Die Physiotherapie bei Multipler Sklerose spielt vor Allem im Bereich der konservativen Therapie, welche neben der medikamentösen Therapie einen großen Stellenwert einnimmt, eine wichtige Rolle. Die Physiotherapie bei MS richtet sich immer nach dem individuellen Patienten und der Verlaufsform der MS. Der Physiotherapeut wird ein auf den Patienten abgestimmtes Therapiekonzept entwickeln, dass sich auch aktiven und passiven Komponenten zusammensetzt und insbesondere auf die Erhaltung und Verbesserung der körperlichen und psychischen Auswirkungen der Multiplen Sklerose konzentriert.
Die Physiotherapie bei MS ist ein sehr komplexes Thema, da einer jeden Behandlung eine sehr individuelle Untersuchung und Einschätzung vorangehen muss. Die spezifischen Probleme und Einschränkungen sind von Patient zu Patient so verschieden, dass eine Anpassung und Zielsetzung genau auf den einzelnen Patienten abgestimmt werden muss. Von zentraler Bedeutung ist die Behandlung der Symptome wie Koordinationsstörungen, Schmerzen, Spastizität, motorische Störungen und Fatigue. Auch die soziale Einbindung des Patienten, die Akzeptanz der Erkrankung und die Eingliederung in einen Alltag mit MS sind wichtige Behandlungsaspekte. Des Weiteren werden auch weitere Begleiterscheinungen in der Therapie berücksichtigt (z.B. Sehstörungen, Blasenschwäche).
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Da die Multiple Sklerose eine so komplexe Erkrankung ist sind die Übungen, die für die einzelnen Patienten gewählt werden sehr verschieden, sodass die Trainingspläne komplett unterschiedlich aussehen können. Im folgenden sind beispielhaft einige mögliche Übungen aufgeführt.
1) Spastikkontrolle
Lehnen Sie sich an eine Wand. Die Füße sind etwa eine halbe Schrittlänge von der Wand entfernt. Nun erhöhen Sie bewusst den Druck auf ihre Fersen und lösen Oberkörper und Hüfte von der Wand sodass Sie frei stehen.
2) Päckchenstellung zur Spastikkontrolle
Legen Sie sich auf den Rücken und ziehen die Knie in Richtung Brustkorb. Umfassen Sie mit den Armen ihre Unterschenkel und bleiben Sie einige Zeit in dieser Position.
3) Spastikkontrolle und Stützfunktion der Arme
Setzen Sie sich auf einen Stuhl oder eine Tischkante, wobei ihre Füße komplett Bodenkontakt haben. Die Arme sind seitlich als Stützen abgestützt. Erhöhen Sie nun den Druck auf ihre rechte Ferse und strecken dann das linke Bein gerade nach vorne aus. Einigen Sekunden halten, dann wieder absenken und die Seiten wechseln.
4) Gedächtnis
Suchen Sie sich 5-10 Gegenstände aus die Sie sich gut einprägen und dann wegstellen. Lösen Sie dann einige Rechenaufgaben und versuchen sich im Anschluss an die zuvor gemerkten Gegenstände zu erinnern.
5) Bewegungsübung
Setzen Sie sich auf den Boden und verschränken die Arme vor dem Körper. Nun das Gewicht von einer Gesäßhälfte auf die andere verlagern. Wechseln Sie nach einigen Malen in den Schneidersitzen und drücken bewusst ihre Knie in Richtung Boden, der Oberkörper bleibt dabei gerade und aufrecht. Zuletzt in einer angenehmen Sitzposition langsam mit den Schultern vor und zurück kreisen.
6) Dehnung
Stellen Sie sich gerade und aufrecht hin. Der rechte Arm hängt locker am Körper herab während der linke über den kopf zur rechten Seite gestreckt und der Oberkörper leicht nach rechts geneigt wird. Die Dehnung 20 Sekunden halten, dann die Seiten wechseln.
Weitere Übungen finden Sie unter: Übungen bei Multiple Sklerose
Im folgenden werden beispielhaft einige Maßnahmen beschrieben:
1) Übungen
Da durch die MS die Muskelkraft der Patienten mitunter stark nach lässt ist es wichtig, diese zu erhalten und zu trainieren oder gegebenenfalls durch andere Muskelgruppen zu kompensieren. Dies ist vor Allem auch im Hinblick auf die Spastikkontolle ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Durch individuell angepasste Übungen, die entweder passiv durch den Therapeuten, aktiv durch den Patienten mit oder ohne Hilfsmittel durchgeführt werden helfen dabei die gesetzten Ziele zu erreichen. Auch Kognitive Übungen zur Verbesserung der Gedächtnisleistung und Konzentration gehören zum Therapieumfang bei MS.
