Durch die mangelnde muskuläre Sicherung und eventuelle anatomische Besonderheiten verlässt der Schulterkopf seine Pfanne auch schon bei leichter Beanspruchung. Die Reposition kann in diesem Fall meist durch den Patienten selbst durchgeführt werden. Bei traumatischen Luxationen muss der Schulterkopf durch einen Arzt reponiert werden. Bildgebende Verfahren schließen häufige Begleitverletzungen wie Knorpel-Knochenverletzungen, Abrisse der Knorpellippe am Gelenk, Einklemmungen von Strukturen oder Risse von Muskeln, Bändern oder Sehnen aus. Es folgt eine angemessene Therapie (operativ oder konservativ mit Ruhigstellung) und anschließender Krankengymnastik.
Die Therapie ist abhängig vom Verletzungsmechanismus und der Luxationsrichtung. In den meisten Fällen luxiert die Schulter nach vorne unten. Selten ist die Luxation nach hinten. Auch Begleitverletzungen wie zum Beispiel der Abriss vom Tuberculum majus (Knochenvorsprung am Humerus) sind für die weitere Therapie von Bedeutung. Wichtig ist die möglichst schnelle Reposition des Gelenks. Anschließend wird das Gelenk für einige Zeit ruhig gestellt um eine Heilung der verletzten Strukturen zu gewährleisten. Sind Bänder oder Sehnen der Rotatorenmanschette verletzt kann ein operatives Vorgehen nötig sein. Als Rotatorenmanschette bezeichnet man die Muskeln, die das Gelenk eng umfassen und in seiner Pfanne stabilisieren. Es kann bei einer Luxation zum An- oder Abriss von Muskeln kommen, diese werden dann wieder operativ rekonstruiert.
Nach erfolgreicher Operation und anschließender Ruhigstellung erfolgt eine rehabilitierende physiotherapeutische Behandlung bei der die Mobilisation des Gelenks, die Kräftigung der umliegenden Muskulatur und ein Stabilitätsgewinn im Vordergrund stehen. Die Therapie beginnt sanft und passt sich dann in ihrer Intensität an den Wundheilungszustand an. Bei älteren Patienten kann meist frühzeitiger mit einer mobilisierenden Therapie begonnen werden, da die Gefahr einer erneuten Luxation weniger hoch ist als bei jungen eventuell sportlich aktiven Patienten. Zur Schmerzlinderung ist die Gabe von nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac möglich, Lymphdrainage kann eine eventuelle Schwellung im Gelenk und umliegenden Gewebe reduzieren und somit Schmerzen lindern.
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Die Krankengymnastik beginnt nach der Ruhigstellung und der Freigabe des Arztes. Zunächst wird das Gelenk langsam und schmerzfrei mobilisiert, das Gewebe von Verklebungen gelöst und die Mobilität des Schulterblatts trainiert. Nach ein paar Wochen kann dann eine gezielte Kräftigung erfolgen. Dies ist bei der Schulterluxation besonders wichtig, da es nach einer erstmaligen Luxation häufig zu rezidivierenden Ausrenkungen kommt, die dem Gelenk langfristig schaden und eine Arthroseentstehung begünstigen. Wichtig ist, dass das Heben von schweren Gegenständen oder das Stützen und Drücken mit dem betroffenen Arm mehrere Wochen nach der Luxation/ Ruhigstellung noch verboten ist. Erst wenn der Arzt solche Belastungen wieder freigibt, dürfen derartige Übungen durchgeführt werden.
Stabilisierende Kräftigungsübungen für die Schulter, mit denen begonnen wird sind die so genannten Kokontraktionen.
1.) Der Unterarm wird auf einer Unterlage abgelegt, sodass der Oberarm stabilisiert ist. Nun kann der Therapeut den Oberarmkopf umgreifen und Widerstände in verschiedene Richtungen setzen. Der Patient soll dabei seine schulternahe Muskulatur anspannen um den Schulterkopf in der Pfanne zu stabilisieren. Es ist wichtig diese Übung konzentriert auszuführen und erst darauf aufzubauen, wenn sie sicher beherrscht wird, da dies die Grundlage für viele weitere Übungen ist, welche der Patient dann zukünftig allein ausführen kann. So kann beispielsweise mit kokontrahierter Schulter das Gelenk in verschiedene Bewegungsrichtungen geführt werden, später eine Hantel angehoben werden während die Schulter muskulär fixiert bleibt, oder ein Ball gefangen werden.
2.) Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der dynamischen Kräftigung der Rotatorenmanschette. Hierzu bieten sich Therabandübungen an, bei denen die Rotation trainiert wird. Im Stand kann das Band für das Trainieren des rechten Arm links neben dem Körper auf Ellenbogenhöhe fixiert werden. Der rechte Arm hält das Band. Der Ellenbogen ist dabei 90° gebeugt und die ganze Zeit am Brustkorb fixiert. Nun wird der Arm wie ein Zeiger nach außen rotiert und langsam wieder zurück geführt. Die Übung wird in 3 Sätzen mit je 15 Wiederholungen ausgeführt. Auch hier ist eine konzentrierte saubere Durchführung essentiell.
3.) Für die Schulterinnenrotation wird aus der gleichen Ausgangsstellung das Theraband nicht nach Außen sondern nach Innen gezogen.
