining eignet sich bei vorhandener O-Bein oder X-Bein Stellung. Allerdings ist die O-Beinstellung weitaus häufiger als Ursache für ein Iliotibialband-Syndrom verantwortlich.
  • Eine manuelle Behandlung der Fußmittelknochen und des Längs- und Quergewölbes mit anschließender muskulärer Stabilisierung wird bei einer Fußfehlstellung vorgenommen.

Zur Schmerzreduktion eignen sich Traktions- und Kompressions-Maßnahmen, die auf das Hüft- und Kniegelenk einwirken. Eine Zentralisierung des Hüftgelenks in der Gelenkpfanne wird dabei auch angestrebt.   

Physikalische Therapie

Ziele der physikalischen Therapie bei einem Iliotibialband-Syndrom sind:

  • muskuläre Stabilisation
  • Detonisierung von Muskulatur
  • Reduktion von Schmerzen ab

Es können verschiedenste Behandlungstechniken zum Einsatz kommen:

  • Eine Stärkung der Glutealmuskulatur, der Kniestrecker sowie der Rumpfmuskulatur und Bauchmuskulatur wird durch Kräftigungsübungen mit Widerständen durch Therabänder, Gewichtsmanschetten oder den Widerstand des Therapeuten erreicht.
  • Massagetechniken
  • Triggerpunktbehandlung
  • Faszientechniken und andere Weichteiltechniken werden angewandt um verkürzte, verhärtete oder schmerzhafte Bindegewebsstrukturen zu detonisieren.
  • Auch Techniken aus der funktionellen Bewegungslehre wie die widerlagernde Mobilisation, Feinmobilisation, globale Mobilisation oder die mobilisierende Massage gehören zum Werkzeug des Physiotherapeuten.

Zur Schmerzreduktion wird häufig auf Techniken aus der manuellen Therapie zurückgegriffen. Hierzu gehören Traktion, Kompression oder auch das Walken von Hüftgelenk, Kniegelenk oder Gelenken am Fuß. Fortgeschrittene Techniken wie die neuronale Mobilisation (tensioner, slider) oder eine Triggerpunktbehandlung mit Distraktionstriggerpunken kommen in seltenen Einzelfällen zum Einsatz. Vor der Behandlung ist immer eine genaue Anamnese notwendig, um die Ursache des Iiotibialband-Syndroms eindeutig zu erkennen. Darauf aufbauend werden entsprechend der Muskelapparat, ossäre Strukturen oder ligamentäre Strukturen behandelt.  

Muskelaufbautraining

Besonders wichtig bei einem Muskelaufbautraining, welches den Tractus Iliotibialis schützen soll, ist die richtige Kombination aus Dehnübungen für den Tractus und Kräftigungsübungen für die umliegende Muskulatur. Besonders gekräftigt werden sollte die Glutealmuskulatur, da sie sowohl an konzentrischer und exzentrischer Muskelarbeit beim Laufen beteiligt ist.

  • Insbesondere die Abduktion im Hüftgelenk ist als Kräftigungsübung geeignet.
  • Auch der Quadriceps femoris als Kniestrecker hat eine wichtige stabilisierende Funktion beim Beugen der Kniegelenke.

Sehr gut lassen sich Übungen mit Therabändern zur Kräftigung der Gesäß- und Beinmuskulatur einsetzen. Weitere Übungen finden Sie beispielsweise in diesem Artikel: Theraband Übungen

Das Dehnen des tractus iliotibialis ist mindestens genauso wichtig wie die Kräftigung der umliegenden Muskulatur. Daher sollte das Trainingsprogramm zu etwa 50 Prozent aus Dehnübungen und Faszientechniken sowie zu 50 Prozent aus Muskelaufbautraining bestehen. Die Dehnübungen entsprechen im Optimalfall möglichst genau den tatsächlichen Bewegungsabläufen, die im Sport (z.B. Laufen) ausgeführt werden und sollten nicht nur statisch sondern auch dynamisch praktiziert werden. Insbesondere der Wechsel zwischen Dehnung eines Muskels und konzentrischer Anspannung kann dabei trainiert werden.

In den folgenden Artikeln finen Sie weitere Informationen zu diesen Themen:

Übungen

Wie bereits erwähnt ist ein wichtiger Teil der physiotherapeutischen Behandlung die Durchführung von Kräftigungs-, Dehn- und Stabilisierungsübungen insbesondere für die Oberschenkel-, Hüft- und Rumpfmuskulatur. Der Faserzug, der für die Entstehung des Iliotibialen Bandysyndroms verantwortlich ist, soll entlastet werden.

