Von einer Spinalkanalstenose wird gesprochen, wenn es zu einer Einengung des Wirbelkanals kommt. Dies kann durch den normalen Alterungsprozess der Wirbelsäule geschehen, oder auch durch entzündliche Erkrankungen (z.B. bei Arthrose). Bei der Spinalkanalstenose kommt es zu einer Kompression des Rückenmarks mit entsprechenden Symptomen. Die Therapie erfolgt, wenn möglich konservativ. Bei starken Kompressionen ist aber eine entlastende Operation nötig um das empfindliche Nervengewebe zu schützen.
Die anatomische Einengung des Rückenmarkkanals lässt sich meist nicht rückgängig machen. Allerdings kann durch eine konservative physiotherapeutische Behandlung versucht werden, einer weiteren Einengung entgegenzuwirken. Hierzu wird versucht die physiologische Stellung der Halswirbelsäule weitestgehend zu erhalten oder wiederherzustellen. Durch bestimmte Kopfhaltungen, z.B. eine Protraktion (wenn das Kinn nach vorne geschoben wird), kann es zu einer zusätzlichen Einengung des Wirbelkanals kommen. Durch eine Haltungskorrektur, welche die Kräftigung und Dehnung entsprechender Muskeln beinhaltet, kann versucht werden, einem Fortschreiten der Spinalkanalstenose entgegen zu wirken. Es bieten sich unterstützend auch mobilisierende Übungen und Techniken der Manuellen Therapie an.
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Bei bestehenden Nervenschädigungen sollte auch die betroffene Muskulatur der Peripherie trainiert werden, um einer Atrophie, also dem Abbau der Muskulatur, entgegenzuwirken. Kompensationsstrategien können bei irreversiblen Funktionsstörungen mit dem Patienten in der Physiotherapie erarbeitet werden. Ergänzend finden entspannende und schmerzlindernde Techniken Anwendung. Triggerpunktbehandlung, Massage oder Wärmeanwendung können schlecht versorgte und verspannte Muskulatur entspannen und zu einer Symptomlinderung führen. Ein Hausaufgabenprogramm mit kräftigenden und mobilisierenden Übungen sollte der Patient zusätzlich zur Therapie regelmäßig ausführen. Sollte es trotz Physiotherapie zu einer Operation kommen, beinhaltet die Nachbehandlung dann stabilisierende Übungen und eine weitestgehende Mobilisation.
Die manuelle Therapie bei einer Spinalkanalstenose in der Halswirbelsäule (HWS) erfolgt unter der Zielsetzung, die Schmerzen zu lindern, Blockaden der Wirbelgelenke vorsichtig zu lösen und den Spinalkanal dadurch möglichst zu erweitern. Zusätzlich kann die Muskulatur der HWS durch Triggerpunkt- Behandlung und punktuelle Massage entspannt werden. In der manuellen Therapie kann zu Beginn eine Traktion der Halswirbelsäule erfolgen, dabei legt der Therapeut seine Hände unter dem Hinterhauptsbein an und übt darüber leichten Zug auf die gesamte Halswirbelsäule aus. Zusätzlich können die kurzen Nackenmuskeln, die dort ansetzen, massiert werden. Das Lösen von Blockaden in der Halswirbelsäule ist sowohl umstritten als auch mit Risiken verbunden, allerdings kann der Therapeut die Wirbelgelenke gegeneinander verschieben und so das Gelenkspiel verbessern. Zur manuellen Therapie der HWS gehört außerdem die Behandlung des Cervico- Thorakalen Übergangs, also des Übergangs der HWS in die Brustwirbelsäule und der umliegenden Gelenke.
Genauere Information zur manuellen Therapie finden Sie in dem Artikel Manuelle Therapie
In der physiotherapeutischen bzw. konservativen Behandlung einer Spinalkanalstenose spielt die Kräftigung der umliegenden Muskulatur eine große Rolle. Besonders die autochthone Rückenmuskulatur, die wie zwei Stränge rechts und links der Wirbelsäule bis zum Hinterhauptsbein zieht, stabilisiert jedes einzelne Bewegungssegment mit den Wirbelgelenken. Auch die oberflächliche Nackenmuskulatur trägt zur Stabilisation und Mobilität der Wirbelgelenke bei. Die Stabilisation der einzelnen Bewegungssegmente der HWS ist bei einer Spinalkanalstenose wichtig, damit der Raum des Spinalkanals sich nicht noch weiter einengt. Zusätzlich wird auch bei schnellen Kopfbewegungen das Entstehen von Gelenkblockade und die Einklemmung von austretenden Nervenfasern aus dem Spinalkanal verhindert. Neben der lokalen Nackenmuskulatur kann es sinnvoll sein, die umliegende Schulter- Nackenmuskulatur, wie den M. trapezius, der von der HWS an die Schulter zieht, zu kräftigen, um eine bessere Stabilität zu erreichen.
