Ein Bänderriss am Knie ist eine oft irreversible, meist im Sport auftretende Verletzung des passiven Bandapparates. Zum besseren Verständnis ein kurzer Einblick in die Anatomie und Funktion: Das Knie ist das größte Gelenk in unserem Körper. Als Gelenke werden die Verbindungen zwischen verschiedenen Knochen bezeichnet, welche dazu dienen, unser knöchernes Grundgerüst beweglich zu machen. Das Kniegelenk setzt sich aus dem Oberschenkelknochen (im Fachlatein der Femur), dem oberen Ende des Schienbeins (Tibia) und der Kniescheibe (Patella) zusammen. Letztgenannte dient als Schutz des Gelenks und zur Entlastung der Muskelarbeit, indem sie den wirkenden Hebelarm verlängert. Das Knie ist also zusammengesetzt aus drei Knochen, gemeinsam umschlossen von einer Gelenkkapsel. Da sich unsere menschliche Fortbewegung im Laufe der Zeit zu einem aufrechten bipedalen Gang (auf zwei Füßen) entwickelt hat, sind unsere Kniegelenke extremen Belastungen ausgesetzt. Bewegungen wie Springen, Laufen oder schnelle Richtungswechsel steigern die Belastung auf das Gelenk enorm. Lesen Sie mehr zu diesem Thema in dem Artikel Innenband-Außenbandverletzungen.
Damit das Kniegelenk auch unter extremen Belastungen standhält und Stabilität gewährleisten kann, müssen die oben genannten gelenkbildenden Knochen zusammengehalten werden. Dazu existiert ein aktives System, was aus umliegender Muskulatur besteht sowie einem passiven System, dem Bandapparat. Der Bandapparat besteht aus verschiedenen Bändern, wobei jedes eine bestimmte Funktion hat, sodass in jeder Bewegungsposition ein Band gespannt ist. Wichtige, in diesem Artikel thematisierte Bänder, sind die Kreuzbänder (Ligg. Cruciata) und die Seitenbänder (Ligg. Collateralia). Wird nun das Stabilitätssystem unseres Knies überstrapaziert, können die genannten Bänder reißen. Als Bänderriss wird die vollständige, durch eine Verletzung herbeigeführte, Durchtrennung der Struktur bezeichnet. Vorstufe von einem Riss ist die Zerrung oder ein Teilriss.
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Ein Bänderriss am Knie kann verschiedene Ursachen haben. Ist beispielsweise das aktive System zu schwach, die Muskulatur nicht genügend ausgeprägt, muss das passive System mehr Arbeit übernehmen, wofür die Bänder auf Dauer nicht geeignet sind. Dauernde Überstrapazierung schwächt sie in ihrer Funktion, bis es zur Verletzung, einer Zerrung oder gar einem Riss kommt. Dies gilt ebenso für eine Fehlstellung der Beinachsen. Des Weiteren kann die Ursache in einer Verletzung liegen, einer großen Krafteinwirkung von außen oder eine heftige falsche Bewegung. Da die verschiedenen Bänder in verschiedenen Positionen gespannt sind, existieren auch verschiedenen Verletzungsmechanismen.
Erstes Symptom eines Bänderrisses ist ein stark einschießender Schmerz, teilweise ist ein Riss-Geräusch zu vernehmen während das Trauma eintritt. Folgend treten die typischen Entzündungszeichen auf:
Da die Bänder wesentliche Strukturen zur Stabilitätssicherung darstellen, nimmt auch diese ab. Ein gerissenes Band kann seine Funktion nicht mehr ausüben. Des Weiteren tritt ein Druckschmerz über der betroffenen Lokalisation auf – besonders bei den Seitenbändern, welche oberflächlich liegen und leicht tastbar sind.
Die Diagnose wird durch die Anamnese/Befragung des Patienten (Unfallhergang, Schmerzcharakter, Hauptproblematik..) und verschiedene Tests durchgeführt. Durch manuelle Tests können die verschiedenen Bänder auf Spannung gebracht werden. Ist ein Band gerissen, wird in diesem Bereich eine krankhaft vergrößerte Beweglichkeit festgestellt.