1. Dehnung des Iliotibialis Muskels

Stellen Sie sich gerade und aufrecht hin. Überkreuzen Sie nun nun ihre Bein, wobei das hintere Bein gestreckt bleibt. Beugen Sie nun den Oberkörper nach vorne und versuchen mit den Händen so weit wie Möglich in Richtung Boden zu gelangen.Ihr Blick sollte während der Übung in Richtung Brustkorb gehen. Halten Sie die Dehnung 20-30 Sekunden und wechseln dann die Beine.

Weitere Dehnübungen und Übungen bei bestehendem Läuferknie können Sie hier finden.

2. Kräftigung der Oberschenkelrückseite und der Gesäßmuskulatur

Legen Sie sich für diese Übung auf den Rücken und stellen Sie die Beine möglichst nah am Gesäß auf. Drücken Sie sich nun ihre Bein hoch, sodass eine Brücke entsteht und Rücken und Oberschenkel eine gerade Linie bilden. Halten Sie diese Position 2 Sekunden und senken dann das Gesäß wieder in Richtung Boden ab. Wiederholen Sie dies 15 mal.

3. Kräftigung der Oberschenkelaußenseite und der Gesäßmuskulatur

Begeben Sie sich für diese Übung in den Vierfüßlerstand. Heben Sie nun das rechte Bein nach außen an, sodass ihr rechtes Knie vom Körper wegzeigt. Drehen und senken Sie das Bein von dort wieder in die Ausgangsposition und wiederholen das Ganze 15 mal, bevor Sie das Bein wechseln.

Lesen Sie mehr zum Thema Übungen für die Hüfte.

Faszientraining

Faszien durchziehen den ganzen Körper und sind das, was wir im Allgemeinen als Bindegewebe bezeichnen. Sie gehören noch zu einem relativ unerforschten Teil der Medizin, der aber seit einigen Jahren immer mehr in den Mittelpunkt rückt.
Viele Wissenschaftler gehen nun davon aus, dass viele körperliche Einschränkungen, Schmerzen und Verletzungen ihren Ursprung eigentlich in den Faszien haben.

Faszien durchziehen den Körper wie ein Netz, Umhüllen Muskeln und Organe und sorgen für mehr Stabilität und Aufrechterhaltung des Körpers, sowie eine verbesserte Koordination und Körperwahrnehmung. Durch falsche Bewegungsmuster, Überanspruchung oder nicht Nutzung können die sonst geschmeidigen Faszien verkleben und  zu Bewegungseinschränkungen, nachlassender Flexibilität und auch zu Schmerzen führen. Folglich wird der Fokus immer weiter auf ein spezielles Faszientraining gerückt, wobei diese stimuliert werden sollen um mehr Kollagen zu produzieren. Kollagen hält die Faszien lebendig und auch geschmeidig.

Auch beim Iliotibialen Bandsyndrom kann das Faszientraining eine hilfreiche und auch eine gute Ergänzung zum Training sein. Das Faszientraining kann aus bestimmten Dehnübungen bestehen (mancherorts wird ein sogenanntes Faszien-Pilates angeboten) oder ein Training mit der sogenannten Faszienrolle (Original Blackroll) sein. Wie genau die einzelnen Übungen für Probleme bei einem ITBS aussehen, sollten Sie sich am besten von einem erfahrenen Therapeuten vorführen lassen.
Im Allgemeinen ist das Faszientraining aber eine sinnvolle Ergänzung für den gesamten Körper.

Mehr Informationen zum Thema Faszientraining finden Sie hier. 

Therapie durch Bandagen

Die Nutzung von Bandagen und die Anlage eines Tapes ist ein weiteres beliebtes Mittel bei der Therapie des Iliotibialen Bandysndroms. Beides soll dazu dienen, die überstrapazierten Sehnen und Bänder zu entlasten und für mehr Stabilität im Bein und Kniegelenk zu sorgen.

Eine Bandage passt sich, wenn sie richtig gewählt wird, der Beinform an und behindert die Bewegungen nicht. Sie verleiht dem Träger ein Gefühl von Sicherheit während sportlicher Aktivität und wirkt gleichzeitig entlastend.
Zum Tapen eines Läuferknies gibt es zwei mögliche Ansätze. Zum einen kann das klassiche Tapeverfahren gewählt werden, wobei das Erreichen von mehr Stabilität und Entlastung im Vordergrund steht. Viel moderner ist aber die Anlage eines sogenannten Kinesiotapes. Die Anleitung zur richtigen Anlage gibt es mittlerweile auf verschiedenen Plattformen im Internet. Das Kinesiotape ist elastatisch und verbleibt mehrere Tage auf der Haut. Auch schwimmen und duschen ist problemlos möglich.
Durch die Hohe Flexibilität des Materials hat das Kinseiotape gleich mehrere Wirkungen. Zum einen hat es stabilisierende und entlastende Funktion und zum anderen stimuliert es aber Muskeln und Faszien, sodass die Durchblutung und der Lymphfluss angeregt wird. Auf diese Weise wird der  Heilungsprozess gefördert und auch beschleunigt. 