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2) Manuelle Therapie
Verschiedene Grifftechniken der manuellen Therapie, sowie gezielte Massagen zur Lockerung verkrampfter Muskulatur können Linderung bei Schmerzen und Bewegungseinschränkungen bewirken.
3) Gleichgewichtstraining
Dieses richtet sich je nach Ursache der Beschwerden, wobei dann im Laufe der Therapie versucht wird diese gezielt zu eliminieren.
4) Individuelles Bewegungstraining
Hierbei lernt der Patient sich eigenständig im Alltag zu Bewegen ohne sich stark durch die Krankheit eingeschränkt zu fühlen. Der Physiotherapeut wird speziell für den Patienten eine Reihe von Übungen aufstellen, die in unterschiedlichen Alltagssituationen Probleme lösen können und einfach an Ort und Stelle durchgeführt werden können. Das können zum Beispiel Gewichtsverlagerungen sein, um sicherer zu Stehen oder Übungen um morgens alleine Aufstehen zu können.
Insgesamt ist es bei der physiotherapeutischen Behandlung wichtig, auf die Bedürfnisse des Patienten einzugehen. Auch der soziale Aspekt spielt bei der Behandlung eine wichtige Rolle, da die Patienten durch die Physiotherapie lernen besser mit ihrer Erkrankung leben zu können und sich auch nicht davor fürchten müssen in der Öffentlichkeit die Kontrolle zu verlieren. Der Anspruch an die Physiotherapie ist bei MS hoch, da sich oft an neue Situationen angepasst und der Therapieplan flexibel verändert werden muss.
Das allgemeine Ziel der physiotherapeutischen Behandlung bei Multipler Sklerose ist es, den Patienten dabei zu helfen, ihre Leistungsfähigkeit und Selbstständigkeit zurückzugewinnen und somit auch wieder sozial eingegliedert werden zu können. Das bedeutet, es wird darauf hingearbeitet, die Beweglichkeit des Patienten möglichst lange zu erhalten und zu verbessern, Fehlbelastungen entgegenzuwirken. Typische MS-Symptome wie Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen, Spastiken und Gangstörungen werden während der Therapie aktiv angegangen.
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Ein weiteres Ziel der Behandlung ist der Stressabbau, da dies maßgeblich zu einer erfolgreichen Behandlung beitragen kann. Auch eine gesündere Ernährung kann den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Da viele Patienten durch MS eine stark verminderte Leistungsfähigkeit haben, wird durch gezielte Übungen versucht diese ein Stück weit zurückzugewinnen. Für Patienten die wieder in ihren Beruf zurückkehren können und wollen ist es das Ziel diese dabei zu unterstützen und den Wiedereinstieg zu erleichtern. Da die MS eine fortschreitende Krankheit ist, ist es natürlich auch das Ziel einer jeder Therapiemaßnahme den Betroffenen dabei zu helfen, die Krankheit zu akzeptieren und bestmöglich mit den verschiedenen Auswirkungen umzugehen, damit trotzdem noch ein weitestgehend uneingeschränktes, selbstständiges Leben möglich ist.
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Multiple Sklerose ist eine Krankheit mit vielen Gesichtern. Aufgrund der verschiedenen Verlaufsformen und der komplexen Funktionen die Gehirn und Rückenmark übernehmen, können die Symptome unterschiedlich vorhanden sein. Es gibt jedoch viele für die Krankheit typisch und häufig vorkommende Merkmale. Dazu gehören Sehstörungen wie zum Beispiel doppelte Bilder, unscharfes Sehen, Störungen im Farbsehen oder Schmerzen bei Veränderung der Blickrichtung, Wahrnehmungsstörungen wie Kribbeln und Taubheitsgefühle in Rumpf und Gliedmaßen, Muskelschwäche, die insbesondere im späteren Verlauf der Krankheit zu Lähmungserscheinungen, Steifigkeit, Spastiken und Schmerzen führen kann.
Zudem kann es zu motorischen Störungen, wie die Entstehung eines Tremors (Zittern), Ataxie (Unsicherheit bei Bewegungen) und Gangstörungen kommen, sowie die Entstehung von Fatigue (Erschöpfungssyndrom), wobei die Betroffenen mit großer Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Erschöpfung zu kämpfen haben, eine Störung der Blasenmuskulatur und eine große Anzahl verschiedener Schmerzsymptomatiken.