Der Arzt kann zusätzlich bildgebende Verfahren wie dem Röntgen oder ein MRT durchführen, um die Diagnose zu sichern.
In der Anfangsphase lagern Sie ihr Bein viel hoch und kühlen (in verordnetem Maße!, zu viel Kühlung hat eine negative Auswirkung auf die Wundheilung) gegen Schwellung und Schmerz. Schon oder auch besonders während der anfänglichen Ruhigstellung ist es wichtig, das Knie regelmäßig im verordneten Maße zu bewegen (zunächst passiv), um die wachsenden Fasern an ihre Funktion und Ausrichtung zu gewöhnen sowie das Gelenk vor Mobilitätsverlust zu bewahren. Bereits früh kann mit isometrischen Kraftübungen begonnen werden. Da das passive Stabilitätssystem betroffen ist, ist es umso wichtiger das aktive Stabilitätssystem umso mehr zu trainieren – sprich: Muskelaufbau rund um das Knie. Therapieziele im späteren Verlauf sind Kraft-, Tiefensensibilitäts- und Koordinationstraining. Wenn das Knie wieder Belastbar ist, eignen sich Übungen auf dem Wackelkissen, unebenen Untergründen und im Einbeinstand. Durch die Schonhaltung verkürzte Muskeln werden gedehnt und ein physiologisches Gangbild wieder erlernt.
Übungen finden Sie in den Artikeln:
Bänder sind schlecht durchblutetes Gewebe, was einen längeren Heilungsprozess zur Folge hat. Konservativ, also ohne Operation, wird das Knie für etwa 6 Wochen ruhiggestellt. Bis das Knie jedoch wieder voll Funktions- und Belastungsfähig ist, vergehen Monate. Sportler, die ihr Knie regelmäßig stark belasten, sollten über eine Operation nachdenken. Generell ist es von Vorteil, sich Meinungen von verschiedenen Ärzten oder Therapeuten einzuholen.
Für nähere Informationen lesen Sie den Artikel Krankengymnastik nach einer Knieoperation
Das Innenband, Ligamentum collaterale mediale oder auch tibiale, verläuft auf der Innenseite des Knies längs über dem Gelenkspalt zwischen Oberschenkelknochen und Schienbeinknochen am Unterschenkel. Für eine verbesserte Stabilität sind tiefe Anteile des Bandes mit dem Innenmeniskus auf der selber Seite des Knies verbunden. Die Menisken sind Knorpeleinrichtungen zwischen den artikulierenden Knochen, um deren Inkongruenzen auszugleichen und die wirkenden Kräfte gleichmäßig zu verteilen. Gespannt wird das Innenband, wenn der innere Gelenkspalt auseinander klafft – das nennt man Valgus-Stress. Des Weiteren ist es bei Kniestreckung (Extension) gespannt, was eine Drehung (Rotation) vom Unterschenkel gegenüber dem Oberschenkel in dieser Position verhindert. Im Grunde kann jede Stellung, bei welcher das Innenband gespannt ist, in extremem Übermaß zum Riss führen. Sei es ein Tritt von außen gegen das Knie, sodass plötzlich extremer Valgusstress ausgelöst wird, eine Fehlstellung der Beinachsen in „X-Bein-Stellung“, bei welcher das Innenband ständigem Valgusstress ausgesetzt ist, oder eine Verdrehung des Knies nach außen. In unglücklichen Fällen führt diese letzte Bewegung, zu einer Verletzungskombination von drei Strukturen: Innenband, Innenmeniskus und vorderes Kreuzband, ein „Unhappy Triad“. Dieser letzte Verletzungsmechanismus sieht meist wie folgt aus: Das leicht gebeugte Bein steht auf dem Boden, während der Oberkörper sich plötzlich zur Seite dreht und weiterführend eine Außenrotation im Knie verursacht, während der Fuß fixiert ist. Eine oft gesehen Verletzung bei Fußballern, welche mit einem Bein auf dem Boden stehen, mit dem anderen Bein ausholen und nach dem Ball schießen. Gleichzeitig tritt ein anderer Spieler, ebenfalls beim Schussversuch, von außen gegen das Standbein und der Unhappy Triad ist komplett. Andere Ballsportler und Skifahrer gehören ebenfalls zu oft gesehenen Patienten eines Innenbandrisses oder der Kombination eines Unhappy Triads.