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Bei einer Schulterluxation ist es wichtig, das Gelenk möglichst schnell zu reponieren. Dies erfolgt meistens konservativ. Man unterscheidet zwei hauptsächlich verwendete Repositionsverfahren. Die Reposition nach Arlt und Hippokrates.
Bei der Reposition nach Arlt sitzt der Patient auf einem Stuhl, der Arm hängt über die Lehne herab. Die Lehne wird als Hypomochlion (Hebel) genutzt. Der Arzt übt einen Zug am Arm aus, und hebelt den Oberarm über die Lehne wieder in die Pfanne.
Nach Hippokrates liegt der Patient auf einer Liege und der Arzt stemmt seinen Fuß in die Nähe der Achselhöhle gegen den Patienten. Der Fuß des Arztes ist in diesem Fall das Hypomochlion. Durch Zug am Arm, wird der Schulterkopf in die Pfanne zurück gebracht. Anschließend erfolgt die Überprüfung, ob die Reposition geglückt ist und der Arm richtig durchblutet und innerviert wird und eine Ruhigstellung im so genannten Gilchrist Verband. Kann der Arm konservativ nicht erfolgreich reponiert werden, muss gegebenenfalls eine operative Einrenkung des Gelenks erfolgen.
Die Überprüfung von Motorik, Sensibilität und Durchblutung ist wichtig um Begleitverletzungen oder Einklemmungen mit eventuell schwerwiegenden Folgen auszuschließen.
Nach erfolgreicher Reposition wird das Schultergelenk in einem Gilchrist-Verband ruhig gestellt. Hierbei befindet sich der Arm gebeugt und innenrotiert vor dem Körper. Bei möglichen Begleitverletzungen wie der Abriss von Sehnen oder Nervenschädigungen kommen eventuell auch andere Positionen für eine Ruhigstellung in Frage (z.B. Abduktionskissen). Bei jungen Patienten, die ihren Arm anschließend im Alltag wieder voll belasten wollen und gegebenenfalls auch sportlich aktiv sind, findet eine längere Ruhigstellung statt um eine Rezidivgefahr zu verringern. Die Ruhigstellung kann 3-4 Wochen lang verordnet werden und muss konsequent befolgt werden. Danach wird die Belastung Stück für Stück wieder freigegeben. Die Rehabilitation wird durch intensive Physiotherapie unterstützt. Bei älteren Patienten, die ihren Arm nicht mehr stark und endgradig im Alltag beanspruchen, kann eine kürzere Ruhigstellung ausreichen um die Mobilität und Selbstständigkeit im Alltag zu erhalten. Auch nach Operationen erfolgt in der Regel eine Ruhigstellung für einige Wochen.
Nicht selten kommt es beim Verletzungsmechanismus der Luxation auch zu einem Riss der Sehnen der Rotatorenmanschette. Zur Rotatorenmanschette gehören die Muskeln M. suprapsinatus, M. infraspinatur, M. teres minor und der M. subscapularis. Sie verlaufen gelenknah und sind somit durch die Luxation gefährdet. Sie sind essentiell notwendig für die Stabilität und Funktionsfähigkeit des Schultergelenks. Bei Anrissen der Sehnen kann eine konservative Therapie ausreichen. Beim Abriss einer Sehne ist die operative Rekonstruktion erforderlich. Das Gelenk wird anschließend ruhig gestellt und in der physiotherapeutischen Rehabilitation wieder gekräftigt und mobilisiert. Die intensive Kräftigung der Rotatorenmanschette ist essentiell um rezidivierende Luxationen zu verhindern. Die Rotatorenmanschettenruptur äußert sich durch eine schmerzhaft eingeschränkte Beweglichkeit in die Bewegungsrichtung die der Muskel ausführt (Innen- und Außenrotation). Wenn keine Kontraktion des Muskels erfolgt, ist die Sehen vermutlich abgerissen.
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Bei einer Schulterluxation, der Ausrenkung des Schultergelenks, verlässt der Schulterkopf des Humerus (Oberarmknochen), die Cavitas glenoidalis (Gelenkpfanne am Schulterblatt). Dies kann durch eine Gewalteinwirkung auf den meist gestreckten Arm (traumatische Luxation), aber unter bestimmten Bedingungen auch schon ohne große Krafteinwirkung geschehen (habituelle Luxation). Bei der habituellen Schulterluxation besteht meist eine Instabilität des Gelenks.
Die Schulterluxation ist eine häufige Verletzung beim Sport oder bei Stürzen auf den ausgestreckten Arm. Nicht selten kommt es dabei zu Begleitverletzungen der Rotatorenmanschette und dem Abriss am Gelenkknorpel von Knochenvorsprüngen (Tuberculum majus). Die Reposition erfolgt bei einfachen Luxation häufig konservativ (Arlt, Hippokrates). Bei Begleitverletzungen kann eine operative Therapie von Nöten sein. Es erfolgt eine 3-4 wöchige Ruhigstellung im Gilchrist Verband und eine anschließende intensive Physiotherapie. Die Kräftigung liegt dabei im Vordergrund um dem Gelenk muskuläre Stabilität zurückzugeben und eine rezidivierende Luxation zu vermeiden.