Bei den Schmerzen kann es sich sowohl um direkte als auch um indirekte Folgen der Erkrankung handeln. Direkte Folgen sind zum Beispiel Schmerzen, die durch eine Entzündung ausgelöst werden (Schmerzen beim Sehen durch einen entzündeten Sehnerven). Indirekte Schmerzen können Schmerzen sein, die als Folge von Versteifungen in der Muskulatur entstehen und zu Schmerzen bei Bewegungen führen. Inwieweit und zu welchem Zeitpunkt die verschiedenen Symptome im Verlauf der Erkrankung auftreten ist nur schwer vorhersehbar und von Patient zu Patient verschieden.
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Eine weitere Erkrankung der peripheren Nerven ist die Polyneuropathie, falls Sie sich hierzu weitere Informationen zu Gemüte führen möchten, lesen Sie diesen Artikel:
Die Anzeichen für MS richten sich nach der Lokalisation der Entzündungen in Gehirn und Rückenmark. Die ersten Anzeichen für die Erkrankung äußern sich schleichend und bilden sich zu Beginn häufig komplett zurück, sodass Betroffene nicht direkt einen Arzt aufsuchen. Bei mehr als 30% aller Patienten mit MS beginnt die Erkrankung mit Sensibilitätsstörungen wie Kribbeln oder Taubheitsgefühlen in de Beinen oder Armen. Ein weiteres häufiges Symptom sind verschiedenen Formen von Sehstörungen wie unscharfes Sehen und doppeltes Sehen bis hin zu vorübergehender Erblindung.
Eher seltener aber trotzdem nennenswert häufig äußert sich die MS zum ersten Mal durch Gleichgewichts- und Gehstörungen sowie ein starkes Schwächegefühl in den Beinen und allgemeine Erschöpfung.
Da sich die MS Symptome nicht eindeutig äußern ist eine frühzeitige Diagnose oft schwierig, da auch viele andere Krankheiten die Symptome auslösen können. Ein wichtiger Faktor bei der Diagnose ist neben einer ausführlichen Anamnese auch das MRT, da dieses Aufschlüsse über möglicherweise bestehende Entzündungsherde in Gehirn und Rückenmark geben kann. Wenn sich also das erste Mal typische Krankheitssymptome der MS äußern und bereits ein Verdacht besteht, sollte dieser auf jeden Fall vom Arzt abgeklärt werden.
Multiple Sklerose hat zwar eine einheitliche Ursache (Entzündungen in Gehirn und Rückenmark, welche vor Allem die Nervenbahnen und die Reizweiterleitung beeinflussen), jedoch gibt es unterschiedliche Verlaufsformen:
schubförmig remittierend: Dieses beschreibt die häufigste Form der Multiplen Sklerose. Hierbei verlaufen die Symptome in Schüben und bestehen nicht dauerhaft, sodass es in der schubfreien Zeit nicht zu einer Verschlechterung der Symptome kommt. Während eines Schubes welcher mehrere Tage bis Wochen andauern kann, kann es zur Verstärkung bereits bestehender Probleme oder zur Entstehung neuer Probleme kommen.
Primär chronisch-progredient: Bei dieser Form gibt es keinen schubartigen Verlauf, die Symptome verschlechtern sich fortwährend. Zwischenzeitlichen Krankheitsstillstände sind jedoch möglich.
Sekundär chronisch progredient: Bei der sekundär chronisch progredienten MS geht die schubförmig remittierende MS mit der Zeit in eine chronische Entwicklung über. Die Anzahl der Schübe reduziert sich dabei zwar mit der Zeit, die Beschwerden nehmen aber in der Regel zu.
Insgesamt lässt sich sagen, dass die Physiotherapie mit eine zentrale Rolle in der Therapie der MS einnimmt. Durch die verschiedenen Therapieansätze in der Physiotherapie ist es möglich einen individuell abgestimmten Therapieplan zu erstellen der auf die Bedürfnisse des Patienten eingeht und darauf hinarbeitet gesetzte Ziele zu erreichen, sodass der Patient besser mit der Erkrankung umgehen kann und mehr Eigenständigkeit und Kontrolle im Alltag zurückerlangt. Physiotherapeuten, Ärzte und Patienten arbeiten dabei Hand in Hand, damit eine sichere Behandlung möglich werden kann.