Physiotherapie bei Steißbeinschmerzen in der Schwangerschaft

Steißbeinschmerzen sind in der Schwangerschaft keine Seltenheit. Da die Schmerzen jedoch in der Regel oft ein Resultat der Weitung des Beckenringes sind, wobei die Bänder und Muskeln gerade in Region des Steißbeins stark gedehnt werden, kann die Physiotherapie gute Erfolge in der Schmerzbehandlung erzielen. Durch manuelle Therapie und andere Techniken, kann dann das angespannte Gewebe gelockert und der Schmerz gelindert werden. Auch eine Reihe von Übungen können der Entstehung von Problemen vorbeugen und einen angenehmeren Schwangerschaftsverlauf ermöglichen. Daher ist es sinnvoll auch frühzeitig mit einem Physiotherapeuten zu sprechen, um die Therapie beziehungsweise die Durchführung der Übungen noch vor dem Entstehen der eigentlichen Schmerzen zu beginnen.

Therapie/ was hilft?

Die Therapie von Steißbeinschmerzen richtet sich nach Art und Ausmaß der Schmerzen sowie der zugrunde liegenden Ursache. Aufgrund der besonderen Umstände während der Schwangerschaft sind nicht alle Therapiemaßnahmen geeignet. Im folgenden sind die wichtigsten Methoden aufgeführt.

1.) Medikamentöse Therapie
Der Einsatz von Schmerzmitteln ist in der Schwangerschaft nur begrenzt möglich und manchmal sogar kontraindiziert. Als Mittel der Wahl gilt hier bei Schmerzen Paracetamol, da es über die Leber abgebaut wird und nicht die Plazenta Schranke durchqueren kann. Auch die Gabe von Ibuprofen ist in Maßen möglich. In beiden Fällen sollte jedoch vorher Rücksprache mit dem behandelnden Arzt gehalten werden.

2.) Wärmeanwendungen
Da die Steißbeinschmerzen oft durch überbeanspruchte und verkrampfte Muskeln zustande kommen, können Wärmeanwendungen, wie zum Beispiel ein Körnerkissen, eine Heizmatte, ein Wärmepflaster oder ein heißes Bad Linderung verschaffen.

3.) Übungen
Gezielte Übungen zur Dehnung, Stabilisierung und Entlastung des beanspruchten Beckenringbereichs können helfen, die Muskulatur zu lockern und somit die Schmerzen in den Griff zu bekommen. Die Übungen wirken auch präventiv und können dem Entstehen neuer Probleme vorbeugen.

4.) Physiotherapie
Physiotherapeutische Maßnahmen wie manuelle Therapie mit sanften Grifftechniken, Schwangerschaftsmassagen und Hilfsmitteln wie ein Beckengurt und die Anweisung zur Ausführung diverser Übungen sind eine gute Therapiemöglichkeit bei Steißbeinschmerzen. Lesen Sie mehr dazu in dem Artikel Physiotherapie während der Schwangerschaft

5.) Schwangerschaftsgymnastik und Entspannungstherapie
Auch Schwangerschaftsgymnastik (gerne auch Wassergymnastik) sowie entspannende Sportarten wie Yoga und Pilates können dazu beitragen Steißbeinschmerzen zu lindern und den Stresslevel der Schwangeren im Allgemeinen zu senken. Lesen Sie dazu die Artikel Yoga für Schwangere und Stress während der Schwangerschaft

Welche Therapieform für die individuelle Schwangere am geeignetsten ist muss von Fall zu Fall entschieden werden.

Übungen

1.) Dehnung der Wirbelsäule und des unteren Rückens
Begeben Sie sich in den Vierfüßlerstand. Achten Sie darauf, dass die Hüfte nicht durchhängt. Nun machen Sie langsam einen Katzenbuckel und bewegen ihr Kinn dabei in Richtung Brustkorb. Verharren Sie 2 Sekunden und senken dann den Rücken wieder hinab bis ins leichte Hohlkreuz wobei Sie den Kopf nun in den Nacken nehmen. Wiederholen Sie die Übung 5 mal.