Da es besonders bei Bewegungen wie der Protraktion (Kinn nach vorne schieben) oder der Extension (Kopf in den Nacken legen) zu einer weiteren Einengung des Wirbelkanals kommt, bietet sich die Gegenbewegung, die Retraktion, an.
Retraktion:
Der Patient sitzt aufrecht auf einem Stuhl oder führt die Übung im Stehen aus. Am Anfang kann es sinnvoll sein, die Durchführung der Übung vor einem Spiegel zu trainieren, um sie besser kontrollieren zu können. Aus der aufrechten Körperhaltung schiebt der Patient das Kinn nun nach hinten, als wolle er ein Doppelkinn machen. Die HWS streckt sich hierbei nach oben und wird lang, das Hinterhaupt hebt sich in Richtung Decke. Die Position kann einige Sekunden gehalten und anschließend langsam gelöst werden. Beim Lösen sollte nur die Spannung gelöst werden, nicht aber aktiv die Gegenbewegung durchgeführt werden. Die Übung kann in 3-4 Sätzen mit etwa 10-12 Wiederholungen ausgeführt werden. Zur Verstärkung kann am Ende der Bewegung ein leichter Überdruck erfolgen. Dies geschieht am besten indem man die Lücke zwischen Daumen und Zeigefinger am Kinn platziert, der Unterarm steht dabei rechtwinklig zur HWS im Raum. Nun wird am Ende der Bewegung ein leichter Druck gerade gegen das Kinn gegeben (um Hebelkräfte zu vermeiden) und die Retraktion verstärkt. Es kann ein leichtes Ziehen im Übergang zur BWS spürbar sein.
Kopfanheben:
Der Patient liegt in Rückenlage auf einer Matte. Das Kinn wird zur Brust gezogen, der Hinterkopf schiebt nach oben. Aus dem Doppelkinn heraus, wird der Kopf mit der gestreckten Halswirbelsäule ca. 1 cm angehoben und bis zu 10 Sekunden gehalten. Eine Variation ist, wenn der Kopf mit gestreckter Halswirbelsäule bevor er angehoben wird, zu einer Seite rotiert. So werden die feinen seitlichen Muskeln trainiert.
Weitere Übungen finden Sie in den Artikeln:
Zum Hausaufgabenprogramm bei einer Spinalkanalstenose sollten besonders aktiv Übungen zu Stärkung der Nackenmuskulatur gehören, zum Beispiel das Anheben des Kopfes in Bauchlage mit Blick nach unten. Zusätzlich können leichte Dehnübungen für die Schulter- Nackenmuskulatur oder die Selbstmassage mit einem Tennisball in der Therapie gezeigt und Zuhause wiederholt werden. Auch die Behandlung mit einem Wärmekissen kann zur Schmerzlinderung und Muskelentspannung Zuhause sehr gut durchgeführt werden.
Wenn im Bereich der Halswirbelsäule Funktionsstörungen auftreten, kann es im Alltag und im Beruf zu erheblichen Einschränkungen kommen. Da Funktionsstörungen der HWS die Kopfdrehung behindern und somit das Sichtfeld einschränken, ist es vonnöten während anhaltender Beschwerden die eigene Fahrtüchtigkeit zu überdenken. Manuelle Therapie und physikalische Therapie im Rahmen der Krankengymnastik können bereits einen sofort wirksamen Effekt erzielen, der das Bewegungsausmaß bereits deutlich erweitern kann. Kompensationsstrategien für nicht ausführbare Bewegungen der HWS während der Akutphase der Beschwerden stellen sich als Schonhaltung bereits natürlicherweise ein. So kann der Oberkörper in die gewünschte Richtung gedreht werden, um die Halswirbelsäule zu entlasten. Zu beachten ist dabei, die Schultern möglichst entspannt zu lassen um eine sekundäre Folgeerkrankung und Schmerzen im Schulter-Nackenbereich zu vermeiden, welche häufig bei einer Halswirbelsäulenerkrankung entstehen.
