Der Morbus Schlatter ist ein schmerzhaftes Knieleiden, von welchem meist junge Buben betroffen sind. Mit Reduzierung der ursächlichen Überlastung, früh einsetzender Therapie/Krankengymnastik und Beendigung des Wachstums, heilt die Krankheit oft von selbst aus, ohne dass eine Operation erforderlich ist oder Einschränkungen zurückbleiben. Auch als Morbus Osgood-Schlatter bekannt beschreibt die Erkrankung Schmerzen an der vorderen unteren Knieregion. Durch eine Reizung der Ansatzstelle der Sehne (Patellasehne), welche vom vorderen Oberschenkelmuskel (Musculus Quadriceps femoris) über die Kniescheibe (Patella) zu einem Knochenvorsprung am oberen vorderen Schienbein (Tuberositas Tibiae) zieht, können sich kleine Knochenteile lösen, absterben (Osteonekrose) und einen schmerzhaften Hubbel entwickeln.
Der Morbus Schlatter tritt in jungen Jahren während des Wachstums auf, ohne eindeutig geklärte Ursache. Anzunehmen ist eine Überlastung und ein muskuläres Ungleichgewicht, beziehungsweise ein Ungleichgewicht zwischen Oberschenkelmuskel und Sehnenansatz am Knochen, welcher den Belastungen nicht standhält. Belastung und Belastbarkeit befinden sich nicht im Einklang. Die Reizung ist nicht infektiös. Das Haupterkrankungsalter liegt nach verschiedener Literatur bei zwischen 10-16 Jahren. Die Altersangaben variieren, jedoch scheinen sich Forscher und Autoren einig zu sein, dass das Problem in der Wachstumsphase liegt.
Die Entstehung eines Morbus Schlatter ist nicht eindeutig geklärt oder nachweisbar, jedoch wird die Krankheit vermehrt bei sportlich aktiven Kindern oder Jugendlichen sowie Übergewichtigen festgestellt. So kann als Ursache meist von einer Überlastung ausgegangen werden. Da der Morbus Schlatter in der Regel im Jugendalter auftritt, kann außerdem ein Zusammenhang mit dem Wachstum angenommen werden. Auch Durchblutungsstörungen und ein zu schnelles Wachstum werden als Ursache diskutiert. Typische Symptome des Morbus Schlatter sind ein Druckschmerz an der oben beschriebenen Tuberositas Tibiae, der Ansatzstelle des Ligamentum Patellae und des großen vorderen Oberschenkelmuskels. Des Weiteren treten Schmerzen nach Belastung auf und bei Anspannung des M. quadriceps femoris. Nach Reizung können die typischen Entzündungszeichen auftreten: Rötung, Schwellung, Wärme, Schmerzen und Funktionseinschränkung. Besonders nach dem Sport geben die Patienten starke Schmerzen an.
Mehr Informationen über den Morbus Schlatter finden sie hier: Morbus Osgood Schlatter
In der Physiotherapie/Krankengymnastik wird die Diagnose durch manuelle Tests untermauert sowie Schmerztestungen bei Bewegung, Belastung und Druck. Der Arzt stellt die Diagnose mittels Ultraschall, einem Röntgenbild oder eventuell auch einer MRT-Aufnahme. Zu differenzieren sind Bandverletzungen, Frakturen oder das sogenannte Jumper’s knee, welches ebenfalls eine Überlastung der vorderen Oberschenkelmuskulatur mit ganz ähnlichen Symptomen darstellt. Leidet der Patient an einem Morbus Schlatter, gilt es zunächst, das Knie zu entlasten, Schmerzen zu reduzieren und die Ursache herauszufiltern. Entlastung kann in der Physiotherapie/Krankengymnastik durch verschiedene manuelle Techniken wie der Traktion, also einem sanften Zug erreicht werden, den Schlingentisch, durch Bandagen oder einer Tape-Anlage.
Auch die Durchblutung sollte gefördert werden. Hierfür eigenen sich Querfriktionen, welche allerdings sehr schmerzhaft sein können und nicht in allen Phasen angebracht sind oder einfach durch Bewegung ohne Belastung. Wichtig ist, die Spannung von der Sehne zu nehmen, also den vorderen Oberschenkelmuskel zu lockern und zu dehnen. Eine Entspannung wird durch Wärme, wie zum Beispiel der heißen Rolle oder klassische Massagegriffe erreicht. Eine Dehnung des Musculus Quadriceps femoris wird durch Beugung im Knie und Streckung der Hüfte herbeigeführt. So kann im Stand die Ferse in Richtung Po geführt und mit einer Hand fixiert werden. Zur Verstärkung einfach das Becken nach vorne schieben.
Eine Schmerzlinderung und Entzündungshemmung kann durch Eis (Eislolli, Kühlpacks), also lokale Kühlung oder Quark erreicht werden. Der Vorteil von Quark ist, dass keine Unterkühlungsgefahr besteht und natürliche Stoffe die Entzündung beim Morbus Schlatter positiv beeinflussen. Gut, einfach und ohne Gefahr zu Hause durchführbar. Eine weitere Methode ist die Kombination aus Eistherapie und Dehnung: Der Muskel und sein schmerzender Ansatz werden mittels Eislolli ausgestrichen und schließlich passiv langsam in eine Dehnposition gebracht – hierzu eignen sich entweder die Seitlage (betroffenes Bein liegt oben und kann frei vom Physiotherapeuten bewegt werden) oder die Rückenlagen mit Überhang, in dem das betroffene frei hängt. So kann auch gleich im Sinne der weiterlaufenden Muskelkette der kräftige Hüftbeuger mitgedehnt werden. Dieser Vorgang wird einige Male wiederholt. Auch eine Funktionsmassage, bei welcher der Muskel unter Querknetung in Dehnung gebracht wird, kann die Spannung reduzieren. Faszientechniken schließen ganze Muskelketten ein und eignen sich ebenfalls um die Spannung zu nehmen.