2.) Kräftigung und Stabilisierung des unteren Rückens
Legen Sie sich auf den Rücken und stellen die Füße nahe am Gesäß auf. Die Arme liegen locker neben dem Körper. Drücken Sie sich nun hoch, sodass Oberschenkel und Rücken eine gerade Linie bilden. Halten Sie diese Brücken-Position 20 Sekunden. 3 Wiederholungen.

3.) Dehnung des unteren Rückens
Setzen Sie sich auf den Boden die Beine sind angewinkelt leicht seitlich nach vorne gerichtet. Greifen Sie nun mit den Händen unter ihren Waden hindurch und umfassen die Ferse von der Außenseite. Beugen Sie nun den Oberkörper leicht nach vorne, sodass Sie eine Dehnung spüren. Halten Sie diese 20 Sekunden und pausieren dann. 3 Wiederholungen.

Weitere Übungen erhalten Sie in den Artikeln:

Ursachen

Die Ursache für Steißbeinschmerzen in der Schwangerschaft ist zumeist an den anatomischen Veränderungen und der hormonellen Umstellung begründet. In Vorbereitung auf die bevorstehende Geburt lockert sich im Verlauf der Schwangerschaft der Beckenring (bestehend aus Hüftbeinen, Kreuzbein und Steißbein), um genug Platz für das Kind im Geburtskanal zu machen. Durch die knöcherne Weitung des Beckenringes entsteht gleichermaßen eine Dehnung auf die umliegenden Strukturen, wodurch es vor Allem auch vermehrt zu Muskelverspannungen kommt, welche dann letztendlich die Schmerzen auslösen. Des Weiteren kann als Ursache für die Schmerzen am Steißbein auch eine Fraktur in Frage kommen, diese würde aber eher durch einen Sturz ausgelöst oder, während der Geburt, wenn das Kind auf das bereits strapazierte Steißbein drückt. Zur Behandlung ist es wichtig die genaue Ursache im voraus zu diagnostizieren.

36, 37,38 SSW

36. SSW: Hier nimmt der Druck auf die Hüfte langsam zu, da sich das Ungeborene langsam tiefer ins Becken bewegt. Dieser Vorgang kann zu Schmerzen im unteren Bereich des Rückens führen wird aber von vielen Schwangeren auch als Erleichterung aufgefasst, da Atmung und Essen nun wieder leichter funktionieren. Mit Beendigung der 36. SSW ist das Baby offiziell keine Frühgeburt mehr.

37. SSW: Der Kopf des Kindes liegt nun im Normalfall komplett im Becken. Für viele Schwangere kann dies mit verstärkten Schmerzen in diesem Bereich einhergehen. Auch ein erhöhter Toilettendrang ist oft der Fall. Die Geburt kann jederzeit losgehen.

38. SSW: Das Baby hat mittlerweile ein Gewicht von ca. 3100g. Dies macht sich auch in einem starken Druck auf das Becken bemerkbar. In der Regel wächst das Kind ab diesem Zeitpunkt nicht mehr viel weiter legt aber pro Tag ca. 20-30 g an Gewicht zu. Schwangere sollten jetzt jederzeit damit rechnen, dass die Geburt losgehen kann.

Wehen

  • Wehen sind Muskelkontraktionen, die den Uterus auf die Geburt vorbereiten. Übungswehen treten bereits ab der 20.-25. Schwangerschaftswoche (SSW) auf und sind auch unter dem Namen Braxton-Hicks-Kontraktionen bekannt. Die Schwangere kann dies daran merken, dass der Bauch plötzlich hart wird.  Ansonsten sind die Übungswehen in der Regel relativ schmerzlos und ebben nach einiger Zeit wieder ab.
     
  • Ab der 36. Schwangerschaftswoche kann es dann zu Vorwehen kommen, die mitunter mit starken Unterleibsschmerzen und Schmerzen im Bereich des unteren Rückens und Steißbeins verbunden sind. Sie treten in unregelmäßigen Intervallen auf und verebben auch nach einiger Zeit wieder. Obwohl Sie ein Zeichen für eine bevorstehende Geburt sind, können bis dahin noch einige Tage bis Wochen vergehen. Als nächstes folgen die sogenannten Senkwehen, bei denen sich der Kopf des Kindes ins kleine Becken absenkt. Dies geschieht in der Regel nicht vor der 36. SSW. Sie können schmerzhaft sein, bringen für viele Schwangere jedoch auch eine Erleichterung, da Atmung und Essen wieder einfacher werden.
     