Bei einer Spinalkanalstenose nimmt die Behandlung der Schmerzen in der Therapie eine wichtige Rolle ein. Schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen, die durch Schonhaltungen entstehen, werden versucht zu vermeiden. Zur Schmerzlinderung können entlastende manuelle Techniken wie die Traktion, also der leichte Zug an der Halswirbelsäule, eingesetzt werden. Außerdem kann die umliegende Muskulatur wie die Schulter- Nacken- Muskulatur in Dehnstellungen gebracht werden um Verspannungen zu lösen. Zusätzlich kann die Nackenmuskulatur durch Massagegriffe entspannt oder gezielt mit der Triggerpunkttechnik behandelt werden, um ihre Spannung zu lösen.
Die Triggerpunktmassage ist eine manuelle Massagetechnik, bei der bestimmte Druckpunkte (Triggerpunkte) des Muskels mit mittelstarken Druck behandelt werden, um die Spannung des Muskels zu reduzieren und Schmerzen durch Muskelhartspann zu vermindern. Der bestimmte Punkt auf dem Muskelbauch oder -ansatz wird zwischen 30 und 60 Sekunden gedrückt, mindestens bis eine deutliche Reduktion der Muskelspannung zu spüren ist. Diese Entspannung des Muskels ist Teil eines Reflexbogens, der zum Schutz des Gewebes dient.
Lesen Sie mehr zu dieser Methode in dem Artikel Triggerpunkttherapie
In der physikalischen Therapie steht bei einer Spinalkanalstenose wie auch in der Physiotherapie die Reduktion der Schmerzen und der Muskelverspannungen im Vordergrund. Neben der klassischen Massage der Halswirbelsäule, des Schulter- Nacken- Bereichs und der oberen Brustwirbelsäule kann auch die Triggerpunkttherapie zur Behandlung der Muskulatur angewendet werden. Zur Vorbereitung dieser Massagetechniken kann Wärmetherapie, wie zum Beispiel eine Fangopackung oder ein Wärmekissen die Muskulatur lockern. Auch die heiße Rolle kann zur Anregung des Stoffwechsels und zur Regulation der Muskelspannung eingesetzt werden. Warme Bäder sind eine Möglichkeit der Wärmetherapie, die auch Zuhause sehr gut durchführbar ist. Auch die feuchte Wärme eines mit heißem Wasser übergossenen Handtuchs kann die Beschwerden lindern. Im Bereich der Elektrotherapie können sanfte Methoden wie das Anlegen von schmerzlinderndem Interferenzstrom oder die Behandlung mit Ultraschall zum Einsatz kommen. Voraussetzung dafür ist meist, das kein Metall im Behandlungsgebiet vorhanden ist.
Die Akupunktur gehört zu den alternativen Heilverfahren und kann sowohl für sich, als auch begleitend zur Physiotherapie, physikalischen Therapie, zu Medikamenten oder einer OP eingesetzt werden. Sie wird vor allem bei chronischen Beschwerden angewendet, bei denen andere Therapiemethoden an ihre Grenzen gestoßen. Gemäß der Akupunkturlehre werden die Akupunkturnadeln an bestimmten Punkten in der Nähe des Schmerzgeschehens, aber auch an davon entfernten Punkten gesetzt. Die klassischen, langen Nadeln verbleiben ca. 20 bis 30 Minuten an den Punkten und werden dann entfernt. Möglich ist auch die Verwendung von Dauernadeln, die klein und flach sind und mehrere Tage getragen werden können. Gefahren oder Nebenwirkungen sind bei der Akupunktur nicht zu erwarten. Es können sogar mit dieser Behandlungsmethode Erfolge erzielt werden, wo andere Therapiemethoden versagen.
Lesen Siem mehr über diess Heilverfahren in dem Artikel Akupunktur
Das organische Grundleiden bei einer Spinalkanalstenose, die Verengung des Spinalkanals und die dadurch entstehende Kompression auf die austretenden Nerven, die durch Alterungsprozesse, Osteoporose oder Wirbelgleiten verursacht ist, kann durch Physiotherapie nicht ursächlich behandelt werden. Durch schmerzreduzierende Therapie und die Erweiterung der Beweglichkeit können die Symptome allerdings deutlich gemindert werden, sodass eine operative Therapie um Jahr hinausgezögert wird oder nicht mehr notwendig ist.