Stehen Schmerz und Entzündung nicht mehr im Vordergrund, kann mit der aktiven Krankengymnastik beim Morbus Schlatter begonnen werden. Hier stehen weiterhin die Dehnung des M. Quadriceps femoris im Mittelpunkt, welche jedoch nun vermehrt aktiv durchgeführt werden kann sowie die Kräftigung umliegender Muskeln, wie der Ischiokruralen Muskulatur und auch der Gluteus, also der Gesäßmuskulatur. Auch die Beckenstellung und generelle Rumpfhaltung sollten kontrolliert und korrigiert werden, da auch diese Fehlstellungen einen vermehrten Muskelzug am Knie auslösen oder verstärken können.
Eine Übung aus der Krankengymnastik beim Morbus Schlatter für die genannten Muskeln und eine gute Körperstabilisation ist das sogenannte „Bridging“. In Rückenlage werden die Fersen aufgestellt, die Fußspitzen herangezogen um Spannung aufzubauen, der Rücken fest auf die Unterlage gepresst und nun langsam mit Spannung und Kraft das Becken gehoben, bis Oberschenkel und Bauch eine Diagonale bilden, kurz gehalten, wieder abgesenkt ohne das Becken ganz abzulegen und das Ganze über drei Sätze je 12-15 Mal wiederholt.
Eine Steigerung ist es, die Übung einbeinig auszuführen, also das Becken mit der Kraft eines Beines zu heben, während das andere Bein ausgestreckt gehalten wird – beide Oberschenkel befinden sich auf selber Höhe. Achtung, die Füße nicht zu nah am Körper aufstellen, umso steiler der Winkel umso größer ist wieder die Kniebelastung. Schmerzen sind immer eine Warnung und beim Auftreten sollte die Übung herabgestuft, unterlassen oder optimiert werden.
Auch das Therapiekonzept namens PNF (Propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation) eignet sich, um Bewegungen zu optimieren, gezielte Muskelketten zu kräftigen und sich in physiologischen Mustern zu bewegen. Ebenso Beckenfehlstellungen, welche mitverantwortlich sein können, lassen sich mittels des genannten Konzepts therapieren.
Weitere passive Therapiemethoden stellen die Elektrotherapie oder lokale Ultraschallbehandlungen (Achtung Kontraindikation Wachstumsfuge! Der physiologische Wachstumsprozess kann gestört werden) dar. Die Therapie/Krankengymnastik beim M. Schlatter gestaltet sich sehr individuell und problemorientiert. Die Jugendlichen sollten von Schmerzen und Bewegungsstörungen befreit werden. Hierzu zählt auch die Aufklärung zur Unterlassung der ursächlichen Überlastung und Eigeninitiative zum Abbau von eventuellem Übergewicht.
Meist bestehen die Probleme des Morbus Schlatter nur während der Pubertät und verlieren sich mit dem Ende der Wachstumsphase. Zurück bleibt eventuell eine druckempfindliche Tuberositas Tibiae oder auch eine verstärkte Knochenerhebung an dieser Stelle. Hat sich abgestorbenes Knochenmaterial gelöst und verursacht weitere Entzündungen und Probleme im Gelenk und stört die Bewegung, muss dieser eventuell operativ entfernt werden. Ein operativer Eingriff ist jedoch relativ selten von Nöten. Wenn das Knie in der kritischen Wachstumsphase nicht überstrapaziert wird, Überlastungen unterlassen werden und eine konsequente Physiotherapei/Krankengymnastik durchgeführt wird, ist mit einem positiven beim Morbus Schlatter Verlauf zu rechnen.
Jedoch ist jeder Körper, jede Krankheit und jeder Verlauf individuell zu betrachten und allgemeine Richtlinien oder Aussagen lassen sich schwer treffen. Um dem Morbus Schlatter entgegen zu wirken und eine Verschlimmerung, spätere Probleme oder gar keine OP zu vermeiden, sollten jegliche starke Kniebelastungen unterlassen werden. Sprünge, schnelle Start und Stopp Bewegungen im Sport, schweres Heben und auch Übergewicht können Auslöser sein.
Auch die Haltung, der Rücken und die Beckenstellung sowie die Beinachsen sollten trainiert und korrigiert werden. Muskuläre Ungleichgewichte müssen erkannt und ausgeglichen werden. Verkürzte Muskeln sollten konsequent gedehnt und zu schwache Muskulatur trainiert werden. Das Beste für Gelenke ist viel Bewegung ohne große Belastungen. Dafür eignen sich in der Freizeit zum Beispiel das Fahrradfahren oder Schwimmen. Bewegung sichert eine gute Durchblutung, regt zur physiologischen Heilung an und hält die Gelenke geschmeidig. Generell gilt, sich vor dem Sport immer gut aufzuwärmen, um die vorbelastete Sehne auf die Bewegung vorzubereiten, sowie zum Ausklang die betroffenen Muskeln zu dehnen.
Der Morbus Schlatter ist ein unangenehmer Reizzustand am Ansatz der Patellasehne während der jugendlichen Wachstumsphase. Durch individuelles Training/Krankengymnastik und Symptom-orientierte Therapie lassen sich Schmerzen und Bewegungseinschränkungen unter Kontrolle bringen und die Überlastungserscheinung kann sich ohne bleibende Schäden mit den Jahren auswachsen.