Medikamente gegen die Entzündung

Typischerweise wird in der Anfangsphase bei einem akuten Iliotibialband-Syndrom mit Schmerzmitteln wie Ibuprofen oder Diclofenac behandelt. Diese Medikamente aus der Gruppe der NSAR (nicht steroidale Antirheumatika) haben gleichzeitig eine entzündungshemmende Funktion.
Eine lokale Anwendung mittels einer Salbe sollte bevorzugt werden, da so keine negativen Nebenwirkungen auf innere Organe (Niere, Leber, Herz) entstehen können. Eine Kombination aus Ultraschall und Salbenanwendung ist ebenfalls möglich. Dabei wird die Salbe auf den Ultraschallkopf aufgetragen und während der Behandlung einmassiert.

Medikamente gegen die Schmerzen

Je nach Ausprägung der Schmerzen kommen drei Varianten von schmerzhemmenden Analgetika zum Einsatz.

  • Bei geringen Schmerzen wird mit Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Diclofenac oder Paracetamol behandelt.
  • Bei mittelstarken Schmerzen wird mit niederpotenten Opiaten wie Codein, Tramadol oder Tilidin eine Schmerzlinderung erreicht.
  • Sind die Schmerzen allerdings sehr stark, so können auch hochpotente Opiate wie Morphin, Oxycodon, Buprenorphin oder Hydromorphon das Mittel der Wahl bei einem iliotibialband-Syndrom sein.

Eine Toleranzbildung und Dosiserhöhung sowie Entzugserscheinungen nach Absetzen der Opiate ist jedoch zu erwarten.

Injektionen ins Kniegelenk

Sollte die Gabe von NSAR oder anderen Entzündungshemmern nicht ausreichen, kann eine lokale Injektion mit Cortison vorgenommen werden. Cortison hemmt die Entzündung und lindert die Symptome des Betroffenen, allerdings behebt eine Cortison Injektion nicht die eigentliche Ursache eines iliotibialband-Syndroms.
Bei lokaler Anwendung von Cortison ist eine niedrige Dosis meist ausreichend und hat auch den Vorteil, dass keine Organschädigung an Leber oder Nieren eintreten kann. Bei der Behandlung von Sehnenentzündungen mit Cortison ist Vorsicht geboten, da Cortison bei längerer Anwendungsdauer das Sehnengewebe schädigen kann.

Dauer des Syndroms

Die Dauer eines Iliotibialen Bandsyndroms ist größtenteils auch von der Disziplin des Betroffenen abhängig. Vor allem zu Beginn ist es essentiell, das sportliche Aktivität und die damit einhergehende Überforderung des ohnehin schon geschädigten Gewebes, verhindert werden kann. Hält sich der Betroffene an diese Vorgabe, so lassen die Schmerzen bald Tagen nach.
Allerdings sollte das trotzdem nicht zum Anlass genommen werden um sofort wieder mit dem Training durchzustarten. Das Gewebe hat einen längeren Heilungsprozess und sollte noch drei bis vier Wochen geschont werden. Es spricht allerdings nichts dagegen, die oben aufgeführten Dehn- und Kräftigungsübungen durchzuführen, um das Bein an eine normale Belastung heranzuführen, sodass im weiteren Verlauf Verletzungen vorgebeugt werden können.

Umfassende Informationen zu diesem Thema finden Sie in dem Artikel: ITBS Symptome/Schmerzen

Zusammenfassung

Insgesamt ist das Iliotibiale Bandsyndrom eine Erkrankung, die insbesondere Läufer und Personen, die sehr laufintesive Sportarten betreiben, betrifft.
Die Ursache liegt in den meisten Fällen in falschen Bewegunsgausführungen oder Fehlstellungen, die durch Physiotherapie oft gut in den Griff zubekommen sind. Die Verletzung an sich ist sehr gut in den Griff zu bekommen und muss nur in sehr seltenen Fällen operativ behandelt werden.
Trotzdem sollten Betroffene das ITBS nicht auf die leichte Schulter nehmen, sondern dem Körper genügend Zeit zum auskurieren geben.