Durch die Einengung des Wirbelkanals kann das Rückenmark, welches in dem Kanal verläuft, komprimiert werden. Das Rückenmark beinhaltet in der HWS noch alle Nervenfasern, die bis zu den Füßen den Körper motorisch und sensibel versorgen. In der Halswirbelsäule können hier vor allem die sensiblen und motorischen Fasern für die obere Extremität betroffen sein, es kann aber auch zu Einschränkungen des Gleichgewichtssinns, Koordinationsstörungen bis hin zu einer Querschnittsymptomatik kommen. Durch die Anordnung der Fasern im Rückenmark ist häufig zuerst die obere Extremität betroffen. Es kann zu Sensibilitätsstörungen, wie Kribbeln oder Taubheit kommen, der Temperatursinn, oder auch das Schmerzempfinden können verändert sein. Sind motorische Fasern betroffen, kommt es zu Muskelschwächen oder Lähmungen der betroffenen Muskeln. Bei starken Einengungen können auch Fasern der unteren Extremität eingeengt werden. Es finden sich dann dort entsprechende Symptome. Nervenfasern, die für den Gleichgewichtssinn und die Koordination wichtig sind, verlaufen ebenfalls zu einem Teil im zervikalen Rückenmark. Es kann also auch zu Einschränkungen in diesen Bereichen kommen. Häufig treten lokale Rückenschmerzen, Kopfschmerzen oder Verspannungen der Muskulatur auf.
Weitere Informationen finden Sie in diesem Artikel: Physiotherapie Myelopathie
Da das Nervengewebe sehr sensibel ist und durch Druck schnell irreversibel geschädigt werden kann, muss eine ausgeprägte HWS Spinalkanalstenose häufig operiert werden. Es gibt verschiedene Operationstechniken durch die der Spinalkanal erweitert und so das Nervengewebe entlastet werden kann. Man spricht von einer Dekompressionsoperation. Es gibt Operationstechniken, in denen von vorne an der Wirbelsäule gearbeitet wird, aber auch Eingriffe die von hinten durchgeführt werden. Eine Variante entfernt zum Beispiel die Bandscheibe, wodurch der Wirbelkanal vergrößert wird. Die fehlende Bandscheibe wird dann anschließend durch einen Platzhalter wieder ersetzt. Auch die Entfernung des Wirbelbogens oder des Wirbelkörpers ist möglich, dann ist allerdings auch eine operative Stabilisierung indiziert. Im Anschluss an die Operation muss eine eine Ruhigstellung und eine rehabilitierende physiotherapeutische Nachbehandlung erfolgen. Sie haben eine OP hinter sich und suchen nach Informationen der Nachbehandlung? Dann ist dieser Artikel genau der richtige: OP Spinalkanalstenose HWS – Nachbehandlung
Besonders bei invasiven Eingriffen besteht ein Operationsrisiko. Das filigrane Gewebe in der Halswirbelsäule kann narbig umgebaut werden, was wiederum zu Einengungen oder Nervenwurzelkompressionen führen kann und somit zu Schmerzen und neurologischen Symptomen führt. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule kann durch die Operation eingeschränkt werden, was fortlaufend zu Problemen in anderen Wirbelsäulenabschnitten führen kann. Es kann auch zu einem Einbruch der Wirbelkörper kommen wodurch lebenswichtige Strukturen abgedrückt werden können. Bei minimalinvasiven Eingriffen bestehen weniger Risiken. Ein Infektionsrisiko besteht bei jedem Eingriff, bei dem die Haut verletzt wird, dieses Risiko kann auch durch eine minimalinvasive Operation nicht verhindert werden.
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Die zervikale Spinalkanalstenose ist ein ernst zu nehmendes Krankheitsbild. Bei starker Kompression sollte eine Dekompressions Operation (wenn möglich minimalinvasiv) erfolgen um das empfindliche Nervengewebe vor irreversiblen Schäden zu schützen. Die Symptome einer Spinalkanalstenose können von einfacher Taubheit, oder Lähmungen in der oberen Extremität bis hin zu einer Querschnittslähmung ähnlichen Symptomatik ausgeprägt sein. Die Therapie erfolgt operativ oder wenn möglich konservativ durch eine haltungskorrigierende physiotherapeutische Behandlung.