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Das Außenband ist der Partner vom Innenband auf der gegenüberliegenden Seite. So zieht es auf der Knieaußenseite ebenfalls längs über den Gelenkspalt, vom unteren Ende des Oberschenkelknochens zum oberen Ende des Wadenbeins am Unterschenkel. Im Gegensatz zum Innenband ist es nicht mit dem Meniskus verwachsen, was zu einer größeren Bewegungsfreiheit des Außenmeniskus und damit selteneren Verletzungen führt. Der Lage nach sichert dieses Band nun ein Auseinanderklaffen (Varusstress) des äußeren Knies. Eine typische Überlastung vom Außenband kommt bei einer „O-Bein“ Fehlstellung zustande. Dabei ist nicht nur das Außenband betroffen, sondern auch der Tractus Iliotibialis. Schmerzen an diesem Band findet man vermehrt bei Läufern, daher auch der Name Läuferknie. Generell ist der Außenbandriss am Knie seltener als ein Innenbandriss, entsteht aber ebenfalls oft bei Sportlern durch ein Trauma.
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Die Kreuzbänder liegen in der Mitte des Knies und verbinden die Enden von Oberschenkelknochen und Schienbein. Wie der Name schließen lässt, überkreuzen sie sich von vorn betrachtet. Nachdem die Seitenbänder hauptsächlich dazu da sind, das Knie vor einem seitlichen Verrutschen zu sichern, sind nun die Kreuzbänder dazu da, das Knie davor zu schützen, dass die bildenden Knochen nach vorn oder hinten auseinander rutschen. Zusätzlich limitieren sie die Eindrehung vom Unterschenkel gegenüber dem Oberschenkel. Das vordere Kreuzband verläuft von hinten oben außen nach vorne unten innen. Der Lage nach verhindert es ein Wegrutschen des Unterschenkels nach vorn. Typischer Verletzungsmechanismus, der zum Riss des vorderen Kreuzbandes führt, ist eine extreme Beugestellung (bei welcher die Tibia physiologisch schon etwas nach vorne gleitet) und einer Eindrehung des Unterschenkels oft bei fixiertem Fuß.
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Das hintere Kreuzband verläuft von oben vorne der Innenseite nach unten vorne außen. Es schützt den Unterschenkel hauptsächlich vor dem nach hinten rutschen. Der Verletzungsmechanismus ist oft ein Tritt von vorn gegen das Schienbein oder ein Sturz auf das Knie. Auch Autounfälle gehören zu regelmäßigen Auslösern.
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Zur Ruhigstellung nach einem Bänderriss werden Schienen oder Bandagen verschrieben. Um den Heilungsprozess zu Unterstützen und Strukturen zu entlasten, können neben den aktiven Übungen zu weiteren Maßnahmen wie Tapeanlagen oder einer Ultraschallbehandlung gegriffen werden. Diese Methoden sind allerdings nur unterstützender Teil und sollten besonders auf Langzeiterfolge nicht als einzige Behandlung angesehen werden. Aktiv werden ist das Zauberwort.
Unser Knie ist ständig extremen Belastungen ausgesetzt. Durch das aufrechte zweibeinige Gehen müssen die Knie unser gesamtes Körpergewicht tragen und dabei gleichzeitig noch flexibel genug sein, um Bewegung zuzulassen. Eine wichtige Einrichtung hierfür sind unsere Bänder. Durch verschiedenen Lokalisationen unterstützen sie die Stabilitätssicherung bei unterschiedlichen Bewegungen. Werden die Strukturen nun überstrapaziert, von außen verletzt oder müssen chronische Fehlstellungen aushalten, kann es durch eine unglückliche Bewegung zum Riss einzelner Bänder oder Kombinationen mit anderen Strukturen kommen. Wenn der Riss konservativ oft auch irreversibel ist, können durch gezielte aktive Übungen Stabilität, Schmerzfreiheit und ein gesichertes Bewegungsausmaß wieder hergestellt werden.