  • Die eigentliche Geburtsphase startet dann mit den Eröffnungswehen. Diese kommen in regelmäßigen Intervallen, zunächst in größeren Zeitabständen und später fast alle 2 Minuten. Kommt es im letzten Teil des Geburtsvorgangs zu den sogenannten Presswehen, drückt das Ungeborene zum Ausgang der Vagina. Die Geburt ist nun fast geschafft. Im Anschluss kommt es noch zu Nachwehen zum Ausstoßen der Plazenta. Während des Geburtsvorgangs kann es passieren, dass das Kind zu stark gegen die Strukturen des Beckens drückt, wodurch es auch zu Steißbeinverletzungen kommen kann, die die Schwangere dann insbesondere nach der Geburt wahrnimmt.

Symphysenschmerzen

Die Symphyse (Schambeinfuge) hält zusammen mit den Iliosakralfugen den Beckengürtel zusammen. Die Fugen bestehen aus festem Knorpel und Bindegewebe und ermöglichen dem ansonsten knöchernen Becken ein gewissen Maß an Beweglichkeit, wodurch auch Tätigkeiten wie Sitzen, Liegen,Gehen und Stehen erst möglich sind. Wie bereits erwähnt führt die hormonelle Umstellung in der Schwangerschaft und die anatomischen Veränderungen in Vorbereitung auf die Geburt dazu, dass sich die Gewebe im Beckenbereich lockern und weiten. Auch den Knochen werden während der Schwangerschaft wichtige Mineralstoffe wie Kalzium und Phosphor entzogen. All dies kann zu einer Lockerung der Symphyse führen, was für viele Schwangere mit Schmerzen im Bereich des unteren Rückens, des Schambeins, der Leiste und der Hüfte verbunden sein kann.

Durch die Lockerung der Symphyse wird das Becken auch instabiler, was bei einigen Schwangeren am watschelnden Gang erkannt werden kann. Treten während der Schwangerschaft Symphysenschmerzen auf, empfiehlt es sich auf körperliche Schonung zu achten und Tätigkeiten, die Schmerzen verursachen zu vermeiden. Bei starken Symphysenschmerzen kann über physiotherapeutische oder andere Therapiemaßnahmen entschieden werden. Für eine natürliche Geburt stellen Symphysenschmerzen normalerweise keine Kontraindikation dar. Nur bei Komplikationen wird ein Arzt auf einen Kaiserschnitt ausweichen. In der Regel verschwinden die Schmerzen spätestens einige Wochen nach der Geburt wieder komplett von alleine.

Lesen Sie mehr zum Thema: Physiotherapie bei Symphyseschmerzen während der Schwangerschaft

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Zusammenfassung

Insgesamt sind Steißbeinschmerzen und Schmerzen im Bereich des unteren Rücken im Allgemeinen keine Seltenheit während der Schwangerschaft. Je nach körperlicher Verfassung und vorher schon bestehenden Beschwerden können die Probleme auch schon in frühen Stadien der Schwangerschaft auftreten. Wichtig zu wissen ist es, dass die Schwangeren nicht mit ihren Schmerzen leben müssen. Trotz der therapeutischen Einschränkungen aufgrund der besonderen Umstände gibt es ausreichend alternative Behandlungsmethoden, die guten Erfolg auf Besserung der Beschwerden versprechen. Generell empfiehlt es sich schon vor der Schwangerschaft oder in frühen Phasen mit rückenstärkenden Maßnahmen zu beginnen, um den Körper optimal auf die Strapazen der Schwangerschaft und Geburt einzustellen. Dadurch lassen sich bei vielen Schwangerschaftsbeschwerden verhindern oder zumindest sehr gut regulieren, sodass die Schwangerschaft an sich entspannt genossen werden kann.